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Die Zeitumstellung bringt den natürlich Rhythmus unseres Körpers durcheinander. Bildrechte: imago/Christian Ohde

Zirkadianer RhythmusWas die Zeitumstellung mit der Krebs-Therapie zu tun hat

25. März 2023, 09:43 Uhr

Die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit bringt viele Menschen aus dem Tritt: Obwohl die Uhr nur eine Stunde vorgestellt wird, fühlen sie sich tagelang schlapp und müde. Denn unser Körper folgt einem inneren Rhythmus, der genau an die 24 Stunden des Tages angepasst ist, sagt die Chronobiologie. Und dieser Rhythmus hat Einfluss auf unsere Gesundheit – zum Beispiel bei der Therapie und Diagnose von Krebs-Erkrankungen, wie eine aktuelle Studie offenbart.

Wir Menschen existieren nicht unabhängig von unserer Umwelt. Die Vorgänge in unserem Körper sind etwa eng verknüpft mit dem Tagesverlauf. Das bezeichnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als zirkadiane Rhythmen und von denen gibt es einige: den Tag-Nacht-Rhythmus, den Ruhe-Aktivitäts-Rhythmus, die hormonellen Abläufe im Körper und die Körpertemperatur zum Beispiel. Sie verlaufen alle synchron zu tagesperiodischen Rhythmen. Sie laufen quasi als innere Uhr in uns ab. Zeitgeber für diese Uhr ist vor allem das Licht, das die zirkadianen Systeme auf tagesperiodische Rhythmen synchronisiert.

Nun wird offensichtlich, warum die Zeitumstellung ein Problem für den Körper ist. Indem sie die soziale zeitliche Tagesstruktur um eine Stunde verschiebt, geraten die zirkadianen Rhythmen kurzfristig aus dem Gleichgewicht, da sie sich weiterhin am Sonnenlicht orientieren. Was für Folgen das für unsere Gesundheit hat, ist noch nicht hinlänglich geklärt. Fest steht, dass die verschiedenen zirkadianen Rhythmen unterschiedlich auf die Zeitumstellung reagieren.

Innere Uhr beeinflusst auch Tumore

Unsere innere Uhr ist also ziemlich sensibel und sie spielt eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit. Eine aktuelle Studie aus der Schweiz belegt den Einfluss der zirkadianen Rhythmen jetzt auch für die Diagnose und die Behandlung von Krebs-Erkrankungen. Die Forschenden beschreiben darin die Rolle des zirkadianen Rhythmus bei der Tumorprogression und -ausbreitung und erklären darüber hinaus, wie Behandelnde den Zeitpunkt optimieren könnten, an dem Patienten auf Krebs getestet werden und wann sie Therapien erhalten, um die diagnostische Genauigkeit und den Behandlungserfolg zu verbessern.

Der zirkadiane Rhythmus regelt die meisten zellulären Funktionen, die am Krebswachstum beteiligt sind, und daher eröffnet es neue vielversprechende Wege im Kampf gegen Metastasen, dieses Wissen zu nutzen.

Zoi Diamantopoulou et.al., ETH Zürich

Bereits seit längerem wissen wir, dass chronisch gestörte zirkadiane Rhythmen – etwa infolge von schlechtem, unregelmäßigem Schlaf, Jetlag oder Schichtarbeit – das Risiko für eine ganze Reihe von Gesundheitsproblemen erhöhen können. Neuere Arbeiten hätten sogar gezeigt, so das Forschungsteam, dass sie nicht nur an der Entstehung von Tumoren beteiligt seien, sondern auch das Wachsen und die Metastasierung von Krebs steuerten.

Metastasen entstehen, wenn sich Zellen vom Haupttumor lösen, in den Blutkreislauf gelangen und dann zu einem neuen Organ wandern, um es zu infiltrieren. Die Rate, wie sich die Krebszellen vom Tumor lösen und beginnen zu wandern, schwanke im Tagesverlauf rhythmisch. Allerdings unterscheide sich der Rhythmus von Krebsart zu Krebsart, schreibt das Forschungsteam. So metastasiere Brustkrebs eher nachts, während etwa Prostatakrebs während des Tages seinen Höhepunkt erreiche.

Die Dimension Zeit in Behandlung und Therapie

Die Forschenden empfehlen nun, diese Erkenntnisse bei der Chemo- und Immuntherapie zu nutzen. Denn dann könnten Tumorzellen zum optimalen Zeitpunkt angegriffen werden. "Die auf dem zirkadianen Rhythmus basierende Metastasenbildung sollte als Gelegenheit gesehen werden, so rechtzeitig und effektiv wie möglich einzugreifen", schreibt das Team.

Diese sogenannte Chronotherapie habe das Potenzial eine wertvolle Behandlungsoption im Kampf gegen Krebs zu sein. Außerdem hätten klinische Studien bereits gezeigt, dass die Chronotherapie die Schwere der Nebenwirkungen bei den Patientinnen und Patienten reduzieren kann. Die falsche Behandlungszeit könne sogar die Wirksamkeit beeinträchtigen.

Doch die Kenntnis der zirkadianen Rhythmen von Krebszellen könne nicht nur bei der Therapie, sondern auch bei der Diagnose von Krebserkrankungen helfen. Denn Krebszellen produzieren den ganzen Tag über Proteine, erläutert das Forschungsteam. Einige davon würden als diagnostische molekulare Marker verwendet. Wenn man zu der Tageszeit eine Biopsie macht, wenn die Konzentration dieser Proteine am höchsten ist, könne die Wahrscheinlichkeit für eine Fehldiagnose verringert werden.

Link zur Studie

Diamantopoulou, Zoi et. al.: A new time dimension in thefightagainst metastasis. In: Trends in Cell Biology. https://dx.doi.org/10.1016/j.tcb.2023.02.002.

(kie)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 25. März 2023 | 19:30 Uhr