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Entlastungspaket und GaspreisbremseMitteldeutsche Länder machen vor Bund-Länder-Treffen Druck

01. November 2022, 12:00 Uhr

Das letzte Treffen zwischen den Ministerpräsidenten und Bundeskanzler Olaf Scholz war weitgehend ergebnislos geblieben. Beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch wollen die mitteldeutschen Länderchefs nun für mehr Klarheit – und mehr Geld vom Bund – sorgen. Die Staatskanzleien kritisieren insbesondere die aktuell fehlende Planungssicherheit für die Länder.

Von einem "Entscheidungsstau" sprach Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober. Gemeint war: Bei zahlreichen Maßnahmen aus dem dritten Entlastungspaket der Bundesregierung ist noch immer die Finanzierung ungeklärt.

Ein besonderer Streitpunkt bleibt zudem die von Bundeskanzler Olaf Scholz als "Doppel-Wumms" angekündigte Gaspreisbremse. Sie soll erst im März starten, die Zeit bis dahin soll eine Einmalzahlung im Dezember überbrücken. Die Bundesregierung hält das für technisch nicht anders machbar, die Länder fordern dagegen einen Start der Gaspreisbremse ab Januar.

Nachdem ein erstes Bund-Länder-Treffen Anfang Oktober weitgehend ergebnislos blieb, sollen am Mittwoch nun konkrete Einigungen her. Mit welchen Forderungen und Erwartungen gehen die mitteldeutschen Länder in das Treffen?

Sachsen: "Gaspreisbremse im März ist zu spät"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer will sich beim Bund-Länder-Treffen vor allem für mehr Tempo bei der Einführung der Gaspreisbremse einsetzen. Auf Anfrage von MDR AKTUELL erklärt der Sprecher der Staatsregierung, Ralph Schreiber: "Die Menschen und die Wirtschaft müssen doch endlich Klarheit haben, ob eine Gaspreisbremse kommt. Ab wann? In welcher Höhe? Für welche Gasmenge?"

Dabei hält Sachsen am Ziel einer Gaspreisbremse schon ab Januar statt ab März fest. Bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz habe man sich klar positioniert, so Schreiber: "März ist zu spät. Dann ist die Heizperiode schon fast zu Ende." Wenn es tatsächlich so sei, dass die Energieversorger die Umsetzung nicht schneller schafften, dann müsse die Preisbremse rückwirkend zum 1. Januar umgesetzt werden.

Auch bei den weiteren Streitpunkten zwischen Bund und Ländern will der Freistaat auf "konkrete Festlegungen" drängen. Die Länder kämpften dabei nicht nur für sich selbst, erklärt Schreiber: "Gerade die Flüchtlingskosten liegen zu einem großen Teil bei den Städten und Gemeinden, die an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geraten." Wichtig seien Entlastungen nicht nur für Bürger, sondern auch für soziale Einrichtungen. Hintergrund: Seit Wochen fordern die Krankenhäuser Entlastungen, da sie von den steigenden Energiepreisen besonders stark betroffen sind.

Sachsen-Anhalt: "Länder brauchen Planungssicherheit"

Im Bundesrat kündigte Ministerpräsident Reiner Haseloff am Freitag an, die unionsgeführten Länder würden dem 200-Milliarden-Abwehrschirm der Bundesregierung zustimmen. Den Auftritt nutzte Haseloff zugleich für Kritik am Bund: "Der Doppel-Wumms steht seit Wochen im Raum. Doch die gesamte Gesellschaft rätselt, was sich in diesem Doppel-Wumms wiederfindet", sagte Haseloff. Das Bund-Länder-Treffen am Mittwoch sei auf Druck der Länder vorgezogen worden, da man endlich Planungssicherheit für die Landeshaushalte 2023 brauche.

Auf Anfrage von MDR AKTUELL unterstreicht Sachsen-Anhalts Regierungssprecher Matthias Schuppe die Kritik des Ministerpräsidenten: "Wir wissen nicht, was der Bund macht – alle Länderhaushalte laufen bislang ins Leere." Bürger, Kommunen und Unternehmen müssten endlich Klarheit haben, welche Hilfe in welchem Zeitraum kommt. Auf das Problem unsicherer Landeshaushalte weisen auch andere Bundesländer hin: So hatte etwa Nordrhein-Westfalen vergangene Woche nur einen "Basis-Haushalt" für 2023 vorgelegt.

Wir wissen nicht, was der Bund macht – alle Länderhaushalte laufen bislang ins Leere.

Matthias Schuppe | Regierungssprecher Sachsen-Anhalt

Im Bundesrat forderte Haseloff eine "Gesamtlösung", stellte dann aber einen Katalog an Einzelforderungen an den Bund auf: Es brauche höhere Regionalisierungsmittel für den ÖPNV, eine Übernahme des neuen Wohngelds durch den Bund, die Finanzierung von Energiekosten der Krankenhäuser sowie mehr Geld vom Bund für die Flüchtlingskosten. Man müsse sicherstellen, "dass die Gesellschaft nicht weiter polarisiert wird, sondern die Menschen in dieser wichtigen Phase zusammenbleiben".

Thüringen: "Herausforderungen in der Summe der Themen"

Ohne klare Regelungen beim Gaspreisdeckel keine zusätzlichen Energiehilfen des Landes: Mit dieser Ansage drängte Ministerpräsident Bodo Ramelow vergangene Woche auf Entscheidungen beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch. Die Gelder des Freistaats sollen da eingesetzt werden, wo der Gaspreisdeckel nicht greift. Ramelow betonte zudem, er und seine Länderkollegen verlangten auch gleichwertige Entlastungen für Nutzer von Öl- und Holzpellet-Heizungen.

Auf Anfrage von MDR AKTUELL erklärt Regierungssprecher Falk Neubert, dass es Ramelow beim Treffen am Mittwoch um mehr als nur Energiepreise gehe. Man müsse auch bei den Themen Nahverkehr, Wohngeld, Flüchtlingsfinanzierung sowie den Kosten für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen finale Regelungen zur Lastenverteilung finden. Dabei könne man kein Thema singulär betrachten: "Die Herausforderungen liegen auch in der Summe der Themen", erklärt Neubert.

Bei konkreten Forderungen hält sich die Erfurter Staatskanzlei aber bedeckt: Man erwarte, dass am Mittwoch entschieden und nicht mehr vertagt werde. Bekannt ist dagegen, dass Ramelow in der Bund-Länder-Runde zu den energisch auftretenden Länderchefs zählt: "Leider habe ich inzwischen das Gefühl, du willst uns hier über den Tisch ziehen", zitiert der "Spiegel" Ramelow im Gespräch mit Kanzler Scholz während der letzten Bund-Länder-Runde Anfang Oktober.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. November 2022 | 09:00 Uhr

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