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Ausschau halten nach der Natur - für viele Forschungen ist es wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger sich beteiligen. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

BürgerwissenschaftWie Citizen Science zum Artenschutz beiträgt – und wo Sie mitmachen können

21. März 2024, 11:28 Uhr

Die UN-Artenschutzkonferenz (auch als Weltnaturgipfel oder Biodiversitätskonferenz benannt) findet vom 7. bis 19. Dezember im kanadischen Montréal statt – und ist für viele Forscherinnen und Forscher ein Anlass, Alarm zu schlagen. Denn: Unsere biologische Vielfalt ist aktuell so bedroht wie selten zuvor. Wissenschaftler warnen, wir befänden uns bereits am Rande eines Massensterbens, das ungeahnte Ausmaße annehmen wird.

Soweit die schlechten Nachrichten – nun zu den guten: Wir alle können etwas gegen das Artensterben tun. Beispielsweise den eigenen Garten weniger penibel mähen und so eine Nahrungsquelle für Insekten schaffen. Oder Sie helfen der Wissenschaft ganz direkt dabei, mehr über Biodiversität in unseren Parks und Gärten herauszufinden – und zwar als Bürgerwissenschaftler oder Bürgerwissenschaftlerin. "Citizen Science" nennt man es, wenn Menschen, die im Hauptberuf nicht in der Wissenschaft arbeiten, dabei helfen, Daten zu erfassen.

Die Doktorandin Andrea Büermann betreibt ein solches "Citizen Science"-Projekt in Leipzig. 420 Bürgerinnen und Bürger haben ihr im vergangenen Sommer dabei geholfen, mehr über Schmetterlinge in Leipzig herauszufinden – das entsprechende Projekt heißt VielFalterGarten. Mit einer eigenen App erfassen die Beteiligten 15 Minuten lang alle Schmetterlinge, die ihnen begegnen. Die App unterstützt bei der Bestimmung der konkreten Schmetterlingsart, zusätzlich bieten Büermann und ihre Kollegen auch Workshops an, die für die Identifikation der Falter schulen.

Ungewöhnliche Schmetterlinge gesichtet

Das Projekt VielFalterGarten läuft seit zwei Jahren – bislang sei sie mit den Ergebnissen sehr zufrieden, betont Büermann: "Wir hatten auch schon ein paar sehr ungewöhnliche Sichtungen, also Schmetterlingsarten, die wir gar nicht in Leipzig erwartet hatten. Und das sind natürlich schöne Ergebnisse." Dazu zählt beispielsweise der Karstweißling, ein Schmetterling mit weißen Flügeln und einem schwarzen Fleck darauf, der ursprünglich eher im Mittelmeerraum verbreitet war und nun auch in Deutschland umherfliegt.

Vor allem mit Schmetterlingen funktioniere so ein Citizen Science-Projekt gut, weil viele Menschen sie ganz einfach gerne mögen und ansehen. Das ergab nicht nur eine Umfrage von Andrea Büermann und ihren Kollegen – ein vergleichbares Projekt hatte in Frankreich einen regelrechten Hype ausgelöst. Gerade für Studien zum Artenschutz sind Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wichtig. In Europa wisse man mittlerweile, dass 70 bis 80 Prozent der Biodiversitätsdaten außerhalb von Universitäten erhoben werden, betont die Biologin Aletta Bonn. Sie forscht am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) zu Artenvielfaltsthemen.

Wissenschaft zum Anfassen soll Umweltbewusstsein stärken

Für Biodiversitätsforscher und -forscherinnen ist Citizen Science wertvoll, denn so kommen sie an Daten, die ohne die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger gar nicht erfassbar wären. Zusätzlich erhoffen sich die Forschenden, durch diese "Wissenschaft zum Anfassen" ein stärkeres Umweltbewusstsein in der Bevölkerung auszulösen: "Menschen, die bei uns im Projekt teilnehmen, sind tatsächlich nach einer Saison, in der sie sich aktiv im Projekt engagiert haben, enger mit der Natur verbunden und haben eine genauere Wahrnehmung der Natur", sagt Andrea Büermann. Dieses Ergebnis hätten zumindest ihre Befragungen im Projekt VielFalterGarten gehabt.

Citizen Science kann auch ein Hobby für die ganze Familie werden. Vor Allem, wenn die untersuchten Tierarten so faszinierend sind wie diese Marienkäfer. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Wichtig sei aber auch, dass die Ergebnisse eines Citizen-Science Projektes politisch gehört werden, findet Aletta Bonn. Also, dass beispielsweise die Kommune auf die Forschungsergebnisse vor Ort reagiert und Bereiche, in denen sich bedrohte Tierarten aufhalten, besser schützt. Die Biologin würde sich sogar wünschen, dass an deutschen Schulen eine Woche der Biodiversität eingeführt wird, in der Kinder und Jugendliche lernen, Tier- und Pflanzenarten zu identifizieren. Schließlich gilt nach wie vor: Nur was man kennt, schützt man. Und wenn wir besser verstehen, welche individuelle Rolle einer Art in unserem Ökosystem zukommt, werden wir uns womöglich stärker für ihren Erhalt einsetzen. Neben dem Artenschutz gehe es für sie aber auch ganz um Genuss: "Es ist einfach faszinierend, was man in der Natur sehen kann. Und da geht es nicht immer gleich ums Verbieten, sondern dass man sagen kann: ja, ich schätze das, ich finde es beispielsweise toll, wenn da Libellen an einem Bach sind." Das allein sei ein tolles Erlebnis.

Hier können Sie noch mitforschen

Falls Sie nun auch Lust auf Bürgerforschung haben: Folgende Projekte finden aktuell in Mitteldeutschland statt.

  • LuWo App: Luchs und Wolf in Thüringen melden - NABU Thüringen

  • FLOW Gemeinsam Fliessgewässer Erforschen: Hier wird der ökologische Zustand von Flüssen erfasst

  • Mammalnet Bürgerinnen und Bürger können Sichtungen von wilden Säugetieren melden – und zwar europaweit

  • Wie divers ist mein Garten: Bürgerinnen und Bürger bekommen eine eigene kleine digitale Bestimmungsstation zugesendet, die sie im Garten aufbauen können – die entsprechenden Daten können zentral abgerufen werden.

  • Und zu guter Letzt: Sollten Sie an einem kalten Wintertag keine Lust auf Outdoor-Forschung haben, können Sie bei Chimp&See vom Sofa aus einen Beitrag zum Artenshcutz leisten. Hier können Sie Forschende bei der Auswertung von Kamerafallen unterstützen.

Dieser Beitrag...... wurde in einer ersten Fassung am 11.12.2022 veröffentlicht und am 2.3.2.24 aktualisiert.

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