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Bislang wurde immer nur regional oder in sehr großen Zeitabständen erfasst, aus welchen Baumarten Deutschlands Wälder hauptsächlich bestehen. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen und künstlicher Intelligenz geht das nun schneller und deutschlandweit. Bildrechte: imago stock&people

Waldinventur aus dem AllSatelliten-gestützte Karte von Deutschlands Baumarten

31. Mai 2022, 10:15 Uhr

Künstliche Intelligenz kann aus Satellitenbildern mit hoher Trefferquote die Baumart bestimmen. Eine privat finanzierte Initiative hat daraus einen Waldmonitor für ganz Deutschland erstellt. Auch die Auswirkungen der Dürrejahre 2018 bis 2020 sind dort zu sehen.

Seit etwa einem Jahr und noch bis Ende 2022 läuft die vierte Bundeswaldinventur. An insgesamt 80.000 Orten wird da vermessen, erfasst, gesammelt und aufgezeichnet. Am Ende werden die Daten auf ganz Deutschland hochgerechnet. Ein großer Aufwand, der nur alle zehn Jahre betrieben wird.

Könnte das nicht irgendwie schneller gehen? Man will ja nicht nur alle zehn Jahre wissen, wie es um den Wald bestellt ist. Die privat finanzierte "Naturwald Akademie", die mit eigener Forschung zu natürlichen und gesunden Wäldern beitragen will, hat nun einen Weg gefunden, der statt auf menschliche Inventur-Trupps auf Satellitenbilder und künstliche Intelligenz setzt. Gemeinsam mit der Firma Remote Sensing Solutions entstand so der erste frei zugängliche interaktive Waldmonitor, der anzeigt, wo welche Baumart vorherrscht. Aufgeschlüsselt wird nach Fichte, Kiefer, Lärche, Douglasie, Buche und Eiche – alle anderen Laubbaumarten werden nicht unterschieden.

Deutlich zu sehen sind die Vorherrschaft der Kiefer (violett) und Fichte (blau) in großen Teilen Deutschlands. Bildrechte: J.Franke, Naturwald Akademie/RSS

Satellitenbilder und maschinelles Lernen

Grundlage dieses Waldmonitors sind frei zugängliche Satellitenbilder der Sentinel-Missionen des europäischen Copernicus-Programms. Mit Hilfe von maschinellem Lernen wurden die großen Satelliten-Datenmengen dann mit Stichprobendaten aus Forstinventuren kombiniert. "Dieses trainierte Datenmodell ermöglichte anschließend die Berechnung der deutschlandweiten Baumartenkarte mit einer Auflösung von 10m pro Pixel", sagt Mitentwickler Dr. Jonas Franke.

Eine rückwirkende Überprüfung der Berechnungen ergab dann zum Beispiel bei der Fichte Genauigkeiten bis 96 Prozent. Bei selteneren Arten wie der Lärche reduziere sich diese Genauigkeit etwas, räumen die Entwickler ein. Mit anderen Worten: Der Waldmonitor ist nicht zu 100 Prozent exakt, aber doch sehr genau. Außerdem laden die Macher Interessierte dazu ein, bei der Validierung zu helfen. Jede Vor-Ort-Information sei hilfreich, um das System zu prüfen und weiterzuentwickeln. Eigene Erkenntnisse könnten demnach zum Beispiel auf waldreport.de eingetragen werden.

Waldsterben 2018 bis 2020

Stürme, lange Dürreperioden und der Borkenkäfer sorgten dafür, dass von 2018 bis 2020 viele deutsche Wälder abgestorben sind.

Im Waldmonitor wird auch das berechnet und optisch dargestellt. Rote Flächen stehen für Biomasseverlust, grüne für -zuwachs. Im Harz ist auf diese Art deutlich zu sehen, wie umfangreich das Waldsterben war. Und wenn man mit Hilfe des Schiebereglers die Karte der Biomasseveränderung mit der Karte der Baumarten vergleicht, sieht man auch, dass es fast nur Fichtengebiete (blau) waren, die extrem viel verloren haben.

Waldzustand Harz Biomasseveränderung (links) und Baumarten (rechts)

Bildrechte: Naturwald Akademie / Remote Sensing Solutions | Naturwald Akademie / Remote Sensing Solutions

Auch im östlichen Teil des Nationalparks Sächsische Schweiz gab es viel Waldsterben, wie man sieht, wenn man im folgenden Bild den Schieberegler ganz nach rechts führt. Und wieder waren es vor allem Fichtenbestände (blau), die durch Dürre und Borkenkäfer dezimiert wurden.

Waldzustand Elbsandsteingebirge Biomasseveränderung (links) und Baumarten (rechts)

Bildrechte: Naturwald Akademie / Remote Sensing Solutions | Naturwald Akademie / Remote Sensing Solutions

Die Entwickler von der Naturwald Akademie hoffen, dass ihre satellitengestützten jährlichen Waldbewertungen eine sinnvolle Ergänzung zu den aufwändigen Bundeswaldinventuren sind, die nur alle zehn Jahre durchgeführt werden. Die Daten könnten Entscheidungsgrundlage für Forstexperten und Regierungsbehörden zur Entwicklung von widerstandsfähigen Wäldern sein, sagt Mitentwickler Dr. Torsten Welle. Der weltweit geforderte Schutz von Naturwäldern und eine an den Klimawandel angepasste Behandlung der Wälder hänge auch von einem deutlich verbesserten Zugang zu Waldinformationen ab.

Waldreichste Bundesländer

Thüringen ist in der Mitte des Bildes zu sehen. Bildrechte: J.Franke, Naturwald Akademie/RSS

Wenn es darum geht, welches Bundesland den größten Anteil an Waldfläche hat, würden wohl viele auf Thüringen tippen, das "grüne Herz Deutschlands". Aber wie auf dem Waldmonitor leicht zu sehen ist, ist nur der südliche Teil des Bundeslandes reich an Wäldern. Im Norden gibt es große Flächen ohne Wald. Und so liegt Thüringen in der Rangliste der Bundesländer mit dem größten Waldanteil sogar nur auf Platz 6. Spitzenreiter ist Rheinland-Pfalz mit mehr als 40 Prozent Waldfläche.

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Link zum Waldmonitor

Interaktiver Waldmonitor von "Naturwald Akademie" und "Remote Sensing Solutions"

(rr)