Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
MedienwissenMedienkulturMedienpolitikSuche

Bücher auf TikTokBookTok – Der neue Hype ums Lesen

20. März 2024, 16:00 Uhr

Schnell, direkt und mitten ins Herz: BookToker und BookFluencer – also Menschen, die auf TikTok und Instagram Buchempfehlungen geben, haben einen ganz beachtlichen Trend kreiert, der Marketingspezialisten und Werbeasse nahezu neidisch werden lässt. Denn die persönlichen Buchtipps der Buchblogger werden von ihren Followern gefeiert. Und das sorgt nicht nur für Ansturm im Buchhandel.

von Susann de Luca

Was ist BookTok?

Durch sie wird das Lesen wieder zum Trend: Buchbloggerinnen und -blogger animieren mit ihren Videoposts zum Lesen und erschaffen damit insbesondere bei ihren Followern nahezu ein neues Lebensgefühl. Denn so manche Buchpräsentation in den sozialen Medien schafft das, was man sich sonst in einem Artikel mitunter mühevoll erlesen muss und eine klassische Buchkritik oder ebenso auch Plakatwerbung nicht vermag – sie vermittelt auf emotionale Weise Leseeindrücke. Und das kommt an!

Da kommen junge Frauen, junge Mädchen rein, die dann wirklich 'Hurra' und 'Hi' schreien - wie früher bei den Beatles.

Günter Harnecker | Buchhändler

"Ja, es ist ein Phänomen, wie viele das erreicht, mit welcher Begeisterung diese Bücher gefeiert werden", weiß Buchhändler Günter Harnecker und beschreibt aus eigenem Erleben: "Da kommen junge Frauen, junge Mädchen rein, die dann wirklich 'Hurra' und 'Hi' schreien - wie früher bei den Beatles -, wenn sie ein neues Buch entdeckt haben."

Was sind Bookstagram und BookTok? Bookstagram ist eine Community des sozialen Netzwerks Instagram, ebenso wie BookTok auf TikTok. Viele Buchbloggerinnen und Buchblogger posten hier Bilder und Videos ihrer gelesenen oder zu lesenden Bücher, teilen ihre Lese-Erfahrungen oft in emotionalen Rezensionen und kommen mit anderen Gleichgesinnten ins Gespräch.

Auf TikTok können Bücher aus dem Nichts zum Bestseller werden

Was die digitalen Buchbesprechungen unter anderem so außergewöhnlich macht? Bücher, die über Social Media viral gehen, können einen extremen Hype erleben und Werke unbekannter Autorinnen und Autoren somit wie aus dem Nichts zum Bestseller werden.

Zielgruppe der vornehmlich weiblichen BookToker sind, so wie sie selbst, vor allem junge Frauen, die sich besonders mit den Genres Romance, Fantasy oder auch Young Adult (für junge Erwachsene) angesprochen fühlen. Inhaltlich darf es hier also gerne auch romantisch werden und eine Liebesgeschichte dabei sein.

Ich liebe starke weibliche Charaktere.

Anna | Leserin

Leserinnen wie Anna und Lily verschlingen die von ihren BookTokern empfohlenen Bücher nahezu stapelweise und kommen dabei schätzungsweise auf bis zu 90 Bücher im Jahr.

"Ich liebe starke weibliche Charaktere. Ich mag es, wenn sie für sich selbst einstehen und auch gern mal den Leuten in den Hintern treten", schildert Anna, welche Geschichten sie am meisten ansprechen. Und Lily überlegt: "Also ich finde schon 'ne gute Story ist wichtig und ein gutes Setting."

Abtun als reine "Literatur für Mädchen" dürfe man die Bücher aber nicht, weiß Buchhändler Günter Harnecker, der den Trend mitverfolgt: "In vielen dieser rosa Bücher, wo man denkt da ist alles Eiteitei und Herzschmerz, da werden zum Teil krasse Themen aufgearbeitet oder aufgenommen. Da war ich auch erstaunt."

Autoren und Autorinnen profitieren vom BookTok-Hype

Für BookTok-Follower wie Anna und Lily zählen in einer BookTok-Community vor allem das Gespräch und die Interaktion untereinander: "Ich finde es schon cool, wenn ich mich darüber austauschen kann oder einfach mal sagen kann: Hey das war cool, vielleicht willst du das auch lesen?", erklärt Lily. "Und dann tauschst du Theorien aus, was das Zeug hält. Es macht einfach riesigen Spaß! Andere Leute kommen auf andere Ideen als du, die sehen Szenen anders", zeigt sich Anna begeistert.

Doch nicht nur Leserinnen und Leser sowie Bloggerinnen und Blogger mischen in einer solchen Community in den sozialen Netzwerken mit, sondern auch immer mehr Autorinnen und Autoren.

Man hat die Chance, dass das Buch auch außerhalb der eigenen Bubble gesehen wird.

Jenny Rubus, Schriftstellerin

Eine Vertreterin der neuen Schriftstellergeneration, die auf BookTok und Bookstagram mitmischen, ist Jenny Rubus. Sie selbst ist überzeugt, vom BookTok-Trend profitiert zu haben: "Als mein neuestes Buch auf den Markt kommen sollte, habe ich mir gedacht: Jetzt könntest du vielleicht auch mal TikTok mit ausschöpfen. [...] Du erreichst völlig fremde Leute und man hat vielleicht wirklich die Chance, dass das Buch auch außerhalb der eigenen Bubble gesehen wird", erzählt sie im MDR MEDIEN360G-Interview und bestätigt: "Das kam richtig gut an. Es sind immer noch keine Dimensionen, aber ich hatte 13.000 Aufrufe. Ich denke - es wurde recht viel vorbestellt -, dass es auch an TikTok lag."

Verlage nutzen TikTok gezielt für ihre Werbestrategie

So finden viele Quereinsteiger und Schreiblustige, fern von klassischem Schriftsteller- oder Autorendasein, ihre Leser auf Bookstagram und BookTok – vermittelt durch eine weitere Art von Influencern: den Bookbloggern.

Ein Trend, den inzwischen auch Verlage für sich entdeckt haben. Hier sind BookTokerinnen Teil der Werbestrategie. "Man bekommt im Vorfeld Einladungen zu Bloggertreffen oder wenn das neue Programm vorgestellt wird und dann gibt’s auch Einzeltermine mit den Pressereferenten und -referentinnen. Die stellen dir ein paar Bücher vor, die zu dir passen könnten", vermittelt Bookbloggerin Lea Steininger alias @leaaxbeck und meint: "Ich glaube, die wertschätzen es, wie man sich Gedanken macht, so ein Buch zu präsentieren."

So zeichnen BookTok und Bookstagram einen neuen Trend, von dem viele Seiten profitieren. Wie weit dieser Hype ums Buch geht, zeigte sich beispielsweise auch auf der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Jahr. Hier sind zum ersten Mal in Deutschland "Tiktok Book Awards" verliehen und unter anderem Autoren und Verlage ausgezeichnet worden, die unter dem Hashtag: #Booktok auf TikTok aktiv sind.

Dabei trifft BookTok vor allem bei jüngeren Menschen einen absoluten Nerv, bei dem die Empfehlungen dazu animieren, das Lesen (wieder) neu zu entdecken – und vielleicht auch mal zu einem ganz anderen Buch zu greifen, als man es sonst tun würde.