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FernverkehrBahnverspätung nicht durch Kohletransporte

20. Juli 2022, 10:54 Uhr

Die Bahn wird immer unpünktlicher. Vor allem die Züge im Fernverkehr kommen immer später. Laut einer Statistik der Deutschen Bahn kamen im Juni fast ein Viertel aller Fernzüge mehr als eine Viertelstunde zu spät. Seit Jahresbeginn nimmt die Pünktlichkeit der Bahn Monat für Monat ab. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki vermutet, dass es am Ausbau der Kohlekraftwerke liege, wodurch mehr Güterverkehr auf den Schienen unterwegs sei. Tatsächlich gibt es verschiedene Gründe für die Verspätungen.

Die Kohle sei schuld, das ist zumindest klar für Wolfgang Kubicki, den stellvertretenden FDP-Chef: Das Streckennetz der Bahn werde zurzeit mit kohlebeladenen Transportzügen versperrt, massive Behinderungen des Personenverkehrs würden somit in Kauf genommen, schrieb Kubicki am Wochenende in einem Gastbeitrag für die Zeitung Die Welt.

Recht hat er damit vermutlich nicht, meint Ludwig Kerkeling, der Chef des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen NEE, das fast 100 private Güterbahn-Unternehmen vertritt. Es gebe keine belastbaren Zahlen, dass es tatsächlich mehr Kohletransporte auf den Schienen gebe. Aber: "Vermutlich ist es schon so, weil die politische Absicht besteht, mit Kohleverstromung mehr Strom zu erzeugen. Also wird es an der ein oder anderen Stelle vermutlich mehr Kohletransporte geben. Aber es gibt mit Sicherheit weniger Kohletransporte, als es in einer weiteren Vergangenheit gegeben hat. Insofern kann das nicht die wesentliche Ursache für zunehmende Verspätungen sein", erklärt Kerkeling.

Auch die Bundesnetzagentur, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und die Bahn selbst beobachten derzeit nicht, dass Kohlezüge für mehr Bahn-Verspätungen sorgen. Die Bundesnetzagentur teilt schriftlich mit: "Der Bundesnetzagentur liegen gegenwärtig keine Erkenntnisse vor, dass das Streckennetz der DB Netz AG überdurchschnittlich durch Kohletransporte belastet ist. Insbesondere liegen keine Erkenntnisse über Behinderungen des Personenverkehrs durch Kohletransporte vor."

Verspätungen durch zunehmenden Personenverkehr

Dennoch würden Verspätungen bei der Bahn zurzeit immer mehr zur Herausforderung, auch für die Güterbahnen, die immer seltener freie Bahn hätten, sagt Ludwig Kerkeling vom Netzwerk Europäischer Eisenbahnen. Er hat dafür aber eine Erklärung: "Weil es einfach viel mehr Verkehr im Netz gibt, nicht nur im Güterverkehr, sondern auch im Personenverkehr und weil das Netz tatsächlich nicht mit dem zunehmenden Verkehr mitgewachsen ist, sondern im Gegenteil, über Jahre hinweg hat man im Netz Infrastruktur zurückgebaut."

Außerdem gibt es laut Kerkeling sehr viele Baumaßnahmen im Netz, weil es aus der Vergangenheit einen hohen Bedarf gibt. Diese Baustellen seien schlecht aufeinander abgestimmt, was in der Summe dazu führe, dass es mehr Verspätungen gebe.

In Zukunft werde der Verkehr auf der Schiene noch zunehmen, sagt Ludwig Kerkeling. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen fordert daher sowohl Bahn als auch Politik auf, die Infrastruktur zu ertüchtigen und dafür mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 20. Juli 2022 | 06:00 Uhr