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Corona kann vor allem bei winterlichen klimatischen Bedingungen gut übertragen werden. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Wetter, Klima und Covid-19Klima-Epidemiologisches Modell: Corona ist ein Wintervirus

04. Februar 2021, 14:18 Uhr

Physiker haben simuliert, wie gut Sars-CoV-2 bei verschiedenen klimatischen Bedingungen von Mensch zu Mensch springen kann. Ergebnis: Die Welt muss sich auf regelmäßige Ausbrüche im Winter einstellen.

von Clemens Haug

Die meisten Modellrechnungen zur Corona-Pandemie sind grundsätzlich ziemlich einfach aufgebaut: Auf der einen Seite steht die menschliche Population, die sich in Infizierte, Genesene und noch ansteckbare Menschen aufteilt, auf der anderen Seite steht die Infektionsrate, mit der das Virus weitergegeben wird und eine Erholungsrate, mit der Erkrankte die Infektion überwinden. Für die meisten Fragen der laufenden Pandemie konnte dieses SIR genannte epidemiologische Modell (SIR steht für susceptible-infected-removed/anfällig-infiziert-entfernt) die richtigen Antworten bieten.

Allerdings: Die Saisonalität von Corona, das heißt die verstärkten Ausbrüche dort, wo es gerade Winter ist, hat SIR nicht vorhersehen können. Das wollen nun zwei Physiker der Universität Nikosia auf Zypern ändern und präsentieren ein Modell, das die klimatischen Schwankungen auf der Erde miteinbezieht.

Zwei Ausbruchswellen pro Jahr

Talib Dbouk und Dimitris Drikakis berichten im Fachmagazin Physics of Fluids von ihrer Arbeit, am Computer das Verhalten von Viruspartikeln in der Luft mit der Epidemiologie zusammenzubringen. Dafür nutzten sie neben dem epidemiologischen auch Modelle der Fluid-Dynamik.

Im Ergebnis errechneten sie so eine wetterabhängige Luftübertragungsrate für das Virus und wendeten diese auf die Städte New York, Paris und Rio de Janeiro an. So konnten sie einerseits tatsächlich beobachtete Corona-Ausbrüche mit den klimatischen Bedingungen erklären, andererseits auch Vorhersagen dafür entwickeln, wann das Wetter weitere Ausbrüche begünstigt.

Die beiden Physiker kommen so zu dem Ergebnis, dass weltweit mit zwei großen Ausbruchswellen pro Jahr gerechnet werden müsse, jeweils während des Winters auf der Nord- und auf der Südhalbkugel.

Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit

Das Modell fokussiert auf das Mikroklima in der Umgebung von infizierten Personen. Sie geben das Virus durch Husten, Niesen oder auch nur Atmen und Sprechen in winzigen Spucketröpfchen an ihre Umgebung ab. Diese Umgebung hat eine bestimmte Temperatur, Luftfeuchte und Windgeschwindigkeit.

Die Forscher gehen davon aus, dass die Viruskonzentration bei größerer Hitze abnimmt, wohingegen umgekehrt höhere Luftfeuchte und Windgeschwindigkeiten für einen Anstieg der Viruskonzentration sorgen. Diese Annahmen rechnen sie mit verschiedenen Viruskonzentrationen in Modellrechnungen durch, um so zu einem Wert der Übertragbarkeit von Sars-CoV-2 zu gelangen.

Angewendet auf zwei Zeitpunkte im Jahr 2020 konnten die Forscher so abbilden: Im März steigt die Übertragbarkeit der Coronavirus, je weiter nördlich auf der Erde sich Menschen befinden. Umgekehrt gilt im August, dass die Viren besser von Mensch zu Mensch springen können, je weiter südlich sie durch die Luft übertragen werden.

Die Grafik der Forscher zeigt: Die Übertragungsraten des Coronavirus variieren in der nördlichen und südlichen Hemisphäre je nach Jahreszeit, was auf eine Wetterabhängigkeit hinweist. Bildrechte: Talib Dbouk and Dimitris Drikakis, University of Nicosia

Im Sommer Ruhe vor Corona

Angewendet auf die drei Metropolen New York, Paris und Rio De Janeiro ergeben sich unterschiedliche Zeiten, wann die Corona-Übertragbarkeit besonders hoch ist. So hat Paris größtenteils Ruhe vor dem Virus zwischen Mai und September. Allerdings kann regnerisches, stürmisches Wetter auch im Frühjahr und Frühherbst schon für eine mittlere Übertragbarkeit sorgen. Im Winter ist dann die Übertragungsrate hoch.

Für New York ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei die Übergänge hier fließender sind und die Phase der hohen Übertragbarkeit im Winter insgesamt kürzer. In Rio wiederum kommt es zu Ausbrüchen vor allem in der Zeit zwischen Juni und Oktober.

Abstandregeln kein Teil des Modells

Das Modell der beiden Physiker bezieht explizit nicht die Wirkung von Hygieneregeln und Lockdowns ein. Es zeigt aber, wann solche Maßnahmen besonders sinnvoll beziehungsweise notwendig sind.

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