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Ein Ort, an dem alle Verantwortung tragenAlternative zur Werkstatt: Biohof Franke in Crimmitschau

08. November 2023, 17:32 Uhr

Seit 2018 gibt es für Menschen mit Behinderung Alternativen zur Arbeit in Werkstätten. Eine ist der Biohof Franke in Crimmitschau als sogenannter "Anderer Leistungsanbieter". Hinter dem Konzept steckt ein hoher bürokratischer Aufwand, den Betreiberin Uta Franke auch mit Unterstützung der Hochschule Mittweida bewältigte. Doch der Aufwand ist es ihr wert.

Wer auf dem Biohof Franke in Crimmitschau ins Warenregal guckt, findet dort eine große Auswahl an Obst und Gemüse, Getreidewaren, Milchprodukten oder Haushaltsmitteln. Der Hofladen bietet Kundinnen und Kunden eine Alternative zum üblichen Supermarkt-Angebot. Das ist aber nicht alles. Seit Anfang 2020 bietet er Menschen mit Behinderung eine Perspektive jenseits der Arbeit in Werkstätten.

"Andere Leistungsanbieter" statt Werkstatt

Markus Wiegand war der erste Mensch mit Behinderung, der dort eine Stelle bekam. Vorher hat er lange in einer Werkstatt gearbeitet, sich aber zunehmend als Handlanger behandelt gefühlt: "Ich habe mir dort nichts gefallen und mich nicht herumschubsen lassen, sondern im Zweifelsfall auch mal auf den Tisch gehauen."

Für den 37-Jährigen war es ein Schritt hin zu mehr Selbstständigkeit und Anerkennung. Das ist auch der Hofbetreiberin Uta Franke wichtig. Sie hat ihren Hof als sogenannten "Anderen Leistungsanbieter" registrieren lassen. Im Unterschied zur Arbeit in Werkstätten haben Menschen mit Behinderung in solchen Betrieben die Möglichkeit, sich umfassend einzubringen und mehr Verantwortung zu übernehmen.

Klare Verantwortung für jeden

Auf dem Biohof Franke arbeiten neben Markus Wiegand acht weitere Menschen mit Behinderung. Sie haben unterschiedliche Aufgaben, zum Beispiel direkt auf dem Feld und im Garten, im Verkauf oder bei der Herstellung von Marmeladen und Broten.

Die Zusammenarbeit funktioniert nach Erfahrung von Uta Franke am besten, wenn jeder klare Verantwortung für einen Bereich trägt. Vorher war ihr Hof die Außenstelle einer Werkstatt. Das hat ihr aber nicht gereicht:

Ich bin der Meinung, dass Menschen mit Behinderung nicht auf kleine geschützte Inseln gesetzt werden, sondern raus in die Gesellschaft sollen. Sie können und wollen das und wir wollen das auch.

Uta Franke

Hoher bürokratischer Aufwand, Hilfe durch Hochschule Mittweida

Hinter dem Konzept steckt ein hoher bürokratischer Aufwand, zum Beispiel was die Finanzierung der Arbeitsplätze angeht. Bei der Verhandlung der Tagessätze für die Beschäftigten hat Uta Franke Unterstützung von der Hochschule Mittweida bekommen. Sie wünscht sich, dass mehr Betriebe diesen Weg auf sich nehmen: "Wir geben unsere Erfahrungen gerne weiter. Wenn es zum Beispiel kleine Handwerksbetriebe gibt, die ein oder zwei Plätze haben, denen der Organisationsaufwand aber zu groß ist, würden wir das mit übernehmen."

Für den Biohof Franke läuft die Unterstützung durch die Hochschule Mittweida nach drei Jahren aus.

"Wir sind ein gutes Team"

Organisation hin oder her, worum es in der Zusammenarbeit geht, ist für Markus Wiegand klar: "Ich freue mich immer, wenn Uta sagt, ich werde hier oder dort gebraucht. Wir sind ein gutes Team."

Weitere Informationen zur Regelung rund um sogenannte Andere Leistungsträger:

Pro und Contra Werkstätten im "Selbstbestimmt"-Magazin Oktober 2021

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Selbstbestimmt | 10. Oktober 2021 | 08:00 Uhr