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Probe für Militärparade in Moskau mit Atomrakete (Archivbild 2008) Bildrechte: imago/Xinhua

Jahresbericht zu AtomwaffenSipri warnt vor neuem nuklearen Wettrüsten

13. Juni 2022, 19:16 Uhr

Russlands Krieg gegen die Ukraine lässt die Sorgen vor einem Atomkonflikt steigen. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri warnt vor einem neuen atomaren Wettrüsten. Der Abbau der Atomwaffenarsenale nach dem Kalten Krieg sei gestoppt.  

Nach jahrzehntelangem Rückgang könnte die Zahl der Atomwaffen nach Schätzung von Friedensforschern bald erstmals wieder ansteigen. Das Stockholmer Institut Sipri erwartet trotz einer leichten Verringerung der globalen Gesamtzahl nuklearer Sprengköpfe auf zuletzt geschätzt 12.705 im kommenden Jahrzehnt wieder einen Zuwachs.

Dem neuen Sipri-Jahresbericht zufolge verfügen Russland mit knapp 6.000 und die USA mit knapp 5.500 gemeinsam über 90 Prozent aller Atomsprengköpfe in der Welt. Das leichte Minus von 375 Sprengsätzen ergebe sich aus der Demontage alter Systeme. Die nutzbaren Atombestände beider Länder seien relativ stabil geblieben.

Abbau der Atomwaffen-Arsenale gestoppt

Wilfred Wan, Direktor des Programms für Massenvernichtungswaffen, schreibt im Sipri-Jahresbericht: "Alle nuklear bewaffneten Staaten vergrößern oder modernisieren ihre Arsenale, und die meisten von ihnen verschärfen ihre nukleare Rhetorik." 

Auch andere Sipri-Experten befürchten einen neuen nuklearen Rüstungswettlauf. Es gebe viele Anzeichen dafür, dass der Abbau der globalen Atomwaffenarsenale nach dem Kalten Krieg beendet ist. Ohne sofortige und konkrete Abrüstungsschritte der neun Atomwaffenstaaten werde der globale Bestand nuklearer Waffen wieder wachsen.

Sowohl in den USA als auch in Russland laufen demnach umfassende und kostspielige Programme zur Modernisierung von Atomsprengköpfen, Trägersystemen und Produktionsstätten. Gleiches gelte für die weiteren Atomwaffenstaaten Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea.

Risiko eines Atomkonflikts höher als zuletzt im Kalten Krieg

Die UN-Vetomächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China hatten zu Jahresbeginn erklärt, gegen die weitere Verbreitung von Atomwaffen vorgehen zu wollen: "Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden und darf niemals geführt werden."

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Sipri monierte, dass alle fünf Länder ihre Arsenale seitdem weiter ausgebaut oder modernisiert hätten. Russland habe im Zuge seines Angriffskriegs in der Ukraine offen mit dem möglichen Gebrauch von Atomwaffen gedroht. China baue mit schätzungsweise mehr als 300 neuen Raketensilos sein Atomprogramm aus.

Das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen jetzt höher als zu jedem Zeitpunkt seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges.

Sipri-Direktor Dan Smith.

Russland könnte auf taktische Atomwaffen setzen

Die neuen Sipri-Daten beziehen sich auf den Januar 2022, kurz vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Moskau versetzte drei Tage später die russische Atomwaffenabwehr in höchste Alarmbereitschaft. Aus Sipri-Sicht ist es jedoch noch etwas zu früh für Rückschlüsse, wie sich Russlands Angriffskrieg konkret auf die atomare Weltlage auswirke.  

Angesichts der erkennbaren Defizite der russischen konventionellen Streitkräfte dürfte sich Russland wahrscheinlich künftig stärker auf taktische Atomwaffen verlassen, heißt von Sipri. Darauf werde die Nato reagieren und damit steige das Risiko einer nuklearen Konfrontation.

Weitere Problemfelder seien der anhaltende Konflikt zwischen Indien und Pakistan, die Feindseligkeiten an der Grenze zwischen China und Indien sowie Nordkoreas Atomprogramm.

Atomwaffen-Konferenz im August in New York

Sipri ruft die Atommächte zur Entspannung ihrer nuklearen Rhetorik auf und fordert auch die Nicht-Atomwaffenstaaten, ihren Druck zur Abrüstung zu verstärken – am besten schon bei einer Konferenz zur Nichtverbreitung von Atomwaffen in New York im August.

dpa,Reuters(ans)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 13. Juni 2022 | 07:00 Uhr

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