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Plastik aus HolzBio-Raffinerie in Leuna: Branche fernab vom Holzweg

06. März 2023, 09:39 Uhr

Holz ist der Rohstoff, auf den eine Bio-Raffinerie setzt, die derzeit in Leuna entsteht. Vor allem Buchen, die als Baumaterial nicht genutzt werden können, sollen verarbeitet werden. In der Raffinerie soll außerdem geforscht werden. Dafür gibt es auf dem Gelände Labore und Chemiker.

Holz, soweit das Auge reicht: Doch liegen diese Stämme nicht etwa auf dem Lagerplatz eines Sägewerkes. Sie liegen vielmehr in Leuna und sind das Erdöl von morgen. Denn auch sie tragen in ihrem Inneren Kohlenstoffverbindungen. Die müssen eben nur aus all den Stämmen herausgeholt werden. Dazu baut gegenwärtig das finnische Unternehmen UPM in Leuna eine forstbasierte Bio-Raffinerie im Industriemaßstab, die weltweit erste ihrer Art.

Rohstoff Buche: Raffinerie nutzt Holz aus zweiter und dritter Wahl

Vor allem die Buche scheint den Holzspezialisten aus dem Norden bestens geeignet zur chemischen Umwandlung. Das aber müsse nicht die erste Wahl sein, weiß der gebürtige Thüringer Martin Ledwon, bei UPM zuständig für Nachhaltigkeit. Solches Holz falle unter anderem bei der forstlichen Arbeit an und kein Wald müsse dafür extra abgeholzt werden.

Der aktuelle Bestand auf dem UPM-Lager stammt aus Mitteldeutschland und soll auch künftig hauptsächlich aus den Wäldern hierzulande kommen: "Man sieht es an den Durchmessern der Stämme, an den Asteinschlüssen oder Verwachsungen, dieses Holz ist kaum für andere Verwertungen geeignet. Bislang wurde es größtenteils verbrannt. Andererseits spielt die Buche beim anstehenden Waldumbau eine große Rolle, die Bestände werden also deutlich wachsen."

Rund 500.000 Festmeter des gewachsenen Rohstoffs will UPM jährlich verarbeiten. Nach Angaben des Unternehmens fallen allein in Deutschland rund neun Millionen Festmeter verwertbarer Buchen-Reste an.

Bio-Raffinerie noch im Aufbau

Noch aber liegt das Holz auf Halde, noch ist die Bio-Raffinerie des finnischen Unternehmens UPM nicht errichtet. Aber gut 800 Bauarbeiter wirken derzeit an der größten Chemie-Investitionen der Gegenwart. UPM investiert immerhin 750 Millionen Euro in diese Anlagen.

Es ist wohl kein Zufall, dass all die Holzaufbereiter, Transportbänder, Reaktoren, Kolonnen und Cracker ausgerechnet in Leuna agieren sollen. Der Standort punktet mit Infrastruktur und Rohstoffnähe. Vor allem werde aber der Strukturwandel in der Chemie hier spürbar mit ihrer Abkehr vom Erdöl. In der Nachbarschaft wächst schon ein Wasserstoff-Zentrum, argumentiert das Land Sachsen-Anhalt und unterstützt diese für die Region so wichtige Ansiedlung.

Plastik, Polyester und Waschmittel sollen aus Holz entstehen

Und während sich auf dem großen Areal inmitten des Chemie-Standorts die Kräne noch unaufhörlich drehen und LKW-Kolonnen Baumaterial heranfahren, wird in einem Container-Komplex am Rande bereits intensiv gearbeitet. Denn ohne Forschung vor Ort ist so ein Wandel nicht denkbar.

Schließlich sollen aus dem Holz einmal PET Flaschen, Polyesterfasern, Waschmittel oder gar Parfüm entstehen. Dazu muss aber der natürliche Traubenzucker aus dem Holz extrahiert und in verschiedene Ausgangsprodukte verwandelt werden. Aber auch für das Lignin, das bei diesen Prozessen ebenso anfällt, finden sich zunehmend Interessenten. Beispielsweise in der Reifenindustrie, die schon lange nach einem Ersatz für den bisher verwendeten Kohleruß sucht.

Rückkehrer arbeiten im Labor

All das erforscht Konrad Gebauer. Der Laborchef hat vor anderthalb Jahren seine Chancen genutzt und bei UPM angeheuert. Er habe "vor längerer Zeit" in Leipzig Chemie studiert, in Nordrhein-Westfalen promoviert und schließlich lange Jahre im österreichischen Linz gearbeitet.

"Als sich die Chance eröffnete, in die alte Heimat zurückkehren zu können, hab' ich sofort zugegriffen. Hier kann ich endlich auch das machen, was mich an der Chemie vor allem begeistert: Forschung und Entwicklung."

In diesen Labors will die Biochemie-Sparte von UPM ihre Forschungsleistungen zum Thema Holz-Raffinerie konzentrieren. Gute Aussichten für das Entwicklerteam, dem jetzt schon 20 Mitstreiter angehören. Viele kommen aus der näheren Umgebung oder sind – wie der Chef – Rückkehrer.

In gut einem Jahr soll die Raffinerie dann an den Start gehen und damit die Chemie ordentlich in Bewegung bringen. Damit könnte sich für diese Branche der eingeschlagene Holzweg tatsächlich lohnen.

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MDR (Theo M. Lies, Julia Heundorf)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 01. März 2023 | 19:00 Uhr

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