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AltersvorsorgeFinanzexpertin zu Geldanlagen: Frauen traut euch und sorgt vor!

28. September 2022, 14:53 Uhr

Wie kann man Geld vernünftig anlegen, damit man im Alter etwas davon hat? Ist das überhaupt möglich in diesen Zeiten? Was sollte man und ganz besonders Frau beachten? Die Finanzjournalistin Gisela Baur sagt, Frauen müssen sich einfach trauen, dann einen Plan haben und etwas Zeit mitbringen.

Wer sind die besseren Anleger: Frauen oder Männer?

Finanzjournalistin Gisela Baur: Es gibt verschiedene Studien, die sagen, dass Frauen, wenn sie sich trauen an die Börse zu gehen, tatsächlich die bessere Perfomance zeigen. Frauen gehen die Sache ein bisschen systematischer, ein bisschen langfristiger und ein bisschen vorsichtiger an. Und das bringt Erfolg an der Börse.

Warum sind trotzdem weniger Frauen an der Börse aktiv als Männer?

Der häufigste Grund ist tatsächlich Geldmangel. In unserem Land ist es immer noch so, dass Frauen weniger arbeiten, weil sie mehr unbezahlte Familien- und Pflegearbeit übernehmen. Frauen verdienen immer noch deutlich weniger. Gerade wenn man die vielen Alleinerziehenden sieht. Sie haben einfach nichts übrig am Monatsende zum Anlegen und Sparen.

Zweiter Grund, und der ist auch ein bisschen bitter, dass die Vorurteile noch gelten, Frauen könnten mit Zahlen und Finanzen nicht so viel anfangen. Ich höre immer wieder, "ach Finanzen, das interessiert mich nicht. Davon verstehe ich gar nichts". Mit einem gewissen Stolz wird das sogar gesagt, dass sie sich das immer noch erlauben, sich einfach nicht darum zu kümmern.

Es gibt zwei Freunde der Geldanlage: einen Plan haben und Zeit.

Gisela Baur | Autorin und Finanzexpertin

Wenn es um Aktien geht, sind Frauen nach wie vor weitaus zögerlicher als Männer, das besagen zumindest die aktuellen Daten des Deutschen Aktieninstituts. Danach haben im Jahr 2020 rund 3,8 Millionen Männer und nur 1,6 Millionen Frauen in Deutschland Aktien besessen. Bildrechte: imago images/Shotshop

Welche Tipps geben Sie Frauen, die 100 Euro pro Monat in Aktien anlegen wollen?

100 Euro im Monat sind total viel, wenn Sie sehr früh loslegen. Es gibt zwei Freunde von Geldanlagen: einmal, einen Plan haben und das zweite ist Zeit. Die Zeit arbeitet definitiv für Sie, wenn Sie irgendetwas anlegen, liegen lassen und das wirft ein bisschen Rendite ab. Dann ist die Rendite ja zusätzliches Anlagegeld. Und es wird immer mehr.

Der Tipp ist tatsächlich, es einfach zu halten, sich einen Plan zu machen und den Plan eine Weile stur zu verfolgen und die Nerven behalten. Wir wissen, das Frauen dazu neigen, den Banken und Versicherungen ihre Produkte abzukaufen. Und die sind gar nicht mal so optimal. Besser ist es, sich tatsächlich zuzutrauen, dass man sich auch selber einen Plan machen kann.

Wer 100 Euro im Monat locker machen kann und anlegen möchte, sollte einfach loslegen, sagt die Finanzjournalistin und Buchautorin Gisela Baur. Bildrechte: imago images / Future Image

Ist das nicht eine denkbar schlechte Zeit, um mit dem Geld anlegen zu starten?

Es ist im Moment an der Börse ziemlich bitter, wenn Sie schon Aktien haben. Wenn Sie noch keine haben, dann können Sie das andersherum sehen. Wir haben im Moment Sonderangebotsaktionen erster Klasse an der Börse. Die Kurse sind niedrig. Sie bekommen Aktien für 30 oder 20 Prozent Preisnachlass gegenüber 2021.

Das Wichtige ist, dass man die Problematik der Börse ein bisschen versucht zu verstehen. Die Börse wird gute Kurse liefern, solange die Wirtschaft wächst. Aber sie wird immer unglaublich schwanken. Es werden immer übertrieben hohe Kurse bezahlt oder übertrieben niedrige Kurse. Wer das über die Jahre aussitzen kann und sein Geld da einfach nach und nach reinsteckt, der ist in der Vergangenheit immer super gefahren. Vorraussetzung: mehr als zehn Jahre Zeit.

Mit einer Aktie kaufen Sie ein Stück Unternehmen, einen Sachwert. Der ist immer mehr wert, als das Geld liegen zu lassen, das wird in der Inflation weniger. Bildrechte: imago/blickwinkel

Kann man die Inflation irgendwie ausgleichen, indem man Geld besonders schlau anlegt?

Inflation ist extrem fies, wenn Sie Geld haben. Das Geld wird einfach weniger wert, jede Woche, jeden Monat. Die einzige Gegenmaßnahme sind tatsächlich Sachwerte, das sind zum Beispiel Immobilien, Goldbarren oder Kunstwerke, aber das sind auch Aktien.

