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Planetary Defence ConferenceRiesen-Asteroid: Wie Weltraum-Experten die Abwehr proben

27. April 2021, 17:37 Uhr

Experten von ESA, NASA und anderen Weltraumbehörden proben derzeit auf der Planetary Defence Conference, wie man der Gefahr eines Asteroiden-Einschlags auf der Erde begegnen kann. Die Frage ist nicht, wann ein solches Szenario eintritt, sondern wie gut man darauf vorbereitet ist. Noch in diesem Jahr startet die erste Mission, bei der ein Asteroid von seinem Kurs abgebracht werden soll.

Hypothetisches Einschlagsszenario der Planetary Defence Conference 2021. Die roten Punkte auf dem Bild zeigen einige der möglichen Aufprallpunkte. Bildrechte: ESA

Zuerst die schlechte Nachricht: Der Asteroid "2021 PDC", der erst am 19. April dieses Jahres entdeckt wurde, könnte bereits am 20. Oktober 2021 auf der Erde einschlagen. Nachdem die Wahrscheinlichkeit für ein solches Szenario zunächst lediglich mit 1 zu 2.500 angegeben wurde, stieg die Einschlagswahrscheinlichkeit mittlerweile auf beängstigende fünf Prozent. Der astronomische Kleinkörper hat schätzungsweise einen Durchmesser von 120 Metern, könnte aber auch bis zu 700 Meter groß sein. Damit ist der Asteroid groß genug, um bei einer Kollision mit der Erde schwerste Zerstörungen auf unserem Planeten anzurichten.

Szenario für Asteroideneinschlag

Ein Doppel-Asteroiden-System fliegt an der Erde vorbei. Bildrechte: ESA-P.Carril

Und nun die gute Nachricht: Den beschriebenen Asteroiden gibt es überhaupt nicht. "2021 PDC" ist lediglich der Hauptdarsteller eines Szenarios der aktuellen Planetary Defence Conference (Konferenz zur Planetenverteidigung). In dem vom Center for Near Earth Object Studies (CNEOS) der NASA entwickelten Asteroideneinschlagsszenario schlüpfen Experten verschiedener Raumfahrtbehörden und Organisationen in den kommenden Wochen in die Rolle von Regierungen, Weltraum- und Zivilschutzbehörden. Dabei sollen sie auf der Grundlage täglicher Lage-Updates durchspielen, wie man im Ernstfall auf einen drohenden Asteroideneinschlag reagieren müsste oder welche Abwehrmöglichkeiten man hätte.

Aller paar Jahrzehnte kleinerer Einschlag

Auch wenn der Einschlag eines großen Asteroiden auf der Erde derzeit eher unwahrscheinlich ist, völlig ausgeschlossen ist er nicht. Das beweisen bekannte Asteroiden-Einschläge der jüngeren Geschichte.

So verwüstete im Jahr 1908 ein Objekt mit einem geschätzten Durchmesser von 30 bis 50 Metern in der Nähe des sibirischen Flusses Steinige Tunguska in Russland ein riesiges Gebiet von 2.200 Quadratkilometern. Das ist mehr als die gesamte Fläche der Stadt und des Landkreises Leipzig (1.944 Quadratkilometer). Schätzungen zufolge ereignen sich Einschläge der Größe des Tunguska-Ereignisses aller zwei bis drei Jahrhunderte.

Im Jahr 2013 beschädigte der Einschlag eines Objekts mit einem geschätzten Durchmesser von fast 20 Metern im russischen Tscheljabinsk 7.200 Gebäude. Etwa 1.600 Menschen wurden dabei verletzt. Solche Einschläge treten schätzungsweise bereits aller paar Jahrzehnte auf.

Kein Drittel der Ü-100-Objekte bekannt

Eine Garantie, dass Asteroiden dieser Größenordnungen rechtzeitig vorher entdeckt werden, gibt es nicht. Nach Angaben der Europäischen Weltraumorganisation ESA wurden zwar bislang 95 Prozent aller Asteroiden mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer entdeckt. Aber von den schätzungsweise 40.000 Asteroiden, die größer als 100 Meter sind, wurden bislang erst weniger als 30 Prozent gesichtet. Und die ungezählten Asteroiden, die kleiner als 100 Meter im Durchmesser sind, sind da noch gar nicht erfasst.

Vorbereitung auf den Ernstfall

Umso wichtiger ist es deshalb, auf derartige Fälle vorbereitet zu sein, wie Detlef Koschny, Leiter des ESA-Büros für planetare Verteidigung, erklärt: "Wir kennen fast alle Asteroiden mit einem Durchmesser von mehreren Kilometern, und keiner wird die Erde in nächster Zeit treffen. Aber selbst ein kleinerer Einschlag – wie der Tscheljabinsk-Asteroid im Jahr 2013 – kann Schäden oder Verletzungen verursachen. Und es ist wichtig, dass wir vorbereitet sind." Zur Vorbereitung auf den Ernstfall gehört nach Angaben von Koschny auch die Entwicklung von Missionskonzepten und Technologien, "um einen erdnahen Asteroiden bei ausreichender Vorwarnung möglicherweise abzulenken".

Erste Mission schon in diesem Jahr

Und auf dem Gebiet der Asteroiden-Abwehr wird es immer konkreter. Noch in diesem Jahr wird die US-Raumfahrtbehörde NASA ihre DART-Mission (Double Asteroid Redirection Test) zum Asteroiden Didymos starten. Mit einem Hochgeschwindigkeitseinschlag soll dessen 160 Meter dicker Begleitfelsen Dimorphos derart angestoßen werden, dass die Teleskope auf der Erde die Kursablenkung messen können.

Die geplante Hera-Mission der ESA zum binären Asteroidensystem Didymos. Bildrechte: ESA - ScienceOffice.org

Im Jahr 2024 soll dann die ESA-Raumsonde Hera zum Didymos fliegen und den Einschlagskrater DART vermessen. Außerdem sollen dabei die Masse des Asteroiden präzise bestimmt und seine Eigenschaften, Zusammensetzung und Struktur ermittelt werden. Nach Angaben der ESA sollen die wissenschaftlichen Ergebnisse beider Missionen die Menschheit in die Lage versetzen, die kinetische Ablenkung von Asteroideneinschlägen als "Technik zur planetaren Verteidigung" einzusetzen.

Neues Teleskop soll Asteroiden rechtzeitig aufspüren

Auch auf dem Gebiet der rechtzeitigen Identifizierung immer kleinerer Asteroiden gibt es Fortschritte. So nahm die ESA gerade am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile das Test-Bed Telescope 2 in Betrieb. Zusammen mit seinem Partnerteleskop der nördlichen Hemisphäre soll TBT2 den Himmel nach Objekten absuchen, die eine Gefahr für die Erde darstellen könnten. Dabei soll zugleich die Hard- und Software für ein zukünftiges Teleskopnetzwerk getestet werden.

(dn)

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