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Schabbat Schalom mit Elija Schwarz: Wochenabschnitt "Matot""Bauet erst Städte für eure Kinder"

04. März 2022, 12:00 Uhr

Am wichtigsten ist es, die Zukunft für die kommenden Generationen zu sichern. Erst dann geht es darum, den derzeitigen Wohlstand zu erhalten, meint Kantor Elija Schwarz in seiner Auslegung des Wochenabschnitts.

Unsere Parascha Matot ist im Jordantal, gegenüber dem versprochenen Gelobten Land angesiedelt. Dort richtet Mosche das Wort an die Stammhäupter der Kinder Jissraels und verkündet das Wort des Ewigen zum Thema ausgesprochene Gelübde. Diese Zusagen darf man nicht brechen.

Der Ewige fordert Mosche auf, die Rache der Söhne Jissraels an den Midjanitern zu vollbringen, die das Volk Jissrael auf Rat Bilams zum Dienst des Götzen Baal Pe‘or verführt hatten und damit eine tödliche Seuche als Strafe des Ewigen auslösten.

Mosches letzte Aufgabe

Im selben Satz wird Mosche mitgeteilt, dass dies seine letzte Aufgabe ist. Obwohl also die Erfüllung dieser Aufgabe seinen Tod nach sich ziehen wird, verzögert Mosche nichts und stellt ein Heer von 12.000 Männern auf, mit Pinchas ben Elasar HaKohen an der Spitze. Die Streitmacht zieht gegen die Midjaniter, tötet jeden männlichen Erwachsenen und brennt die midjanitischen Wohnsitze und Götzen nieder. Die Frauen und ihre Kinder, das Vieh und das Vermögen sind die Beute, die sie ins Lager bringen.

Mosche zürnt, weil die Krieger die Frauen leben ließen. Denn gerade sie haben ja auf Bilams Rat hin das Volk Jissrael mit Fruchtbarkeitskulten zum Dienst am Götzen Baal Peor verführt. So werden jetzt alle männlichen Kinder und die Frauen getötet. Danach erfahren wir, wie die Krieger und ihre Gerätschaften, die mit Toten in Kontakt gekommen sind, entsündigt und damit wieder kultisch rein werden. Aus diesem Abschnitt leitet sich die Halacha zum Kaschern metallener Geräte durch Feuer ab.

Die Stämme Reuwen und Gad, deren Reichtum in ihren Herden besteht, bitten Mosche, sie und ihre Tiere auf der östlichen Seite des Jordans zu lassen, da es idealer Weidegrund ist. Sie versprechen aber, bei der Eroberung des Landes Jissrael mitzuhelfen. Mosche akzeptiert das Angebot.

In der nun anschließenden Parascha Massej schreibt Mosche die Aufbrüche und Weiterzüge des Volkes Jissrael auf. So entsteht eine Routenbeschreibung mit 42 Etappen.

Der Ewige befiehlt, dass die Söhne Jissraels im eroberten Land alle Bewohner heraustreiben und ihre Götzen zerstören sollen. Geschieht dies nicht, werden diese Bewohner wie Stacheln im Auge sein und wie Dornen in der Seite das Volk Jissrael bedrängen. Das, was mit ihnen geschehen sollte, würde dann mit den Kindern Jissraels geschehen – sie werden nicht im Lande bleiben.

Anschließend werden die Grenzen des Landes Jissrael beschrieben. Das ist von großer Wichtigkeit für alle Gebote, die nur dort relevant sind. Die Stammhäupter werden mit Namen bestimmt, und es wird ihnen aufgetragen, das Land unter ihrem jeweiligen Stamm aufzuteilen.

Die Lewiten erhalten kein Land, sondern 48 Städte zum Wohnen und dazu etwas Umland für ihr Vieh. Sechs dieser Lewiim-Siedlungen werden Zufluchtsstädte für Totschläger und Bluträcher sein. In so einer Zufluchtsstadt sollen sie sicher bleiben vor willkürlicher Rache, solange der Hohepriester lebt. Nach dessen Tod dürfen sie auf ihr Land zurückkehren. Mörder sollen getötet werden.

Der Faden der Geschichte um die Töchter Zelofchads wird wiederaufgenommen. Frauen, die Bodenbesitz von ihrem Vater erben, sollen sich nur mit einem Sohn ihres Stammes vermählen, damit im Gebiet eines Stammes nicht das Gebiet eines anderen Stammes entsteht.

Nun zur Parascha Matot. In der Nähe meiner Wohnung liegt ein großer Supermarkt, welcher abends sehr lange geöffnet hat. Ich gehe dort gerne spät am Abend einkaufen, denn ich kann da irgendwie entspannt nachdenken, während ich die wenigen Kunden beobachte. Vor der Kassenzone liegt sehr präsent der Gang mit der Tiernahrung, der so viel länger und üppiger ausgestattet ist als der mit der Kindernahrung. Wenn ich ihn passiere, fällt mir oft eine Episode aus unserer Parascha ein.

Die Söhne von Reuwen und Gad hatten Transjordanien, also das fruchtbare Land östlich des Jordan, welches heute oft als Westjordanland bezeichnet wird, für viel geeigneter als Nahrungsgrundlage für ihr Vieh befunden als das Gelobte Land selbst. Aber sie versprachen Mosche, den anderen Stämmen bei der Eroberung des versprochenen Landes zu helfen.

Sie wollten mit ihnen in den Krieg ziehen und erst wenn das Land Jissrael besiedelt sei, wieder zurück auf die andere Seite des Flusses Jordan gehen. Dafür bedurfte es noch einiger sichernder Vorbereitungen auf dem von ihnen erwählten Land.

Entscheiden, was hauptsächlich ist

In Kapitel 32, Vers 16 sprechen sie zu Mosche: "Schafhürden wollen wir für unsere Herden bauen und Städte für unsere Kinder." Damit die Tiere in Abwesenheit der Männer nicht in die Berge ausbüxen, wollten sie Pferche bauen, und damit die Kinder und ihre Mütter sicher leben, befestigte Siedlungen. Soweit so logisch und verständlich.

Mosche rückt allerdings in seiner Antwort in Vers 24 die Prioritäten zurecht: „Bauet euch Städte für eure Kinder und Hürden für eure Schafe ...“

Raschi schreibt dazu: "Sie schonten ihr Vermögen mehr als ihre Söhne und Töchter, indem sie ihre Herden vor ihren Kindern nannten. Da sagte Mosche ihnen, nicht so! Macht die Hauptsache zur Hauptsache und die Nebensache zur Nebensache; bauet euch erst Städte für eure Kinder und dann Hürden für eure Schafe."

Vielleicht würde Raschi heute auf unser Gemeinwesen bezogen schreiben: „Nicht so! Sorgt zuerst für die Zukunft eurer Kinder und Kindeskinder, und dann sorgt euch um euren momentanen und sowie außerordentlich ressourcenverschlingenden Wohlstand und euer materielles Vermögen. Macht die Hauptsache zur Hauptsache und die Nebensache zur Nebensache!“

Schabbat Schalom!

Zur Person: Elija SchwarzElija Schwarz (*1969) arbeitet als Kantor und Religionslehrer für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und betreut auch das Jüdische Seniorenheim Hannover. Zuvor war er fünf Jahre lang Kantor der Etz-Chaim-Synagoge in Hannover. Parallel dazu leitet seit er 2003 Gottesdienste im Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein. Wenn er nicht dienstlich unterwegs ist, lebt Elija Schwarz in Halle an der Saale.

Schabbat Schalom bei MDR KULTURDie Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.

Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.

"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 14. Juli 2023 | 15:45 Uhr