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Sars-CoV-2 heftet sich mit seinem Spikeprotein an die menschlichen Zellen. (Künstlerische Darstellung) Bildrechte: imago images/Science Photo Library

Sars-CoV-2 und BetacoronavirenResistenter Impfstoff gegen Coronavarianten: Multi-Impfung erfolgreich in Tieren

12. Juli 2022, 09:51 Uhr

Ein neuer Versuchsimpfstoff aus den USA kombiniert Erkennungsmerkmale von Sars-CoV-2 und sieben weiteren Coronaviren. Geimpfte Versuchstiere entwickelten Antikörper, die sie vor allen bekannten Virusvarianten schützten.

von Clemens Haug

Impfstoffhersteller und Zulassungsbehörden diskutieren aktuell, wie Coronaimpfstoffe so weiterentwickelt werden können, dass sie robuster werden gegen mögliche Mutationen von Sars-CoV-2. Dabei zeichnet sich bereits ab, dass Booster-Impfstoffe gegen die Omikronvariante bivalent werden. Das bedeutet, sie beinhalten nicht nur das Antigen (also Erkennungsmerkmal) einer Virusvariante, sondern zwei Antigene von zwei verschiedenen Varianten (voraussichtlich ein Antigen einer Untervariante von Omikron sowie eines des Ursprungsvirus aus Wuhan).

Eine neue Arbeit eines Teams vom California Institute of Technology (Caltech) zeigt jetzt, dass dieser Ansatz der Kombination verschiedener Antigene erfolgversprechend sein kann, besonders, wenn möglichst viele verschiedene solcher Erkennungsmerkmale verwendet werden. Die Forschenden um Bioingenieurin Pamela Bjorkman haben einen Impfstoffkandidaten entwickelt, bei dem Teile der Spikeproteine von insgesamt acht verschiedenen Coronaviren, darunter auch Sars-CoV-2, auf einer Struktur aus Proteinnanopartikeln angeordnet wurden.

Geimpfte Versuchsmäuse und Affen entwickelten anschließend Antikörper, die sich nicht nur gegen die Merkmale der verwendeten Viren richteten, sondern auch wirksam waren gegen alle möglichen anderen verwandten Viren und Virusvarianten.

Neue Coronavarianten ausschalten - Immunantwort gegen konservierte Virusbereiche richten

Die zugrundeliegende Impfstofftechnologie wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford entwickelt. Es handelt sich um eine winzige, käfigartige Struktur aus Nanopartikeln, die verschiedene Bindungsstellen an der Oberfläche besitzt. Diese Stellen besetzten die Forscher in einem Fall mit den sogenannten Rezeptorbindungsdomänen von insgesamt acht Betacoronaviren, also der Virenfamilie, zu der auch Sars-CoV-2 gehört. Das Pandemievirus war auch Teil dieses Impfstoffs, der den Namen Mosaic-8 trägt.

Laut den Studienautoren sei die Grundidee, dass ein Impfstoff mit vielen verschiedenen verwandten Viren das Immunsystem dazu bringe, seine Antwort auf solche Bereiche der Virusstruktur abzustimmen, die alle Versionen miteinander teilen. Der Fachbegriff dafür lautet "konservierte Strukturen". Solche konservierten Strukturen gibt es, da einige Bereiche des Virus zentral für seine Stabilität sind und kaum verändert werden können. Lernt das Immunsystem, sich dagegen zu wehren, könne es möglicherweise auch alle anderen verwandten Viren und Varianten ausschalten, so die Hoffnung der Forscher.

Zum Vergleich schufen die Forscher eine Version des Impfstoffs, die nur Strukturen eines Virustyps enthielt. Dann führte das Team eine Reihe von Experimenten durch, bei denen Versuchstiere erst geimpft und dann lebenden Coronaviren ausgesetzt wurden.

Mosaic-8 enthält jeweils acht Proteine von acht verschiedenen Coronaviren, die an das Trägermolekül angeheftet wurden. Bei den Tests zeigte sich, dass der Impfstoff sogar Immunität gegen Viren auslöste, die nicht im Impfstoff enthalten waren. Bildrechte: Courtesy of Wellcome Leap, Caltech, and Merkin Institute

Keine Immunflucht: Mit Mosaic-8 geimpfte Mäuse wehrten fremde Coronaviren unbeschadet ab

Das Team nutzte genetisch veränderte Mäuse, die das menschliche ACE-2 Molekül besitzen, über das Corona Menschen infiziert. Diese Tiere teilten sie in drei Gruppen ein. Eine erste Gruppe erhielt lediglich den Nanopartikel-Impfstoff, aber ohne jeden Virusbestandteil. Die zweite Gruppe von Tieren erhielt einen Impfstoff, der nur ein Antigen enthielt, die dritte Gruppe den Mosaic-8-Kandidaten mit allen acht Antigenen. Anschließend wurden die Tiere mit dem Sars-Coronavirus-1 infiziert, also dem Virus, das die erste Sars-Pandemie in den Jahren 2002 und 2003 ausgelöst hatte. Die Antigene dieses Virus waren aber nicht in dem Achtfach-Impfstoff enthalten.

Wie von den Forschenden erwartet, starben die Mäuse, die lediglich die Nanopartikel-Struktur ohne Virusantigene erhalten hatten, nach der Infektion mit dem Virus. Mäuse, die nur mit dem Sars-CoV-2 Antigen geimpft worden waren, waren zwar gegen dieses Virus geschützt, starben aber nach einer Konfrontation mit Sars-1. Die Mäuse, die Mosaic-8 bekommen hatten, konnten das Virus allerdings abwehren und zwar ohne dabei an Gewicht zu verlieren oder andere schwere Schäden zu entwickeln.

Geimpfte Affen überstehen Covid-19 symptomlos - klinische Versuche mit Menschen geplant

Daraufhin wiederholten die Wissenschaftler die Versuche mit Versuchsaffen. Hier testeten sie aber lediglich Mosaic-8 im Vergleich mit dem Impfstoff ohne Virusantigene. Bei den geimpften Tieren konnten nach einer Konfrontation mit Sars-CoV-2 und Sars-Cov-1 so gut wie keine Symptome von Infektionen festgestellt werden. Bei einer Reihe von Laborversuchen zeigte sich auch, dass sowohl die von Mäusen als auch Affen entwickelten Antikörper gegen viele verschiedene Coronaviren und Virusvarianten von Sars-CoV-2 wirksam waren, darunter auch verschiedene Unterlinien von Omikron.

In einem nächsten Schritt wollen Pamela Bjorkman und ihre Kollegen den Kandidaten nun in klinischen Versuchen mit menschlichen Teilnehmern testen. Dazu soll Mosaic-8 als Booster-Impfung eingesetzt werden, da die meisten Menschen inzwischen bereits mindestens einmal gegen Covid-19 geimpft sind.

Multivalente Impfstoffe: Wirksam gegen alle Coronavarianten?

Multivalente Impfstoffe gelten als Hoffnung im Kampf gegen immer neue Varianten des Coronavirus. Neben Bjrokman arbeiten in den USA auch verschiedene andere Gruppen an vergleichbaren Ansätzen, unter anderem das von der US-Armee finanzierte Walter Reed Institute.

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