Recht und LiebeWelche Gefahren in Flirt-Apps lauern
Neben Partnerbörsen boomen gerade auch in der Corona-Pandemie sogenannte Flirt-Apps wie Tinder, Lovoo oder Badoo. Doch sind diese Angebote seriös? Wo lauern versteckte Kostenfallen? Die Rechte, die Verbraucher gegenüber solchen Liebesvermittlern haben, haben sich aktuell geändert und viele wissen gar nicht, was ihnen zusteht. Worauf sollte man bei Partneragenturen achten? Und wie kommt man aus derartigen Verträgen wieder raus? All das das verrät Rechtsexperte Gilbert Häfner.
Was ist der Unterschied zwischen einem herkömmlichen Partnervermittlungsvertrag ("Partnerschaftsanbahnung") und einer Online-Partnervermittlung?
Wofür ist die Unterscheidung zwischen Partnerschaftsanbahnung und Online-Partnervermittlung von Bedeutung?
Auf den "Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrag", die sog. Partnerschaftsanbahnung, findet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die für die Ehevermittlung geltende Vorschrift des § 656 BGB entsprechende Anwendung. Hiernach kann eine Vergütung, die für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe versprochen wird, nicht eingeklagt werden. Grund für diese gesetzliche Regelung ist, dass bei einer Ehevermittlung – gleiches gilt für die Ehe- oder Partnerschaftsanbahnung – ein schützenswertes Diskretionsbedürfnis des Kunden besteht, welches durch eine Honorarklage aus solchen Verträgen beeinträchtigt würde. Eine entsprechende Gefahr für die Intimsphäre des Kunden sieht der BGH bei der Online-Vermittlung aufgrund der Automatisierung der Dienstleistung nicht.
Ist es zulässig, dass der Dienstleister bei einer herkömmlichen (nicht automatisierten) Partnervermittlung Vorkasse verlangt, bevor er dem Kunden die ersten Partnervorschläge zukommen lässt?
Das Verlangen nach Vorauszahlung beruht darauf, dass der Partnerschaftsvermittler, der in herkömmlicher Weise das Profil seiner Kunden persönlich auswertet und ihnen auf dieser Grundlage individuelle Partnervorschläge übermittelt, entsprechend § 656 Abs. 1 Satz 1 BGB seine Vergütung nicht einklagen kann. Das Risiko, dass seine Kunden nach Erbringung der Dienstleistung nicht freiwillig zahlen, kann und darf der Vermittler dadurch ausschließen, dass er auf Vorauszahlung besteht (§ 656 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Darf der Dienstleister bei einer herkömmlichen (nicht automatisierten) Partnervermittlung die von ihm im Voraus vereinnahmte Vergütung auch dann behalten, wenn trotz Bereitstellung mehrerer Partnervorschläge eine Partnerschaft nicht zustande kommt?
Der Vermittler verspricht im Dienstvertrag über die Partnerschaftsvermittlung nicht das Zustandebringen einer Partnerschaft oder gar einer Ehe, sondern Vertragsgegenstand ist das Bereitstellen geeigneter Partnervorschläge. Dementsprechend ist die Vergütung verdient, wenn die Partnervorschläge den vereinbarten Anforderungen genügen.
Unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Frist kann ein Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrag gekündigt werden?
Bei herkömmlichen Partnervermittlungsverträgen handelt es sich nach der Rechtsprechung des BGH um Verträge, die Dienste höherer Art zum Gegenstand haben, welche aufgrund eines besonderen Vertrauens übertragen werden. Das hat zur Folge, dass sie gemäß § 627 BGB jederzeit gekündigt werden können, ohne dass ein besonderer Grund gegeben sein muss. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag ausdrücklich auf eine bestimmte (Mindest-)Laufzeit, z. B. ein Jahr, abgeschlossen und/oder die Kündigung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.
Kann der Kunde auch den bei einer Online-Partnervermittlung geschlossenen Vertrag jederzeit kündigen?
