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Deutschland will sich weiterhin für Sonderregeln für geflüchtete Familien einsetzen. Bildrechte: imago/Eibner Europa

MigrationBundesregierung will bei EU-Asylreform noch nachbessern

09. Juni 2023, 22:24 Uhr

Die Bundesregierung begrüßt die Einigung im EU-Asylstreit. Dennoch gibt es einen Wermutstropfen: Der Kompromiss beinhaltet keine Sonderregeln für Familien mit kleinen Kindern. Dafür wolle man sich aber weiter einsetzen, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Die Bundesregierung hat den EU-Asylkompromiss begrüßt, zugleich aber bedauert, dass sich Deutschland mit seiner Position zu Familien mit minderjährigen Kindern nicht durchsetzen konnte. Es sei ein Wert, dass Europa zu einer gemeinsamen Haltung gefunden habe, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin.

Der Kompromiss sei kein kleiner Schritt gewesen, aber es habe auch manche bittere Pille zu schlucken gegeben, sagte Hebestreit. Die Bundesregierung sei zuversichtlich, dass es im Trilog mit EU-Kommission und Europäischem Parlament noch gelingen werde, eine Verbesserung zu bewerkstelligen. Nachdem sich die Innenminister der EU-Staaten auf eine Reform des Asylverfahrens hatten einigen können, hat es kurz darauf bereits Kritik von mehreren Seiten gegeben.

Streit bei den Grünen, Zufriedenheit bei der Union

In der Grünen-Spitze sorgen die geplanten Lager an den EU-Außengrenzen für offenen Streit. Parteichef Omid Nouripour verteidigte die Einigung als notwendig. Seine Co-Chefin Ricarda Lang erklärte dagegen, Deutschland hätte dem nicht zustimmen dürfen. Die ehemaligen Parteivorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock stehen hinter dem "schmerzhaften" Kompromiss.

Scharfe Kritik kam auch von Flüchtlingshilfeorganisationen und kirchlichen Hilfswerken. Sie sprachen von einem Angriff auf den Schutz der Menschenrechte, besonders mit Blick auf geflüchtete Familien mit Kindern und deren Unterbringung an den EU-Außengrenzen. In großen Flüchtlingslagern wie in Griechenland herrschten unzumutbare Lebensumstände, sagte der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Andrea Lindholz, hat sich zufrieden mit der Einigung auf eine Verschärfung der Asylregeln gezeigt. Sie sei im Grundsatz zu begrüßen, sagte die CSU-Politikerin. Europa brauche mehr Ordnung, Steuerung und Begrenzung in der Asylpolitik. Darüber hinaus forderte Lindholz auch nationale Maßnahmen, da die auf EU-Ebene frühestens im kommenden Jahr umgesetzt werden könnten.

Zustimmung für Kompromiss aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Die mitteldeutschen Länder haben den EU-Asylkompromiss begrüßt. Sachsens Innenminister Armin Schuster sagte dem MDR, er hoffe vor allem auf einen funktionierenden Verteilmechanismus. Wenn sich nicht zu viele Länder freikauften, werde das die Situation in Deutschland entlasten. Daran sei man bisher immer gescheitert.

Der Thüringer Innenminister Georg Maier sprach von einem historischen Schritt. Nach vielen Jahren sei es gelungen, die europäische Zusammenarbeit beim Thema Asyl auf neue Beine zu stellen. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff äußerte sich zustimmend. Allerdings schränkte er ein, es sei noch Vieles im Ungefähren. So müssten Bundestag und Bundesrat jetzt konkret entscheiden, welche Länder relativ sichere Herkunftsstaaten seien.

Reaktionen in anderen EU-Staaten auch gespalten

Polens nationalkonservativer Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte, solange die PiS-Partei in Polen an der Macht sei, lasse man sich keine Migrationsquoten auferlegen. Auch Ungarn zeigte sich wenig zufrieden mit dem Ergebnis. Der ungarische Staatssekretär Bence Retvari sprach von Machtmissbrauch der EU. Der Kompromiss sei "inakzeptabel", da die EU "mit Gewalt" Flüchtlinge verteilen wolle, sagte Regierungschef Viktor Orban.

Italien hingegen zeigte sich zufrieden mit der Einigung. Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi sagte am späten Donnerstagabend der Zeitung "Corriere della Sera", es sei seinem Land gelungen, seine Position zu halten sowie einen "Konsens zu allen seinen Vorschlägen" zu erzielen. Italien könnte vor allem von der Solidaritätspflicht profitieren, wonach Länder an den EU-Außengrenzen bei der Flüchtlingsaufnahme entlastet werden sollen.

MDR, AFP, dpa, KNA (amu,rnm)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 09. Juni 2023 | 15:00 Uhr