GesprächWas sind invasive Pflanzen? Botaniker im Interview
Invasive Arten können zur Bedrohung für heimische Pflanzen und Tiere werden. Im Interview erklärt Botaniker Dr. Heiko Korsch, was invasive Arten sind und wie Gärtner dafür sorgen, dass ihre Pflanzen im Garten bleiben.
Herr Korsch, immer wieder hört man von invasiven Arten und Neophyten. Was ist mit diesen Wörtern gemeint?
Neophyten sind Pflanzen, die ursprünglich nicht bei uns heimisch sind. Besonders nach der Entdeckung Amerikas, Ende des 15. Jahrhunderts, gelangten viele neue Pflanzen nach Europa. Die Wissenschaft definiert deshalb alle Pflanzen, die nach 1492 in Europa auftauchten, als Neophyten. Viele davon sehen wir gar nicht mehr als neue Pflanzen. Kartoffeln scheint es ja schon immer zu geben. Aber auch das ist ein Neophyt.
Invasive Arten sind Tiere oder Pflanzen, die bei uns nicht heimisch sind. Sie verdrängen heimische Pflanzen und bereiten dadurch Probleme.
Welche Pflanzen zählen zu den invasiven Arten und warum?
Zu den invasiven Pflanzen gehören Orientalisches Zackenschötchen, Staudenknöterich, Lupine, Drüsiges Springkraut, Riesen-Bärenklau und Kanadische Goldrute. Drüsiges Springkraut breitet sich an Flussufern aus. Andere Pflanzen haben an diesen Stellen kaum eine Chance. Aber das Springkraut ist eine kurzlebige Pflanze. Sie hat keine tiefen Wurzeln. Kommt ein Hochwasser, schwemmt es die Ufer einfach weg. Oder der Riesen-Bärenklau: Er darf nicht mehr verkauft und gepflanzt werden. Wer die Pflanze anfasst, bekommt schmerzhaften Ausschlag.
Im Garten wachsen viele Pflanzen aus allen Ecken der Welt. Müssen Gärtner auf diese Neophyten aufpassen?
Im Garten ist ja normalerweise jemand da, der das Pflanzenwachstum unter Kontrolle hält. Man sollte immer ein Auge auf wuchernde Pflanzen haben. Aber nicht nur der eigene Garten zählt. Das schlimmste, was Gärtner tun können, ist Pflanzen in der Natur zu entsorgen. Auch scheinbar abgestorbene Pflanzen können wieder austreiben oder haben Samen, die keimen. Also bitte: Pflanzen im eigenen Garten kompostieren oder, noch besser, über die Biotonne oder Grünschnittabgabestelle entsorgen! Gefährliche Pflanzen wie Riesen-Bärenklau oder Ambrosia gehören in die Restmülltonne.
Wird es in Zukunft noch mehr invasive Arten geben?
Das kann niemand vorhersehen. Durch klimatische Veränderungen überleben andere Pflanzen. So wachsen an Flussufern Tomaten, weil die Samen in der Kläranlage nicht abgetötet werden. Sie stören aber bisher nicht. Dafür stöhnen manche Landwirte über Sonnenblumen. Die haben die Tendenz, sich auszubreiten, weil sie die milden Winter überleben. Mit welchen Pflanzen es aktuell in welchen Regionen Probleme gibt, kann man in den aktuellen Schriften des Bundesamtes für Naturschutz nachlesen.
Dr. Heiko Korschist Botaniker. Er ist Mitautor der Flora von Thüringen sowie Mitautor der Informationsseite des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz zum Thema invasive Arten.
Mehr Informationen zu invasiven Pflanzen
Quelle: MDR Garten (anz); Dr. Heiko Korsch, Botaniker
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 27. Oktober 2024 | 08:30 Uhr