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Die Illustration eines Mars Sample Return-Raketenprojektils, nachdem es in den Weltraum geschossen wurde. Im Hintergrund befindet sich der Mars. Die Rakete zeigt eine Collage mit den Flaggen der USA und der Volksrepublik China – sie symbolisieren das Wettrennen der beiden Weltmächte. Bildrechte: MDR, Nasa

Mars Sample ReturnUSA abgehängt? China will erste Marsprobe zur Erde bringen

28. Juli 2022, 17:05 Uhr

Der Mars könnte irgendwann zur Heimat der Menschen werden. Um ihn besser zu verstehen, sollen Proben zur Erde gebracht werden. Doch die USA und ihre westlichen Partner können ihren ursprünglichen Zeitplan nicht einhalten. Und China ist bereit für den Vormarsch.

von Patrick Klapetz

Das Wettrennen um die Vorherrschaft im Weltraum ist nicht nur technologischer und wissenschaftlicher Natur, sondern auch politischer. Neben dem Mond ist dabei der Mars das große Ziel internationaler Bemühungen. Die besondere Herausforderung und eines der ambitioniertesten Projekte vor einer möglichen menschlichen Landung: Proben vom Mars zur Erde zu bringen. Und hier heißt es wieder Ost gegen West – China gegen die USA und ihre westlichen Verbündeten. 

Sowohl die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa als auch Chinas CNSA-Raumfahrtagentur sind im vergangenen Jahr mit ihren Rovern auf der Marsoberfläche gelandet. Für China war es sogar ihr erster Versuch einer Marslandung und der ist ihnen geglückt. Die Nasa musste dafür in der Vergangenheit mehrere Niederlagen einstecken. Jedoch ist das nicht mit einem technologischen Fortschritt Chinas gegenüber den USA gleichzustellen. Immerhin konnte das Land der Mitte aus vorhergegangenen internationalen Missionen lernen. Die Pionierarbeit haben vor allem die USA geleistet. 

Das kann sich nun aber ändern – vor allem, wenn es um den Transport von Marsproben zur Erde geht. Der Perseverance-Rover der Nasa sammelt bereits fleißig Marsgesteins- und Staubproben ein. Mit der Mars Sample Return Mission sollen sie zurück zur Erde gebracht werden. Doch wann genau, ist ungewiss. 

Die Sammlung der Marsproben hat schon begonnen

Irgendwann also sollen die Proben von einem anderen Landefahrzeug auf dem Mars eingesammelt und in den Weltraum geschossen werden. Dort soll sie eine Raumsonde in Empfang nehmen und zur Erde schicken. Mars-Sample-Return wird dieser Vorgang genannt, Marsproben-Rückführung. Dafür hat die westliche Welt bereits verschiedene Konzepte ausgearbeitet.

Welches wirklich zum Einsatz kommen soll? Oder ob es eine ganz neue Idee geben wird? Darüber soll eine neugegründete Arbeitsgruppe unter der Leitung der Nasa entscheiden. Das Team besteht aus 16 Forschenden aus den USA, Japan, Kanada und Europa – darunter auch zwei Wissenschaftler, die in Deutschland tätig sind: Audrey Bouvier vom bayerischen Geoinstitut der Universität Bayreuth und Ernst Hauber vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR.  

Künstlerische Darstellung einer Idee, wie eine kleine Rakete mit Gesteins- und Bodenproben von der Marsoberfläche starten könnte. Damit wäre ein zentraler Schritt der Probenrückführung zur Erde geschafft. Bildrechte: NASA/JPL-Caltech

Eines ist bereits jetzt klar: Der Transport von Marsproben zur Erde wird dieses Jahrzehnt nicht mehr erfolgen. Auch wenn dies ursprünglich der Plan war (frühestens 2026 hieß es bei der Nasa). Bisher konnten mit der Hilfe von Raumfahrtmissionen nur Proben vom Mond (wie bei den Apollo-Mondmissionen der Nasa) oder beispielsweise vom Asteroiden Ryugu (während der japanischen Hayabusa-2-Mission) zur Erde gebracht werden. 

Die Rakete für den Rückflug gibt es noch nicht

Laut Michael Meyer, dem leitenden Wissenschaftler des Mars-Exploration-Programms der Nasa, ist die Aufgabe des neuen Forschungsteams die "Festlegung der Prozesse für die Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit den Proben und der Gestaltung der Verfahren". Mit anderen Worten: Es gibt noch jede Menge Klärungsbedarf.

