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Die großen Fragen in zehn MinutenWas wissen wir über unseren Mond?

25. April 2024, 15:05 Uhr

Wie lang bräuchte man, wenn man zum Mond fahren würde: Tage, Wochen, Jahre? Warum braucht die Erde den Mond? Hat der Mond Rohstoffe, die wir auf der Erde brauchen könnten? Und wie ist er entstanden? Jetzt, wo wir mit der Mission Artemis zum Mond zurückkehren wollen, fragen wir uns: Was wissen wir heute schon und was müssen wir herausfinden? Die Antworten gibt es hier.

von Karsten Möbius

Die Menschheit kehrt zurück auf den Mond. In diesen Tagen startet mit Artemis eines der ehrgeizigsten Projekte der Raumfahrt. Nasa, Esa und ihre Partner in Kanada und Japan schicken die größten bisher gebauten Raketen ins All, um in wenigen Jahren wieder Astronautinnen und Astronauten auf dem Mond landen zu lassen. Dieses Mal, um dort zu bleiben und die letzten Geheimnisse unseres Trabanten zu lüften. Aber was wissen wir alles über den Mond?

Wie lange würde es dauern, zum Mond zu fahren?

Der Mond ist so nah an uns dran, dass man theoretisch mit dem Auto dorthin fahren könnte. Sie müssten sich für die 380.000 Kilometer – also nur für die Hinreise – ein knappes halbes Jahr Urlaub nehmen. Vorausgesetzt, man fährt durchschnittlich 100 Stundenkilometer und macht wenig Pausen. Für astronomische Maßstäbe ist das eine kleine Entfernung. Und woher wissen wir, wie weit er weg ist? Seit Menschen auf dem Mond waren und dort kleine, gut Din-A-4-große Reflektoren angebracht haben. Die lassen sich mit Lasern anvisieren. Aus der Laufzeit des Lichts hin und zurück lässt sich die Entfernung berechnen.

Der Mond schleicht sich davon: Wie das denn?

Dank der Entfernungsmessungen wissen wir zum Beispiel: Der Mond schleicht sich davon, pro Jahr 3,8 cm von der Erde weg. "Das sind pro Nacht 0,1 Millimeter", sagt Prof. Ralf Jaumann, Planetenforscher an der Freien Universität Berlin. Aber warum, schließlich nimmt die Anziehungskraft unserer beiden Himmelskörper nicht ab? Ulrich Köhler, Planetengeologe am Deutschen Institut für Luft und Raumfahrt, beschreibt Mond und Erde als Gesamtsystem, vorstellbar wie Yin und Yang, oder wie Plus und Minus in einer Gleichung: Wird die Erde langsamer, muss der Mond schneller werden. Die Gezeiten zerren an der Erde und machen ihre Rotationsbewegung langsamer. "Das führt so ähnlich wie bei einem rohen Ei, das man auf dem Tisch dreht und das unförmig abbremst, dazu, dass die Erde ein ganz klein wenig langsamer rotiert." Ein minimaler Effekt, eine Sekunde in 50.000 Jahren. "Gleichzeitig muss der Dreh-Impuls des gesamten Systems Erde-Mond erhalten bleiben. Deswegen beschleunigt der Mond ein wenig, um das auszugleichen. Dadurch entfernt er sich von der Erde." Ob das ewig so weitergeht, bis der Mond außer Reich- und Sichtweite ist, oder ob diese Fluchtbewegung irgendwann mal zum Stillstand kommt, weiß niemand.

Wirkt die Erdrotation auf den Mond?

Eine Sekunde Verzögerung der Erdrotation in 50.000 Jahren soll dazu führen, dass sich der Mond um die berühmte Daumenlänge pro Jahr von der Erde entfernt? Geht man davon aus, dass diese Beschleunigungs- und Bremsvorgänge seit Millionen Jahren vor sich gehen, ergeben sich mindestens zwei bemerkenswerte Schlussfolgerungen. Je langsamer sich die Erde dreht, desto länger werden die Tage. Das passiert, ohne dass wir das merken. Man geht davon aus, dass ein Tag heute mehrere Stunden länger ist als ihn beispielsweise die Dinosaurier erlebt haben.

Also war der Mond mal näher an der Erde?

Rechnet man die Fluchtbewegung des Mondes zurück, muss er früher der Erde viel viel näher gewesen sein. Prof. Jaumann schätzt, dass er nur halb so weit weg war wie jetzt, etwa nur 200.000 Kilometer: "Er war also doppelt so nah und natürlich dementsprechend größer. Und ganz am Anfang vor etwa 4,2 Mrd. Jahren, dann war er vielleicht drei Mal so groß." Ein gewaltiges Himmelsschauspiel, nur ohne dass Menschen zugeschaut haben.