Da die Dienstleistung einer Online-Partnervermittlung automatisiert erbracht wird, fehlt es an einer besonderen Vertrauensstellung zwischen Portalbetreiber und Kunden. Daher kann das Kündigungsrecht auf bestimmte Zeit ausgeschlossen werden, wobei jedoch der Kunde nicht länger als zwei Jahre gebunden werden darf. Allerdings handelt es sich bei der Online-Partnervermittlung um ein so genanntes Fernabsatzgeschäft (§ 312c BGB). Deshalb steht dem Kunden ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist beginnt mit dem Vertragsschluss, nicht jedoch bevor der Kunde über sein Widerrufsrecht unterrichtet worden ist und, wenn diese Unterrichtung ausbleibt, spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss. Ein entsprechendes Widerrufsrecht besteht übrigens auch herkömmlichen Partnervermittlungsverträgen, wenn diese außerhalb von Geschäftsräumen, also etwa in der Wohnung des Kunden geschlossen werden.
Stimmt es, dass das Widerrufsrecht erlischt, sobald der Kunde mit der Nutzung des Portals der Online-Partnervermittlung beginnt?
Einige Portale behaupten, das Widerrufsrecht entfalle, wenn digitale Informationen auf Wunsch des Kunden sofort bereitgestellt werden und der Kunde diese nutzt. Dies ist unzutreffend. Zwar erlischt gem. § 356 Abs. 4 BGB das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn der Dienstleister noch während des Laufs der Widerrufsfrist die Dienstleistung auf Wunsch des Kunden vollständig erbringt. Bei einem Dauerschuldverhältnis, also z.B. einem auf Dauer eines Jahres abgeschlossenen Vertrag über die Nutzung eines Portals, kann aber die Dienstleistung nicht vor Ende der Laufzeit vollständig erbracht sein, so dass das Widerrufsrecht auch nicht mit der erstmaligen Inanspruchnahme des Informationsangebots erlischt.
Schuldet der Kunde einer Online-Partnervermittlung eine Vergütung, wenn er seine Vertragserklärung widerruft?
Hat der Kunde von dem Dienstleister ausdrücklich verlangt, dass dieser mit der Online-Partnervermittlung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, schuldet er gemäß § 357 Abs. 8 Satz 1 BGB Wertersatz, dessen Höhe einer zeitanteiligen Vergütung entspricht. Hat beispielsweise die vereinbarte Vergütung 365 Euro betragen und ist der Vertrag auf ein Jahr befristet gewesen, so muss der Kunde, wenn er nach 3 Tagen widerruft, einen Betrag von 3 Euro entrichten (365 Euro/365 Tage x 3 Tage). Soweit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Dienstleisters abweichend hiervon vorsehen, dass die "Hauptleistung" in der Erstellung eines "Partnerdepots" mit einer bestimmten Anzahl von Partnervorschlägen liege und insoweit 90 % der Gesamtleistung ausmache, kann er nach einem Widerruf des Kunden die Zahlung eines Wertersatzes in Höhe von 90 % der vereinbarten Vergütung auch dann nicht verlangen, wenn er diese "Hauptleistung" bereits vor dem Widerruf erbracht hat. Denn nach Auffassung des BGH ist eine solche Vertragsklausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von sie abweicht, nicht zu vereinbaren und daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Muss eine Kündigung oder ein Widerruf schriftlich erfolgen oder genügt eine E-Mail?
Weder die Kündigung eines herkömmlichen Partnervermittlungsvertrages gemäß § 627 BGB noch der Widerruf des Vertrages über eine Online-Partnervermittlung sind an eine bestimmte Form gebunden. Sie können also auch per E-Mail, mithin in sogenannter Textform, erklärt werden. Ist später der Zugang dieser Nachricht beim Dienstleister streitig, muss dieser Umstand freilich vom Kunden bewiesen werden.
Worauf sollte man bei der Auswahl einer Online-Partnervermittlung achten?
Wichtig ist zunächst, dass das Portal über eine möglichst hohe Zahl von Mitgliedern verfügt, denn das erhöht natürlich die Chance, einen passenden Partner zu finden. Gute Partnervermittlungen bieten eine App für mobile Endgeräte an. Zudem sollte gewährleistet sein, dass der Anbieter die Angaben der Mitglieder (z. B. Alter, Ehestatus etc.) geprüft hat und die Möglichkeit bietet, unseriöse Mitglieder zu melden und sperren lassen zu können. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Dienstleister die gesamte Vergütung im Voraus verlangt. Schließlich sollte der Datenschutz gewährleistet sein, also etwa eine verschlüsselte Datenübertragung erfolgen.
Einen Test der unabhängigen Stiftung Warentest zu Singlebörsen und Partnervermittlungen finden Sie hier.
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Unser Experte
Quelle: MDR um 4
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 02. September 2021 | 17:00 Uhr