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DisziplinarkammerPolen kommt EU im Streit um Justizreform entgegen

09. Februar 2023, 12:54 Uhr

Polen will seine umstrittene Disziplinarkammer für Richter umstrukturieren und hofft dadurch auf Milliarden aus Brüssel. Die Gelder hat die EU-Kommission wegen des Streits um die Justizreform bisher zurückgehalten.

Das polnische Parlament hat mit knapper Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, in dem Teile der umstrittenen Justizreform geändert werden. Konkret geht es um die von der EU-Kommission und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) kritisierte sogenannte Disziplinarkammer. Der Gesetzesänderung zufolge soll sich das Oberste Verwaltungsgericht künftig mit Disziplinarfällen von Richtern befassen und nicht eine Kammer des Gerichtshofs.

Die Disziplinarkammer, die inzwischen in Kammer für berufliche Verantwortung umbenannt wurde, ist ein Schlüsselelement der von der regierenden PiS-Partei initiierten Justizreform. Sie kann jeden Richter oder Staatsanwalt suspendieren oder entlassen. Kritiker befürchten, dass die Kammer zur Bestrafung von regierungskritischen Richtern genutzt wird.

EU hat Gelder an Polen eingefroren

Die EU-Kommission hält die Unabhängigkeit der Disziplinarkammer für fraglich und war deshalb vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Der EuGH hatte der Beschwerde im Juli 2021 stattgegeben und die Aussetzung der Kammer in Warschau gefordert. Die polnische Regierung wollte allerdings nicht nachgeben und verwies auf polnisches Recht.

Wegen des Streits hält die EU Gelder an Polen im Volumen von rund 35 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds zurück. Mit der Gesetzesänderung hofft die Regierung in Warschau nun, dass Brüssel die Gelder freigibt. Eine Reaktion von der EU-Kommission gibt es bislang nicht.

Anwältin: Neues Gesetz bringt keine Verbesserung für Rechtsstaatlichkeit

Sylwia Gregorczyk-Abram von der unabhängigen polnischen Juristen-Initiative "Freie Gerichte" sieht in dem neuen Gesetz keine Verbesserung für die Rechtsstaatlichkeit Polens. Sie sagte dem ARD-Studio Warschau, das Gesetz beschleunige auch keine Verfahren oder schlage Lösungen vor. Es sei nur ein Versuch, die Verantwortung zu verwässern. Die polnische Regierung täusche vor, "dass man tatsächlich etwas gemacht hat".

Reuters/ARD(aju)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 09. Februar 2023 | 09:18 Uhr