Man muss sich klar machen, dass man mit einer Aktie ein Unternehmen kauft. Und ein Unternehmen hat Maschinen, Gebäude und Sachwerte. Man kauft tatsächlich Sachwerte. Insofern ist die Aktie ein guter Inflationsschutz. Das Gemeine ist, während die Inflation läuft, werden die Kurse oft nicht steigen. Das ist oft verbunden mit einer Wirtschaftskrise. Und genau das haben wir im Moment. Wenn es der Wirtschaft wieder gut geht, wird die Inflation bei Aktien in der Regel ausgeglichen.

Wie wichtig sind Geldanlagen bei der Altersvorsorge?  

Die jetzige Generation von Frauen hat gelernt, selber machen zu wollen, selbstständig sein zu wollen. Wenn wir das im Alter auch noch sein wollen und nicht auf die Zuwendung von Kindern oder unserem Mann angewiesen sein möchten, dann müssen wir uns kümmern. Das ist so. Wer nichts zur Seite legt, wird später nichts haben. Die gesetzliche Rente, gerade in Verbindung mit den Erwerbsbiografien, die Frauen oft haben, mit Lücken aufgrund der Kindererziehung, die wird definitiv nicht für die Selbstständigkeit ausreichen. Also müssen wir selber ran. Wir wissen aus den Studien: Frauen können das. Auf geht’s!

Wer nichts zur Seite legt, wird später nichts haben.

Gisela Baur | inanzjournalistin und Buchautorin

Einfache Rechnung: Wer in mittleren Jahren nichts zur Seite legt, wird im Alter nichts haben. Bildrechte: IMAGO / YAY Images

Lohnt es sich auch noch in Aktien zu investieren, wenn man etwas älter ist?

Die Stiftung Warentest hat eine Geldanlage-Strategie entwickelt, die einfach und sehr sinnvoll ist, mit der man einfach ETF, also ganz breit streuende Aktienfonds, und Festgeld kombiniert. Warentest hat durchgerechnet, wenn ich jetzt zum Beispiel mit 63 Jahren eine Lebensversicherung ausgezahlt bekomme, rentiert es sich noch, eine Geldanlage damit zu machen. Es rentiert sich, weil Sie mit Anfang 60 (hoffentlich) noch mehr als zehn Jahre Zeit haben. Und Sie werden nicht alles auf einmal aufbrauchen wollen. Dann können Sie tatsächlich noch davon profitieren, dass die Börse gute Renditen abwirft, wenn man die Schwankungen über die Zeit aussitzen kann.

Im Alter von 63 Jahre eine Geldanlage zu machen rentiert sich.

Gisela Baur | ermutigt Frauen, sich mit Finanzen zu beschäftigen

Die Stiftung Warentest rät: Wer monatlich nur einen kleinen Betrag sparen möchte, sollte beispielsweise in einen ETF Sparplan einzahlen. Bildrechte: imago/Panthermedia

Was sind realistische Ziele beim Anlegen: Wie viel Geld kann eine Frau im mittleren Alter mit mittlerem Verdienst mit ETF bis zur Rente ansparen?

Wenn Sie 100 Euro im Monat anlegen, dann haben Sie einen guten Tausender oder 1.200 Euro im Jahr. Die Börse hat über die vergangenen Jahrzehnte zwischen fünf und sieben Prozent rentiert. Wenn es sieben Prozent sind, verdoppelt sich das aller zehn Jahre. Es kommt darauf an, wann genau Sie anfangen, wie viel Sie reinstecken. Was am Anfang fließt, ist wertvoller wegen des Zinseszins-Effekts, als das, was später kommt.

Ein richtiges Vermögen ist mit 100 Euro mit mittleren Alter nicht zu erzielen. Aber es ist die Teilhabe vielleicht an ein paar Sachen, dass man das Wochenende mit den Freunden mitfahren kann, dass man mit Essen gehen kann oder in Konzerte. Solche Dinge kann man aus so einem Vermögen ganz bestimmt bezahlen.

Werden in Zukunft mehr Frauen Geld anlegen?

Wir wissen von einer Umfrage, dass von den Frauen, die noch nicht anlegen, ein großer Teil darüber nachdenkt. Ich denke, dass sich die Frauen immer bewusster werden, dass sie etwas machen müssen. Ich hoffe, dass wir dieses Thema mit der Einkommenssituation von Frauen von politischer Seite her etwas besser in den Griff bekommen. Derjenige, der die Hauptarbeit daheim macht, kann durchaus auch zu seinem Partner gehen und sagen, ich möchte, dass du mir eine Geldanlage mitsponserst. Ich glaube, das wird immer mehr und muss auch mehr werden.

Tipp für InteressierteFür alle, die jetzt interessiert sind: Gisela Baur hat mehrere Bücher zum Thema geschrieben. Unter anderem für die Stiftung Finanztest. Im September erscheint ihr neues Buch, das sie mit anderen Autoren geschrieben hat: "Das große Handbuch für erfolgreiche Aktienanleger".

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MDR (in,Henriette Schmidt)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Der Tag | 11. August 2022 | 11:00 Uhr