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Am Bornaer Markt gibt es einige Gebäude, die bereits saniert wurden. Bei anderen besteht noch Nachholbedarf. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Initiative gegen SchrottimmobilienHot statt 46 Mal Schrott: Wie Borna sein Stadtbild aufhübschen will

23. Februar 2024, 05:00 Uhr

Kuchenapotheke, Brikettfabrik, Holzmühle: In Borna und seinen sieben Ortsteilen stehen Dutzende sogenannte Schrottimmobilien. Einige von ihnen sind in den letzten Jahren bereits saniert worden. Den restlichen Gebäuden will die Stadt jetzt an die maroden Mauern. Das Ziel: Borna wieder ansehnlicher und geschäftiger zu machen. MDR SACHSEN war mit dem Oberbürgermeister Oliver Urban unterwegs.

Im Bornaer Rathaus am Markt hat Oberbürgermeister Oliver Urban (SPD) einen Stadtplan und eine Liste ausgebreitet. Darauf sind die 46 Gebäude markiert, die ihm ein Dorn im Auge sind: "Wir besichtigen heute die problematischen Immobilien oder die Schrottimmobilien der Stadt", kündigt er an. Mit unterschiedlich hoher Priorität sind diese dort aufgelistet, doch Urban kann beruhigen: "Von keinem der leerstehenden Gebäude geht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus".

Allerdings stehen fünf der verwahrlosten Immobilien allein in der Bahnhofstraße - der zentralen Wohn- und Einkaufsstraße der Großen Kreisstadt. Zwischen Bäckerei, Döner-Geschäft und anderen kleineren Läden sind sie auf beiden Seiten der Straße zu finden, teilweise mit vernagelten Fenstern. "Seit 2017 verwahrlosen die vor sich hin", erzählt Urban, der vor seinem Amtsantritt im August 2022 in Borna tätiger Jurist und langgedientes Stadtratmitglied gewesen ist, resigniert.

Ein ehemaliger Eigentümer in der Bahnhofstraße ist nach Spanien ausgewandert und hat seine Häuser vorher an einen Mann aus Berlin verkauft. In einem der Gebäude gebe es laut Urban seit einem Monat einen An- und Verkauf. Ansonsten habe Urban die Hoffnung, dass die Stadt nach zehn Jahren - also 2027 - die Gebäude selbst kaufen könnte.

Hoffnung für die Kuchenapotheke

Die nächste Station ist das 1840 erbaute Gebäude in der vom Markt abgehenden Reichsstraße - eine Fußgängerzone, die auch "Boulevard" genannt wird. "Ursprünglich war hier einmal eine Apotheke drin. Davon zeugt noch der Engel über der Tür. Es war die Engel-Apotheke. Zu DDR-Zeiten dann wurde Kuchen an die vielen Bergbauarbeiter verkauft. Seit 1991 steht das Gebäude leer", berichtet Urban.

Wegen der Geschichte werde es von den Bornaern auch "Kuchenapotheke" genannt. Hier habe die Stadt nur einige Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, aber laut Urban sei man in engem Austausch mit dem Eigentümer. "Ich bin optimistisch, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren wirklich etwas passiert", so der Oberbürgermeister im Gespräch mit MDR SACHSEN.

Die sogenannte Kuchenapotheke in der Reichsstraße steht schon über 30 Jahre leer. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Alte Holzmühle wird Hingucker-Wohnhaus

Die dritte Station im Stadtkern ist die ehemalige Holzmühle an der Sachsenallee. Die ist für Oliver Urban eine Erfolgsgeschichte. Von 2019 an hat eine Immobilienfirma das denkmalgeschützte Gebäude saniert und renoviert. Über Jahrhunderte als Mühle genutzt, diente das Haus seit dem vergangenen Jahrhundert als Wohnhaus - und wird nach Angaben der Firma seit 2022 auch wieder zum Wohnen genutzt.

Die Alte Holzmühle (Haus ganz rechts) und die beiden angrenzenden Häuser sind zwischen 2019 und 2022 aufwendig saniert worden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Neukirchen: Brikettfabrik, Diskotempel und nun Müllhalde

Die ehemalige Brikettfabrik im Ortsteil Neukirchen ist eines von Urbans Sorgenkindern, wie er auf dem Weg zurück zum Rathaus berichtet. "Die ganzen schönen Nutzungen von Pferdesportbedarf, Fitnessstudio, Milleniumsbar und Diskothek sind alle weg. Die Immobilie steht seit vielen Jahren leer und dient mittlerweile als Müllhalde. Der Eigentümer wohnt in Bayern und will eine Nutzung haben, aber es ist schwer."

Das 1887 errichtete Gebäude ist in den 1990er-Jahren dem Abriss entgangen und für einen Millionenbetrag als Kultur- und Gewerbezentrum saniert worden. Angesiedelt hatte sich unter anderem die damals überregional bekannte Großraumdisko "Cult".

Mittlerweile habe die Stadtverwaltung Borna, so berichtet Oberbürgermeister Urban, alle Eigentümer der 46 Problem-Gebäude kontaktiert und Möglichkeiten aufgezeigt, neue Eigentümer oder Nutzer zu vermitteln. Eine Art Matchbörse könnte man sagen. "Wir haben als Stadt erst einmal freundlich angefragt. Ich würde aber auch andere Wege nicht ausschließen", erläutert der Lokalpolitiker abschließend. Doch eine Handhabe hätte die Stadt nur, wenn die Eigentümer ihren Pflichten wie der Winterräumung nicht nachkommen und dadurch die Sicherheit gefährden würden.

Bis alle 46 Gebäude also wieder in aller Schönheit zum Stadtbild Bornas beitragen, werden wohl noch viele Jahre vergehen. Dennoch sieht Urban die Stadt Borna als möglichen Vorreiter. "Wir machen das alleine und aus eigenem Antrieb". Dies sei zum einen möglich, weil Borna eine eigene Bauordnung hat und deshalb nicht auf Anordnungen des Landkreises angewiesen ist.

Zum anderen - und das gibt Urban zu - baue er auf den Sanierungserfolgen seiner Amtsvorgängerin Simone Luedtke auf. Auf ihr Konto gehen beispielsweise auch die umfassende Sanierung des Bornaer Bahnhofs und die Anbringung großer und kleiner Fresken an Häuserzeilen mit Grüßen aus Borna. Auf dem Weg vom und zum Bahnhof sind sie nicht zu übersehen und sollen erinnern: Borna ist hot und nicht Schrott.

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 21. Februar 2024 | 19:00 Uhr