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Trotz Ukraine-KriegWas deutsche Unternehmen weiter in Russland hält

14. Februar 2023, 15:29 Uhr

Trotz zahlreicher Sanktionspakete gibt es immer noch Unternehmen, die mit Russland handeln. Zu diesen Unternehmen gehören auch die Deutschen Werkstätten Hellerau. Eine Hörerin hat sich daher an MDR AKTUELL gewandt und gefragt, warum das so sei.

Stilvolle Räume, mit perfekt eingepassten Möbeln, hochwertig und nach Wunsch des Kunden. Das ist das Konzept der Deutschen Werkstätten Hellerau. Das Dresdner Unternehmen betreibt nicht nur Außenstellen in der Schweiz und in China, sondern seit 2006 auch in Russland.

Deutsche Werkstätten Hellerau weiter mit Geschäftszweig in Russland

Eine Sprecherin bestätigt, dass auch weiterhin dreißig russische Kollegen in Moskau hochwertigen Innenausbau anböten: "Natürlich befürworten wir die von unserer Regierung und der EU ausgesprochenen Sanktionen und arbeiten nicht für Personen oder Organisationen, die auf der Sanktionsliste stehen."

Trotz spürbarer Störungen, wie zum Beispiel Lieferengpässen, könne man die Arbeit bisher fortsetzen. Die weitere Entwicklung im Land werde man aber genau beobachten und es davon abhängig machen, ob man die Arbeit dort auch künftig fortsetzen könne, erklärt die Sprecherin.

In den Sanktionen sehen die Deutschen Werkstätten Hellerau keinen Grund, sich komplett aus Russland zurückzuziehen. Geschäfte mit Privatleuten bleiben ja grundsätzlich erlaubt.

Hohe Strafgebühren bei Verstoß gegen Russland-Sanktionen

Jede Firma, die noch vor Ort ist, dürfte die Entscheidung zu bleiben aber intensiv geprüft haben. So schätzt es der Dresdner Rechtsanwalt Hans Joachim Nothelfer ein. Er sagt, die Strafen bei Umgehung der Sanktionen seien hoch, selbst fahrlässige Verstöße könnten hunderttausende Euro kosten:

"Und es ist tatsächlich so, dass sowohl die Zollbehörden als auch die Staatsanwaltschaften ganz massiv in die Kontrollen eingestiegen sind. Teilweise werden schon Sonderbehörden zumindest angedacht, teilweise auch schon gebildet. Und wir gehen alle davon aus, dass die Entwicklung noch massiver wird."

Viele Unternehmen haben russischen Markt verlassen

Nun muss man nicht warten, bis der Staat sanktioniert, sondern kann sich auch aus moralischen Gründen zurückziehen. Zahlreiche Firmen sind freiwillig gegangen.

Die Yale School of Management führt darüber Liste. Demnach haben mehr als 1.000 internationale Unternehmen den russischen Markt aufgegeben oder ihr Geschäft deutlich reduziert. Darunter Dr. Oetker, Infineon, OBI oder Tchibo.

Gleichzeitig listet die Hochschule auch 221 Firmen auf, die ihr Russland-Geschäft quasi unverändert fortsetzen – wie der Handelsriese Globus, der Süßwarenhersteller Storck oder Stada Arzneimittel.

IHK Dresden zeigt Verständnis für Unternehmen

Robert Beuthner, Außenhandelsexperte der IHK Dresden hat dafür Verständnis: "Wir haben mit Unternehmen gesprochen, die uns bestätigen, dass sie den Kontakt halten. Und ich finde, wenn man das mal losgelöst von der aktuellen Situation sieht: Es ist immer wichtig, nicht sofort den Kontakt einzustellen, sondern immer auch zu verstehen, wie die Gegenseite denkt."

Denn es gebe ja auch sehr viele Russen, die das nicht in Ordnung fänden, was da passiere. Die moralische Frage, ob man alle Geschäftsbeziehungen abbrechen sollte, ist nach Ansicht von Beuthner eine individuelle.

Rückzug aus russischem Markt ist kompliziert und teuer

Wer in Russland Außenstellen hat, kann diese jedenfalls nicht einfach so dichtmachen. Das Prinzip "Tür-zu-und-weg" verfolge die russische Staatsanwaltschaft strafrechtlich auch gegenüber russischen Außenstellenleitern, sagt Rechtsanwalt Nothelfer.

Und andere Möglichkeiten des Rückzugs seien kompliziert: "Die Liquidation ist in Russland ein sehr langwieriges und sehr teures Unterfangen. Es gibt die Faustregel, unter 12 Monaten kriegen sie es nicht hin. Und es kostet richtig, richtig viel Geld. Bestehende Verträge, die Mitarbeiter müssten abgefunden werden, da müssten, wie in Deutschland, die Sozialpläne her. Und die würden strikt kontrolliert."

Einfacher ist der Rückzug für jene, die ausschließlich Waren nach Russland verkauft haben. Dieser Export ist tatsächlich gesunken. Vor allem Medizinprodukte, Maschinen und Fahrzeuge würden noch exportiert, schreibt das Statistische Bundesamt.

Unterm Strich aber machten Exporte nach Russland im November nicht einmal mehr ein Prozent des gesamten deutschen Exportvolumens aus.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. Februar 2023 | 06:00 Uhr