Tag des Biomülls am 26. MaiWe love Kompost: Eine Hommage an den Biomüll
Biotonne. Klingt nicht gerade sexy. Aber eigentlich ist Biomüll eine wichtige Ressource und die braune (oder schwarze, manchmal auch grüne) Tonne eine wichtige Helferin im Kampf gegen die Klimakrise.
Sie ist gewissermaßen der Underdog unter den Abfallbehältnissen. Im Sommer gärt sie vor sich hin, zieht Maden oder Fliegen an und kann im schlimmsten Fall einen ganzen Hinterhof mit ihrem Gestank verpesten: Die Biomülltonne. So richtig beliebt ist die braune Tonne nicht. In Deutschland landen nach Angaben des Nabu jährlich etwa vier Millionen Tonnen Bioabfälle in der Restmülltonne – und somit in der Müllverbrennung. Korrekt entsorgt wurden 2021 5,6 Millionen Tonnen Biomüll, also nur geringfügig mehr.
Dabei ist die Biotonne eine wertvolle Stellschraube für den Umwelt- und Klimaschutz. Zum heutigen Tag des Biomülls hier einige ungeahnte Qualitäten der braunen Tonne – kompakt zusammengefasst.
🍃 Klimavorteil dank Kaskadennnutzung
Bioabfall ist nur dem Namen nach Abfall. Eigentlich ist er immer noch ein energiereicher Wertstoff. Wird er zentral gesammelt und in einer Vergärungsanlage verarbeitet, entsteht dabei Biogas. Dieses Gas wird in aufbereiteter Form in Blockheizkraftwerken verbrannt und dabei entsteht wiederum Strom. Die Firma GAB Umwelt gibt an, mit einer Vergärungsanlage und zwei Blockheizkraftwerken immerhin 4,7 Millionen kWh im Jahresdurchschnitt zu produzieren. Das entspricht dem Stromverbrauch von 1.200 Haushalten – alleine durch Biomüll, wohlgemerkt. Bei der Verbrennung von Biogas entsteht natürlich auch wieder CO2, allerdings ist es immerhin nur das CO2 aus den Bestandteilen des Biomülls, das in ihnen kurzfristig gebunden war und wieder freigesetzt wird. Im Gegensatz zu CO2 aus fossilen Quellen, das bereits Jahrmillionen tief unter der Erde lagerte, ist das womöglich ein geringeres Übel.
Wie eine Vergärungsanlage aussieht, können Sie hier sehen.
Allerdings ist die Stromerzeugung via Vergärung nur der erste Schritt der sogenannten Kaskadennutzung unseres Biomülls. Im nächsten Schritt werden die Biomüllreste, die in der Vergärungsanlage übrig geblieben sind, in eine Kompostierungsanlage gebracht. Dort werden sie zersetzt und es entsteht Kompost, manchmal auch Flüssiggäreste, die als landwirtschaftlicher Dünger zum Einsatz kommen.
💖 Amore für die Moore
Kompost ist ein extrem nährstoffreicher Dünger. Dieser Dünger kommt beispielsweise in torffreier Blumenerde zum Einsatz und liefert Nährstoffe für Pflanzen. Weil Kompost verwendet wird, kann der konventionell genutzte Torf im Boden bleiben – oder genauer: im Moor.
Was aus Umweltperspektive ein großer Vorteil ist, denn: um den Torf abzubauen und zu nutzen, muss ein Moor erst einmal trockengelegt werden. Dabei kommt mehr Luft in die oberen Bodenschichten des Moores – was fatale Auswirkungen hat: Durch die Belüftung werden Abbauprozesse in Gang gesetzt, die den Boden verändern und das Ökosystem Moor vernichten. Ganz zu schweigen davon, dass trockengelegte Moore echte Klimakiller sind. Trockengelegte Moore sind in Deutschland für 37 Prozent der CO2-Emissionen der Landwirtschaft verantwortlich. Das entspricht 24 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Dabei geht es nun nicht ausschließlich um Blumenerde, sondern auch um die Nutzung der trockengelegten Moore als Agrarflächen, aber wer im Laden Blumenerde kauft, sollte auf die Bezeichnung "torffrei" achten – oder natürlich selbst einen Kompost im Garten betreiben, umsetzen, sieben, zack – feinster Dünger für die Blumen.
🚨 FEHLWÜRFE
Falsch in die Biotonne eingeworfene Abfälle werden auch als Fehlwürfe bezeichnet. Das sind dann beispielsweise Fremdstoffe wie Kunststoffe, Glas, Metalle und andere Materialien, die biologisch nicht abgebaut werden können. Bei der weiteren Verwertung des Komposts müssen diese Stoffe aussortiert werde, was aufwändig ist. Und: es gelingt niemals vollständig. Was ein Problem ist, denn wenn beispielsweise die Kompost-Reste aus einer Vergäranlage zur Düngung auf einem Acker ausgebracht werden – dann dürfen keine Plastik- oder Glassplitter darin sein. Laut der Bundesgütegemeinschaft Kompost müssen bereits 97 Prozent des Biomülls aussortiert werden, wenn nur 1 Prozent Fehlwürfe enthalten sind.
Wichtig dabei: Plastiktüten sollten auf keinen Fall mit in die Biotonne geworfen werden. Das gilt auch für vermeintlich kompostierbare Bio-Plastik-Tüten. Nicht alle können aktuell in Vergärungsanalagen überhaupt kompostiert werden.
🍌 Biomüll boosten?
Die Menge des getrennt vom restlichen Müll gesammelten Bioabfalls hat sich seit den Neunzigerjahren mehr als verzehnfacht. Es geht also aufwärts mit dem Biomüll. Aber – wie eingangs betont – da ist noch Luft nach oben. Der Nabu geht von einer Anschlussquote der Biotonne von nur 63 Prozent aus, noch längst nicht alle Haushalte verwenden also eine. An sich sind Städte und Kommunen verpflichtet, Biotonnen als freiwillige Möglichkeit der Entsorgung bereitzustellen, aber eine Pflicht, die Biotonne dann auch zu nutzen gab es bis 2023 nur in 285 von 400 Landkreisen. Oft liegt es vermutlich daran, dass die Müllentsorgung via Biotonne für Kommunen nicht gerade billig ist. Andererseits geht diese Menge ja auch von den Restmüllmengen ab, die ohnehin entsorgt werden müssen.
Links/Studien
Lesenswert ist die Datensammlung des Nabu zum Thema: Bioabfallsammlung: mangelhaft. Zu viele Haushalte haben keine Biotonne.
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Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | 22. März 2023 | 11:10 Uhr