Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Die Inszenierung von "Wolf" am Theater Magdeburg überrascht mit einem mutigen Bühnenbild. Bildrechte: Gianmarco Bresadola

Uraufführung"Wolf": Magdeburger Theater bringt den ersten Jugendroman von Saša Stanišić auf die Bühne

08. September 2023, 04:00 Uhr

Das Theater Magdeburg bringt als erstes Haus den Jugendroman "Wolf" von Saša Stanišić auf die Bühne. Zuvor haben mehrere Theater in Deutschland das Kinderbuch "Hey, hey, hey, Taxi!" von Stanišić auf die Bühne gebracht. Für die Uraufführung von "Wolf" hat das Theater Magdeburg eng mit dem Autoren zusammengearbeitet und eine eigene Fassung erstellt.

Das Bühnenbild ist schon mal cool: Der Protagonist steht knietief im Wasser, was seine Gefühlslage widerspiegelt. Skeptisch gegenüber der Welt und mit Groll auf das Ferienlager, in das der 13-jährige Kemi gegen seinen Willen geschickt wurde. Mitten im Wald, umgeben von Lagerfeuerrauch und Mücken, muss er sich mit anderen Jugendlichen auseinandersetzen. Das ist die Ausgangssituation in dem Roman "Wolf" von Saša Stanišić, der nun in der Magdeburger Bearbeitung auf die Bühne kommt.

Im Zentrum der Geschichte steht Kemi, der eigentlich nicht ins Ferienlager will. Bildrechte: Gianmarco Bresadola

"Es geht um Mobbing, aber auch ums Erwachsenwerden. Es geht um eine Zeit, in der vielleicht diese kindliche Schutzhülle weg ist und in der es darum geht, selber Verantwortung zu übernehmen, sich selber einzubringen, die Welt in ihrer ganzen Brutalität auch zu begreifen und mit ihr umgehen zu müssen", meint der Magdeburger Dramaturg Bastian Lomsché. "Es geht um uns alle. Wann sind wir in einem gesellschaftlichen Klima an dem Punkt, zu sagen, wir wollen jetzt handeln? Wir wollen nicht mehr nur beobachten. Wir bleiben nicht in der Distanz, sondern wir greifen ein. Wir mischen uns ein."

Wortwitz auf der Magdeburger Bühne

Angst, Mut, Ausgrenzung – schwere Themen, die nicht nur im Buch relativ locker erzählt werden, sondern auch im Stück. Denn das Leitungsteam der Magdeburger Schauspiel-Sparte, Bastian Lomsché und Clara Weyde, hat sich stark an die Vorlage gehalten und auch mit dem Autor Saša Stanišić zusammengearbeitet: "Wir haben ihn immer wieder gefragt und ihm eine Textfassung, als wir fast fertig waren, zugeschickt", erzählt Lomsché. "Er hat einen Tag später ein Textdokument geschickt, in das er wahnsinnig viel rein korrigiert hatte, immer inspirierend, immer positiv, hat Ideen beigesteuert, hat seine eigenen Texte noch einmal überarbeitet. Das war sehr lustig für uns und eine tolle Zusammenarbeit."

Auf der Bühne von Katharina Philipp entstehen immer wieder starke Bilder. Bildrechte: Gianmarco Bresadola

Wer das Buch gelesen hat, wird also viel wiedererkennen: Auch auf der Magdeburger Bühne wird aus der Ich-Perspektive erzählt, aber ohne lange Monologe, verspricht Clara Weyde, die auch die Regie übernommen hat. Auch die witzigen Wortschöpfungen aus dem Roman bleiben, zum Beispiel wenn der Protagonist von der "Andersigkeit" spricht. "Es ist eine sehr leichtfüßige und humorvolle Herangehensweise", ist Weyde überezugt. "Es ist überhaupt nicht didaktisch. Der Abend bietet keine schnellen Erklärungen an. Er bietet auch keine Lösungskonzepte an, sondern er nimmt sich Zeit, diese Räume zu öffnen und mit dem Protagonisten Kemi ein Stück mitzugehen – auf seinen Mitschüler Jörg zu."

Theater voller Spielfreude und Erinnerungen

"Das Ganze ist sehr in Spielszenen aufgelöst und ich denke, es wird sehr unterhaltsam werden", so Weyde. Das möchte man gern glauben, denn im Wasser des niedrigen, aber bühnengroßen Pools geht es heiß her: Unterstützt von Lichteffekten wird gestritten, gespritzt, geklampft und gesungen. Man möchte eine Atmosphäre zur Identifikation schaffen, sagt Dramaturg Bastian Lomsché: "Jeder war mal in einem Ferienlager – oder die meisten. Alle haben bestimmte Erinnerungen daran, die oft auch prägend sind."

Die Inszenierung in Magdeburg erzählt von Ferienlager und Mut. Bildrechte: Gianmarco Bresadola

Diese Erinnerungen sollen auf der Bühne geweckt werden, erzählt Lomsché: "Wir werden den Muff von Ferienlagern im Wald erleben. Wir werden die Nässe, und die Mücken, die es dort gibt, erleben, die Lagerfeuer und das schlechte Gitarrenspiel. Aber natürlich auch die schönen Momente von Ferienlagern, von Gruppengefühl, von 'ohne Eltern sein' ... Selbstbestimmung." Ein Theaterstück als tiefgründiger Mutmacher: Mut für sich und für andere und vor allem Mut gegen die innere Angst – den inneren "Wolf".

Weitere Informationen"Wolf"
nach dem gleichnamigen Roman von Saša Stanišić
Für Menschen ab 10 Jahren

Regie: Clara Weyde
Bühne: Katharina Philipp
Kostüm: Clemens Leander
Musik: Thomas Leboeg
Dramaturgie: Bastian Lomsché
Mit: Anton Andreew, Lorenz Krieger, Philipp Kronenberg, Bettina Schneider, Sophia Vogel

Adresse:
Schauspielhaus
Otto-von-Guericke-Str. 64
39104 Magdeburg

Termine:
9. September, 11.30 Uhr (Premiere)
21. September, 19.30 Uhr
22. September, 19.30 Uhr
29. September, 18 Uhr
1. Oktober, 16 Uhr

Redaktionelle Bearbeitung: tsa

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 07. September 2023 | 07:10 Uhr