ZusammenhängeWie wirkt sich der Klimawandel auf Allergiker aus?
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Der Klimawandel und die damit verbundenen Temperaturveränderungen belasten oft schon gesunde Menschen, aber was ist mit denen, die unter Lungen-Erkrankungen oder Allergien leiden? MDR SACHSEN-Reporterin Karin Engler hat nachgefragt.
Bei Hitze, also Temperaturen über 25 Grad, kommen Lungenkranke häufiger in die Notaufnahme als Herz-Kreislauf-Patienten, erklärt Professor Christian Witt, Leiter des Arbeitsbereiches Ambulante Pneumologie an der Charité in Berlin. "Das ist doch klar. Wir haben eine wärmere Luft, gerade hier in den innenstädtischen Bereichen. Die ist auch schadstoffbeladen, weil warme Luft ein bisschen mehr von den Schadstoffen aufnimmt. Und die führt zu Entzündungen. Wir wissen das von Stickoxiden und Feinstäuben. Das führt sogar zu Krebs. Wenn der Patient damit belastet wird, wird er kränker", so der Experte.
Hitze ist für Risiko-Gruppen Gift
Besonders gefährdet sind ihm zufolge die vulnerablen, also verwundbaren, Gruppen. Das sind zum Beispiel Patienten, die auf ein Organ warten, schwerkranke Menschen mit chronischer Bronchitis, mit Lungenfibrose oder mit sehr schwachem Herzen. Das betrifft Patienten, die seit Jahren eine schwere Grunderkrankung haben und diese auch meistern. "Aber wenn dann noch Temperaturen von 35 Grad dazu kommen, extrem gesprochen, kann es lebensgefährlich sein", sagt Christian Witt.
Wenn auf die Grunderkrankung noch Hitze kommt, kann es lebensgefährlich werden.
Prof. Christian Witt | Leiter des Arbeitsbereiches Ambulante Pneumologie an der Charité in Berlin
Lungenkranke spüren Symptom-Zunahme
Vor allem den COPD-Patienten mit einer chronischen Lungenerkrankung machen hohe Temperaturen zu schaffen, da sie ihre Atemfrequenz kaum steigern und somit überschüssige Wärme nicht abatmen können. Daher laufen sie Gefahr, zu überhitzen, und ihre Atemnot nimmt zu.
Kommt es außerdem zu einer Dehydratation, also einem Wassermangel im Körper, wird die Lunge weniger durchblutet, und die der Krankheit zugrundeliegenden Entzündungsprozesse verstärken sich. Eine Symptomzunahme verspüren auch Asthma-Patienten, deren Atemwege vor allem von zusätzlich erhöhten Ozonwerten gereizt werden.
Längere Pollenflugzeiten
Der Pneumologe Christian Witt nimmt Bezug auf eine Studie aus dem vergangenen Jahr. Darin wurde festgestellt, dass wir durch den Klimawandel längere Pollenflugzeiten haben, ungefähr einen Tag länger. "Wesentliche Ursache dafür ist, dass wir weniger Frosttage haben. Also die Winter werden deutlich milder und damit gibt es längere Pollenflugzeiten, auch weil es trockener ist. Diese Daten gelten jetzt für die nördliche Hemisphäre und damit steigt das Risiko der Allergiker, dem stärker ausgesetzt zu sein", fasst Christian Witt zusammen.
Laut Professor Witt trägt zudem die Konzentration von Kohlendioxid in der Luft dazu bei, dass die Pollenproduktion allergieauslösender Pflanzenarten wie zum Beispiel Ambrosia zunimmt.
Die Winter sind milder, wir haben längere Pollenflugzeiten.
Prof. Christian Witt | Leiter des Arbeitsbereiches Ambulante Pneumologie an der Charité in Berlin
Zu starke Hitze meiden
"Wichtig ist immer Exposition reduzieren", so der Professor, also den schädigenden Umwelteinflüssen möglichst aus dem Weg gehen, sich schützen. Witt gibt Beispiele: "Wenn es die Pollen sind, dann die Pollenexposition, wenn es die Hitze ist, nicht beim heißesten Tag sagen: 'So, jetzt gehe ich zum Arzt'. Das kann der letzte Gang sein." Zum Teil sind es ganz einfache Dinge, die bedeutender sind, als man denkt, und den Alltag von Betroffenen erleichtern können.
MDR (in,ke)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Der Tag | 13. Juli 2022 | 10:17 Uhr