Da ist zum einen die Technik, die dafür sorgen soll, dass die Proben auch in den Weltraum gelangen. Da bei einer Landung auf der Marsoberfläche viel schiefgehen kann, haben sich die Verantwortlichen bei der Nasa für eine Doppel-Lander-Architektur entschieden. Zum einen soll das Marsaufstiegsfahrzeug (Mars Ascent Vehicle, kurz: MAV) der Nasa auf der Marsoberfläche landen, um später die Proben in den Orbit zu bringen. Um die Proben einzusammeln und zum MAV zu bringen, soll der europäische Probenentnahme-Rover (Sample Fetch Rover, kurz: SFR) zum Einsatz kommen. Dieser soll mit einem zweiten Landefahrzeug auf der Marsoberfläche landen.

Und dann ist da noch das Raumfahrzeug, das die Proben zurück zur Erde bringen soll. 2027 könnte die Nasa gemeinsam mit der europäischen Raumfahrtagentur Esa und ihrem Earth Return Orbiter (engl. Erdrückkehrer, kurz ERO) zum Mars aufbrechen.

Durch die Entwicklung eines zweiten Landers wird sich deren Launch laut Nasa auf 2028 verschieben. Der Flug bis zum roten Planeten kann bis zu zwei Jahre dauern – abhängig vom Abstand zwischen Erde und dem roten Planeten. Im Jahr 2028 befinden sich beide Planeten zwischen circa 200 Millionen und 250 Millionen Kilometer voneinander entfernt.

Der Probenbehälter wird nicht vor 2031 in den Weltraum geschossen, wo ihn der Earth Return Orbiter der Esa einsammeln soll. Die Gesteinsproben können daher laut der US-Raumfahrtbehörde frühestens 2033 die Erde erreichen.

China legt den Turbogang ein

China will dagegen schneller vorgehen. Dass es die chinesische Regierung mit ihren Weltraumprojekten ernst meint, konnte man bereits bei der Chang’e 5 Mondmission im Dezember 2020 sehen. Innerhalb von wenigen Wochen wurde ein Landefahrzeug zum Mond geschickt, hat Gesteinsproben gefördert und sie in die nahe Mondumlaufbahn geschossen. Anschließend wurde die versiegelte Probe von einer Raumsonde eingesammelt und zur Erde gebracht. 

Ende 2028 will die CNSA mit der Tianwen-3-Mission zum roten Planeten aufbrechen. Die Mission soll aus einem Landemodul und einem Aufstiegsfahrzeug sowie einem Orbiter und einem Rückkehrmodul bestehen. Im September 2029 könnte das Landemodul gemeinsam mit dem Aufstiegsfahrzeug auf dem roten Planeten landen. Zu den Probeentnahme-Techniken sollen Oberflächenproben, Bohrungen und mobile intelligente Probenahmen gehören. Letzteres könnte möglicherweise mithilfe eines vierbeinigen Roboters geschehen.  

Das Aufstiegsfahrzeug soll aus zwei Stufen bestehen. Mit einer Geschwindigkeit von 4,5 Kilometern pro Sekunde sollen die Proben in die nahe Marsumlaufbahn geschossen und von dem chinesischen Orbiter eingesammelt werden. Ende Oktober 2030 soll dieser die Marsumlaufbahn verlassen und im Juli 2031 sollen die Gesteins- und Staubprobe die Erde erreichen – zwei Jahre vor Nasa und Esa. Am Abstand zwischen den Planeten wird die schnellere Rückführung der Proben wohl nicht liegen, denn dieser unterscheidet sich kaum zur Timeline der Nasa. Chinas Missionsaufbau scheint allerdings weniger komplex als die westliche Mission. 

Vergrabene Eisablagerungen in der südlichen Polarregion des Mars, in der Nähe von Ulyxis Rupes bei etwa 72°S/162°E. Das Bild wurde von Mars Express am 15. Januar 2011 mit der High Resolution Stereo Camera aufgenommen. Süden ist links, Norden ist rechts. Bildrechte: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum)

Die Vormachtstellung im Weltraum: China vs. USA 

Bereits beim Rennen zum Mond hinkten die USA der damaligen Sowjetunion hinterher. Der erste Mensch auf der Mondoberfläche war dennoch ein Amerikaner. Doch Chinas Einfluss in der Weltwirtschaft, Forschung und auch im Weltraum nimmt immer weiter zu. Das Rennen um die erste Mars Sample Return-Mission wird der Westen möglicherweise verlieren.

Wie sieht es mit dem neuen Wettlauf zum Mond und der Kolonisierung des Mars aus? Wer wird dann die Vormachtstellung in unserem Sonnensystem haben?

Eine fiktive Darstellung vom Mars mit einem Astronauten. Bildrechte: IMAGO / Cover-Images

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