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Gegen den Baumverlust"Otto pflanzt": Wie eine Initiative 242.000 Bäume für Magdeburg pflanzen will

27. Mai 2023, 08:00 Uhr

Mehr als 70.000 Bäume hat Magdeburg in den letzten Jahren verloren. In Anbetracht des Klimawandels eine gefährliche Entwicklung. Die Initiative "Otto pflanzt" kämpft gegen den Trend an. Ihr Ziel: Alte Bäume schützen und 242.000 neue pflanzen. Dabei setzt sie auf Bildungsarbeit, politische Impulse und die Bürgerinnen und Bürger.

Hitzerekorde, Wasserentnahmeverbote, Waldbrandgefahr: Die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind auch in Magdeburg längst zu spüren. In Zeiten wie diesen sind Stadtbäume besonders wichtig, erklärt der Urbanistikforscher Frank Eckardt. Demnach würden Bäume dabei helfen, Temperaturen zu senken, Wasser zu speichern, die Luft zu reinigen und CO2 zu speichern. Zudem seien sie wichtig für Vögel und Insekten und hätten stressreduzierende Wirkungen auf Menschen.

Doch Magdeburg, einst zweitgrünste Stadt Deutschlands, hat seit 2011 über 70.000 Bäume verloren. Viele fielen dem Extremwetter, dem Asiatischen Laubholzbockkäfer und Bauprojekten zum Opfer. Von 612.000 Bäumen im Jahr 2011 standen im Jahr 2019 nur noch 541.000. Die Stadt hat mit Projekten wie "Otto bäumt sich auf", "Mein Baum für Magdeburg" und der "Baumoffensive" zwar ungefähr 5.000 neue Bäume gepflanzt, ist damit aber weit davon entfernt, die fortlaufenden Verluste auszugleichen. Das hat negative Konsequenzen auf das Stadtklima.

"Otto pflanzt" soll mehr neue Bäume bringen

Steffen Tilsch und Felix Bosdorf wollten diese Entwicklung nicht hinnehmen. Die beiden Magdeburger gründeten im Dezember 2019 die Initiative "Otto pflanzt". Ihr Ziel war von Anfang an: 242.000 Bäume für Magdeburg pflanzen. Das würde einen Baum je Einwohner der Stadt bedeuten.

Felix Bosdorf erklärt: "Wir wollen aktiv etwas tun. Und wir können die Welt nicht retten. Das ist uns bewusst. Aber wenn jeder etwas tut, dann ist schon viel getan. Wenn wir es schaffen, Magdeburg grüner zu machen, dann ist das eine großartige Sache."

Wir können die Welt nicht retten. Das ist uns bewusst. Aber wenn jeder etwas tut, dann ist schon viel getan.

Felix Bosdorf, Otto pflanzt

Sie fingen an, Spenden zu sammeln, geeignete Grundstücke zur Bepflanzung zu suchen und sogenannte "Pflanzpartys" zu organisieren, bei denen sie gemeinsam mit Freiwilligen Bäume und Sträucher pflanzten. Dabei setzen sie vor allem auf heimische Bäume und Sträucher, die mit den jeweiligen Standortbedingungen gut zurechtkommen können. Die Pflanzpartys werden von einem professionellen Gärtner begleitet, der die richtigen Bäume auswählt und den Freiwilligen mit seiner Expertise zur Seite steht.

Kostengünstige Pflanzungen mit kleinen Pflanzen

Die kleinen Bäume hätten den Vorteil, dass sie sehr günstig gepflanzt werden könnten. Für ungefähr 4 Euro könnte ein Baum gepflanzt und für die erste Zeit versorgt werden, erzählt Bosdorf.

Das ist deutlich unter den Kosten der Stadt, die für die Pflanzung von 6.000 Bäumen mit der Aktion "Otto bäumt sich auf" 9.100.000 Euro Finanzbedarf ermittelt hat. Je nach Standort und Baum rechnet die Stadt mit 800 bis 2.400 Euro pro Baum. Allerdings pflanzt die Stadt deutlich größere Bäume und rechnet mit hohen Kosten für die Vorbereitung der Flächen und für die Versorgung.

Grundstücksbesitzer sollen selbst gießen

Die Versorgung der Bäume ist ein entscheidender Faktor. Denn nach dem Pflanzen fängt laut Bosdorf die eigentliche Arbeit erst an. Gerade in den trockenen Sommern müssten die frisch gepflanzten Bäume noch ein paar Jahre unterstützt werden, bis sie gut selbstständig überleben könnten.

Das Konzept von "Otto pflanzt" sieht vor, dass die Grundstückseigentümer diese Baumpflege übernehmen. "Wir pflanzen ihnen kostenlos die Bäume auf ihr Grundstück. Sie verpflichten sich dann dafür, sich um die Bäume zu kümmern und sie zu bewässern", erklärt Bosdorf. Dazu verteilen die Freiwilligen seit neuem auch Holzhackschnitzel an den Bäumen, die Wasser speichern und an die Bäume abgeben sollen.

Auf diese Weise seien seit Anfang 2020 bereits 15.000 neue Bäume in Magdeburg gepflanzt worden. Die Unterstützung und die Spendenbereitschaft sei groß. Schwieriger sei es, geeignete Grundstücke zu finden. "Wir hoffen, dass wir noch viele Menschen von der Idee überzeugen können", sagt Bosdorf.

Politik, Bildung, Bürger: Alle sollen einbezogen werden

Neben den Pflanzungen betreibt die Initiative politische Arbeit und Bildungsarbeit. So engagiert "Otto pflanzt" sich etwa beim Gießen von Stadtbäumen mit der Initiative "Edita schützt", organisiert Projekte und Pflanzungen an Schulen, und beteiligt sich am "Runden Tisch Magdegrün". Einige Baumfällungen seien so schon verhindert oder zumindest vorher ausführlich diskutiert worden, erzählt Bosdorf.

Außerdem versucht "Otto pflanzt", die Bevölkerung in das Engagement für eine grünere Stadt einzubeziehen. "Es müssen alle mitmachen, um gemeinsam diese Stadt grüner und schöner zu gestalten", sagt Bosdorf. Es sei dabei entscheidend, dass die Menschen ein Bewusstsein für die Bedeutung einer grünen Stadt entwickelten. Und dafür, dass sie gemeinsam etwas erreiche könnten.

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MDR (Leonard Schubert)

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