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Pro-ukrainische Demonstranten fordern im März 2022 in London mit Verweis auf das Budapester Memorandum von 1994 ein Eingreifen des Westens im Ukraine-Krieg. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Budapester MemorandumKönnten alte Sicherheitsgarantien die Nato in den Ukraine-Krieg ziehen?

27. Mai 2024, 05:00 Uhr

Im Budapester Memorandum 1994 traten die ehemaligen Sowjetrepubliken Ukraine, Belarus und Kasachstan ihre ererbten Atomwaffen an Russland ab. Dafür erhielten sie unter anderem von den USA, Großbritannien und Frankreich Sicherheitsgarantien. Könnten diese Garantien ein Eingreifen dieser Staaten auf Seiten Kiews in den Krieg rechtfertigen, wollte unser Hörer Mirco Krug aus Ahnatal in Hessen wissen.

Kurz zur Erklärung zum Budapester Memorandum von 1994. Damals gaben Belarus, Kasachstan und die Ukraine als Nachfolgestaaten der Sowjetunion ihre Atomwaffen, die sie sozusagen von der Sowjetunion geerbt hatten, zurück. In dem Fall an Russland. Im Gegenzug erhielten die drei Staaten von Russland, den USA, Großbritannien und später Frankreich und China sogenannte Sicherheitsgarantien, zum Beispiel zu Souveränität und Unverletzlichkeit der Grenzen.

V.l.n.r.: Die Präsidenten Alexander Lukaschenko (Belarus), Nursultan Nasarbajew (Kasachstan), Boris Jelzin (Russland), Bill Clinton (USA), Leonid Kutschma (Ukraine) und der britische Premierminister John Major beim Abschluss des Budapester Memorandums am 5. Dezember 1994. Bildrechte: IMAGO/Chernykh

Sicherheitsgarantien keine Beistandsgarantien

Und trotzdem – das ist auch die Antwort auf die Frage unseres Hörers – bedeutet das Budapester Memorandum nicht, dass zum Beispiel die USA, Großbritannien oder Frankreich der Ukraine militärisch beistehen müssen. Sie sind in dem Sinne auch keine Schutzmächte. Dazu Marco Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "… das ist kein völkerrechtlicher Vertrag gewesen, das sind im Grunde genommen drei politische Vereinbarungen gewesen. Es hat nur einen politisch bindenden Charakter".

Rein rechtlich, so Marcus Overhaus, dürfte zum Beispiel Frankreich zwar eigene Truppen in die Ukraine entsenden, um gegen Russland zu kämpfen. Das hatte Präsident Macron ja vor einigen Wochen angedeutet. Aber, so einfach gehe das – mit Blick auf die NATO – dann doch nicht, erklärt Overhaus: "Was der eine Staat sicherheitspolitisch-militärisch macht, hat immer auch massive Auswirkungen auf alle anderen Staaten. Es gibt die politische Verpflichtung der Konsultation, das ist ja im Nato-Vertrag fixiert. Also, dass die Staaten nicht einfach Dinge im Alleingang machen, sondern sich konsultieren mit den anderen Ländern."

Zustimmung aller Nato-Staaten erforderlich

Bedeutet: Frankreich müsste erst das Okay von allen anderen Nato-Mitgliedern einholen, bevor es Truppen entsendet, stellt Overhaus klar. Sollte sich Paris dennoch hypothetisch entscheiden, Soldaten nach Kiew zu schicken, dann "… könnte das dazu beitragen, dass andere Nato-Staaten in einen Konflikt mit Russland reingezogen werden". Daran habe aber niemand in der Nato ein Interesse, sagt Overhaus.

Der wissenschaftlich Dienst des Bundestags schreibt dazu in einer Analyse: "Das Eingreifen mit eigenen Streitkräften, das heißt die unmittelbare Beteiligung an den Konflikthandlungen mit militärischer 'Man-Power', machen einen unterstützenden Staat zweifelsohne zur kriegführenden Konfliktpartei."

Was passiert, wenn ein Nato-Staat, der in der Ukraine kämpft, von Russland angegriffen würde? Dann könnte es richtig kompliziert werden, befürchtet Marcus Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Dann wäre die Frage, ob der Nato-Bündnisfall ausgerufen werden müsste oder nicht.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 27. Mai 2024 | 06:22 Uhr