Wie ist der Mond entstanden? Drei Theorien

Nach wie vor ist man sich nicht 100-prozentig sicher. Eine These ist, dass sich Erde und Mond gleichzeitig aus einer großen Materie-Wolke gebildet haben. Aber warum ist dann der Mond etwa 100 Millionen Jahre jünger als die Erde und besteht nur aus leichteren Elementen wie in der Erdkruste? Eine andere Theorie: Die Erde hat den vorbeiziehenden Mond, der aus einer anderen Ecke des Sonnensystems geflogen kam, mit ihrer Gravitation eingefangen. Aber auch das ist unwahrscheinlich, denn Erde und Mond ähneln sich in ihrer Zusammensetzung und die ungewöhnlich schnellen Drehungen umeinander lassen sich so nur schwer erklären. Die gängigste und wahrscheinlichste Theorie zur Mond-Entstehung ist Panetengeologe Ulrich Köhler zufolge diese: "Die noch glühend heiße, junge Erde, wurde von einem anderen glühend heißen Körper, einem marsgroßen Planeten getroffen und zwar schräg. So dass hauptsächlich Material vom Mantel der Erde ausgeworfen wurde, zum Teil verdampfte, einen großen dicken Ring um die Äquatorebene der Erde bildete und daraus dann der Mond als Kugel kondensierte." Aber auch an der Theorie gibt es Zweifel. Weder auf dem Mond noch auf der Erde wurde Material von Theia gefunden. Thea, so nannte die Wissenschaft den Planeten, der die Erde getroffen haben soll. Planetenforscher Prof. Ralf Jaumann skizziert, was danach passiert sein könnte: Dass sich etwa zehn Millionen Jahre nach diesem Zusammenstoß aus dieser Wolke der Mond gebildet haben könnte. Computermodelle zeigten das, aber eigentlich bräuchte es zur endgültigen Klärung Proben aus dem Mondinneren.

Was wissen wir über die Beschaffenheit des Mondes?

Gesteinsproben, die eine chinesische Raumsonde vor zwei Jahren auf die Erde brachte, deuten darauf hin, dass es bis vor etwa einer Milliarde Jahre Vulkane auf dem Mond gab, durch die Magma an die Oberfläche drückte. Wahrscheinlich besteht das Mondinnere ab einer Tiefe von 1.000 Metern immer noch aus flüssigem Material. Seismographen, die auf dem Mond stationiert sind, messen immer wieder Beben und zwar meist auf der erdzugewandten Seite. Das lässt den Schluss zu, dass die Gravitation der Erde diese Bewegungen auslöst. Ähnlich wie sich die Erdoberfläche je nach Mondposition ein bis zwei Meter hebt oder senkt. Wie mächtig und kraftvoll müssen sich die beiden Himmelskörper gebogen und verformt haben, als sie noch viel näher beieinander waren? Seit 2018 wissen wir, dass es an den Polen gefrorene Wasserreservoire gibt und im Staub des Mondes leichte Metalle: Eisentitanoxid. Das reicht aber nicht, um den Mond zur interessanten Rohstoffquelle für die Erde zu machen, glaubt Planetengeologe Ulrich Köhler: "Der Mond hat im Gegensatz zur Erde keine Plattentektonik. Die Plattentektonik, die auf der Erde unsere Platten hin und herschiebt, sorgt an ihren Rändern sehr stark dafür, dass sich dort Elemente konzentrieren und Lagerstätten bilden. Das haben wir auf dem Mond nicht, so dass es auf dem Mond sehr unwirtschaftlich sein würde, Bergbau zu betreiben."

Warum ist der Mond wichtig für die Erde?

Der Mond sorgt durch seine Masse und Größe dafür, dass die Rotationsachse der Erde nicht kippelt und seit Milliarden Jahren relativ stabil ist. Wäre der Mond also nicht da, würde die Erde vor sich hin trudeln. Mal wären die Pole gefroren, mal der Äquator. Es gäbe über längere Zeiträume keine konstanten berechenbaren Klimazonen und das würde Pinguinen, Schimpansen, Mücken, Algen oder auch uns das Leben schwer oder gar unmöglich machen. Vielleicht wäre ohne den Mond das Leben auf der Erde gar nicht oder ganz anders entstanden. Damit kommt immer wieder eine ganz grundsätzliche Frage auf, auch für Planetenforscher Prof. Jaumann: Sind Monde, die Planeten stabilisieren, notwendig oder gar eine Voraussetzung, damit Leben entsteht? Gibt es nur dort Leben. wo es auch einen Mond gibt? "Erde-Mond ist neben vielen anderen Aspekten ein System zusammen, das die Erde zu einem guten Raumschiff macht", sagt Jauman. "Und was macht einen Planeten letztlich zu einem überlebbaren Planeten? Stellen Sie sich jetzt mal vor, diese Kollision findet nicht statt. Wird die Erde dann auch zur Erde? Möglicherweise ja, aber wird sie dann auch belebbar? Oder sind die Bedingungen so schlecht, dass das nicht funktioniert? Und das sind natürlich Fragen, auf die wir noch keine Antworten haben."

Vollmond über Leipzig. Bildrechte: (M) imago/Star-Media, Pixabay/rkarkowski

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