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Hörer machen ProgrammVerlust von Agrarflächen: Zu viel Fläche wird versiegelt

07. September 2022, 05:00 Uhr

Ab 2023 sollen nach dem Willen der EU vier Prozent der landwirtschaftlichen Fläche zugunsten der Biodiversität stillgelegt werden. Gleichzeitig werden in Deutschland aber weiterhin große Flächen versiegelt – beispielsweise für Wohnhäuser oder Gewerbegebiete. MDR-AKTUELL-Nutzer und Landwirt Tom Bauch fragt sich, ob dagegen etwas unternommen wird.

Die B247 zwischen Mühlhausen und Bad Langensalza: Hier wird die Bundesstraße auf einer Teilstrecke vierspurig ausgebaut. Dabei gehen rund 300 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren, beklagt Anne Neuber von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland: "Wir haben hier Böden, die gut Wasser und Nährstoffe halten können, und deshalb können wir hier gute Erträge holen." Vor allen Dingen auch bei kurzzeitiger Trockenheit, was in Zeiten des Klimawandels wichtig werde.

Diese Böden würden versiegelt durch dieses "überdimensionierte Infrastrukturprojekt", beklagt Neuber. Jedenfalls brauche man den Straßenausbau nicht in dieser Dimension. "Denn jeder Hektar Ackerland, der versiegelt wird, der kommt nicht wieder." Nur ein Beispiel von vielen. Für das neue Intel-Werk bei Magdeburg etwa werden rund 400 Hektar bester Bördeboden einer großen Industrieansiedlung geopfert.

Flächenverbrauch gesunken

Dabei ist der Flächenverbrauch gesunken: Vor 20 Jahren lag er noch bei 130 Hektar pro Tag, berichtet Detlef Grimski vom Umweltbundesamt in Dessau. Heute seien es 54 Hektar täglich.

"Das ist trotzdem viel zu viel, weil man hat sich ja auch nur darauf verständigt, den Flächenverbrauch zu reduzieren", sagt Grimski. Nach wie vor werde Flächenverbrauch geduldet. "Das aktuelle Ziel in der Neuauflage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie lautet, bis zum Jahr 2030 durchschnittlich weniger als 30 Hektar Fläche pro Tag zu verbrauchen", so Grimski.

Flächenverbrauch steigt wieder

Bis 2050 soll der Flächenverbrauch sogar auf null abgesenkt werden. Doch momentan steigt er wieder leicht an. Für den NABU Deutschland fehlen die nachvollziehbaren Vorschriften und Instrumente, um hier wirklich voranzukommen, sagt Stefan Petzold vom NABU: "Also beispielsweise von Bundes- auf Länder- auf kommunale Ebene heruntergebrochene Reduktionsziele, bei denen man sagt, im Jahr 2025 haben wir die Zahl X." Für 2026 müsste die Zahl dann noch ein bisschen geringer sein und so käme man peu à peu vorwärts.

Alte Industriebrachen könnten entweder entsiegelt oder für neue Gewerbegebiete genutzt werden, statt diese auf der grünen Wiese zu errichten. Leerstehende Wohnungen in Ortskernen sollten saniert werden, statt am Ortsrand neue Wohnsiedlungen hochzuziehen. Städte könnten verdichten und in die Höhe statt in die Breite bauen.

Seit 1992: Landwirtschaft hat 1,45 Millionen Hektar verloren

Fest steht: Der Flächenverbrauch geht meist zulasten der Landwirtschaft. Vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen wie etwa die Renaturierung von Flächen oder das Anpflanzen von Bäumen ersetzen nicht den Verlust von Ackerboden: "Das, was an landwirtschaftlicher Nutzfläche jährlich verloren geht, entspricht ungefähr dem Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche. Die letzte Zahl hat der Deutsche Bauernverband im letzten Jahr veröffentlicht. Dieser hat festgestellt, dass seit 1992 bis 2020 ungefähr 1,45 Millionen Hektar an landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren gegangen sind, was ungefähr der Größe des Bundeslandes Schleswig-Holstein entspricht", erläutert Detlef Grimski vom Umweltbundesamt.

Bisher ist kein entschiedenes Umsteuern erkennbar. Städte und Kommunen sind auch auf das Ausweisen neuer Gewerbegebiete angewiesen, um so Steuereinnahmen zu generieren. Bisher geht das in den meisten Fällen zulasten landwirtschaftlicher Nutzflächen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. September 2022 | 06:00 Uhr

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