Donnerstag, 29. Oktober 2020: Gruseln

Täuscht mein Eindruck oder fällt der Wirbel um Halloween in diesem Jahr tatsächlich sparsamer aus? Die gruseligen Verkleidungen, die ausgehöhlten Kürbisse, die Grimassen, die von innen her leuchten und das Lächeln des orangenen Geistes zwischen witzig und böse changieren lässt?

Richtig schön gruseln lässt es sich nur in Sicherheit. Ist die unsichere Lage schon gruselig genug, dass es keines spielerischen Reizes mehr bedarf? Horrorfilme haben nur dann Konjunktur, wenn Menschen sich im berechenbaren Alltag langweilen.

Als Martin Luther vor 500 Jahren gelebt hat, war nicht mehr tiefstes Mittelalter, sondern spätes. Eine neue, rationaler denkende Zeit kündigte sich an. Und er selbst hat seinen aufklärerischen Anteil daran gehabt. Deutsch statt Latein. Eigene Vernunft statt vorgekaute Glaubenssätze. Selbstverantwortung statt Hörigkeit. Und doch steckte der Schrecken des Bösen tief. Die Pest wütete und brachte viele zu Tode. Die Religion deutete das als konkreten Ausdruck von Sünde, Tod und Teufel. Vor dem Hintergrund von Angst und Verunsicherung der Menschen ließen sich Geschäfte machen. So als könnte man Gott bestechen und sich sein Heil erkaufen. Gratis – sagte Luther – ist die Liebe Gottes. Seine Barmherzigkeit kostet nichts. Sie wird aus freien Stücken gewährt. Deshalb hat er gegen alles gewettert, was Menschen im Namen Gottes Angst machen sollte.

Den Teufel hat er trotzdem ernst genommen. Was immer das auch ist. Menschliche Einbildung im Wahn oder göttlicher Gegenspieler. Egal. Lasst euch nicht kirre machen, sondern vertraut. Vertraut darauf, dass Gott schon alles dafür getan hat, dass Tod und Teufel letztlich nicht die Herrschaft behalten. Deshalb lebt getrost und sterbt getrost, wenn es so weit ist. Christus hat im Schrecken am Kreuz allen Horror überwunden. In der Welt haben wir Angst. Dennoch können Gläubige die Welt mit fröhlichem Herzen sinnvoll gestalten, auch in Zeiten neuen Grusels – berechtigtem und unberechtigtem.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiographie Samuel-Kim Schwope

Samuel-Kim Schwope

am 17.02.1988 geboren | verheiratet, ein Kind | aufgewachsen in Dresden | 2009-2014 Studium der Theologie in Erfurt und Freiburg i.Br., | 2014-2018 Gemeindeassistent und -referent in der Verantwortungsgemeinschaft Leipzig-Nord | seit 2016 Freistellung zum Aufbaustudium in Erfurt | seit 2018 Persönlicher Referent des Bischofs von Dresden-Meißen

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.