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Zwischen Klima und Waldbränden besteht eine Wechselwirkung. Einerseits kann wärmeres Klima mehr Waldbrände hervorrufen. Andererseits können große Waldbrände das Klima in Teilen der Erde für einige Zeit verändern. Bildrechte: picture alliance/dpa/QUEENSLAND FIRE AND EMERGENCY SERVICES/AAP | Supplied

Forschung aus LeipzigGroße Waldbrände beeinflussen das Klima

07. September 2022, 16:43 Uhr

Durch die riesigen Waldbrände 2019/20 in Australien verteilten sich Rauchpartikel mit einer Gesamtmasse von rund einer Million Tonnen über die Südhemisphäre und beeinflussten das Klima etwa eineinhalb Jahre lang.

Er ging als "Black Summer" in die Geschichte ein, der australische Sommer zum Jahreswechsel 2019/20. Die Waldbrände im Osten des Landes transportierten so viel Rauch in die Atmosphäre, wie nie zuvor auf der ganzen Welt beobachtet wurde. In Forschungsarbeiten unter Leitung des Leipziger Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) wurde jetzt die Wirkung dieser gewaltigen Brände auf das Klima untersucht.

Etwa eineinhalb Jahre war der Effekt demzufolge zu spüren, die Atmosphäre wurde oben erwärmt und unten gekühlt. Außerdem wurde von den Subtropen bis zur Antarktis das Sonnenlicht getrübt, und zwar noch stärker als 1991 beim Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen. Auch hat der australische Rauch wahrscheinlich zum Rekord-Ozonloch über der Antarktis 2020 beigetragen. Er war in Richtung Osten fast über die ganze Südhalbkugel gezogen.

Durch die große Hitze der Waldbrände hatten sich Dutzende Feuerwolken ("Pyrocumulonimbus") gebildet, die den Rauch mit hoher Geschwindigkeit bis zur unteren Stratosphäre in einer Höhe von 14 bis 16 Kilometern transportierten. So weit oben verteilen sich Partikel stärker und beeinflussen so das Klima. Denn in ihnen enthaltene Ruß-Aerosole nehmen Sonnenenergie auf, weshalb sie zu den am stärksten wärmenden kurzlebigen Klimatreibern zählen.

Bildrechte: Australisches Nationales Büro für Meteorologie / MDR Wissen

Einzigartiger Wirbel

Im Zusammenhang mit den australischen Bränden wurde ein ganz neues Phänomen beobachtet: ein sich selbst erhaltender Wirbel, etwa fünf Kilometer hoch und mit einem Durchmesser von rund 1.000 Kilometern. Dieser äußerst stabile Wirbel hielt sich über 13 Wochen lang in der Stratosphäre. Zuerst überquerte er den Pazifik innerhalb von zwei Wochen ostwärts. Dann schwebte er mehr als eine Woche lang über der Spitze Südamerikas. Und schließlich folgte eine zehnwöchige Reise um die Welt in westliche Richtung, die bis Anfang April 2020 über 66.000 Kilometer weit verfolgt werden konnte.

Dabei wurden Rauch und Feuchtigkeit bis in 35 Kilometer Höhe transportiert – so hoch, wie seit dem Ausbruch des Vulkans Pinatubo nicht mehr beobachtet. Der Wirbel schloss die Rauchpartikel in sich ein und bewahrte sie so davor, verdünnt zu werden. Die Absorption der Sonnenstrahlung durch den Rauch im Zentrum führte zu einer Erwärmung und zu einer Zirkulation gegen den Uhrzeigersinn wie bei einem Hochdruckgebiet auf der Südhemisphäre.

Derartiges wurde so bisher noch nicht beobachtet.

Dr. Albert Ansmann, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)

"Dies ist der erste Beweis dafür, dass der Rauch auch Veränderungen der Winde in der Stratosphäre verursacht und eröffnet eine ganz neue Richtung der wissenschaftlichen Forschung", sagt Dr. Albert Ansmann vom TROPOS. "Der Einfluss der Waldbrände auf die Atmosphäre könnte viel größer sein, als wir bisher denken."

Kurze Ursache, lange Wirkung

Mit Hilfe einer Aerosol-Modellierung wurde die Strahlungsbilanz der Rauchwolke überprüft. Dabei kam heraus, dass die wärmende Wirkung in der Atmosphäre und die Abkühlung an der Erdoberfläche viel länger anhielten, als die Forscherinnen und Forscher erwartet hätten. "Diese Veränderungen beeinflussten das Klima auf der Südhalbkugel eineinhalb Jahre lang. Zurückzuführen sind sie aber im Wesentlichen auf lediglich vier Tage mit Rauch aus Pyrokonvektion", sagt TROPOS-Forscher Dr. Bernd Heinold.

In bisherigen Klimamodellen wurde die Rolle solcher großen Waldbrände wahrscheinlich unterschätzt, weil es bisher zu wenig Wissen darüber gab. Das könnte sich laut TROPOS-Wissenschaftlerin Prof. Ina Tegen nun ändern. Sie sagt, es werde immer wichtiger, "Klimamodelle in die Lage zu versetzen, besser mit der Auswirkung von Waldbränden auf die Atmosphäre umzugehen, da diese als Reaktion auf die anthropogene Klimaerwärmung voraussichtlich weltweit an Häufigkeit und Schwere zunehmen werden".

Sommer 2022 in Europa

In diesem Jahr war die erwähnte Zunahme an Häufigkeit und Schwere von Waldbränden schon zu beobachten. Wie der "Copernicus Atmosphere Monitoring Service" (CAMS) berichtet, haben die Waldbrand-Emissionen in Europa den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Die Gesamtemissionen in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich von Juni bis August 2022 werden auf 6,4 Megatonnen Kohlenstoff geschätzt, den höchsten Wert für diese Monate seit dem Sommer 2007.

Mark Parrington, leitender Wissenschaftler und Experte für Waldbrände beim CAMS hält dieses Ausmaß für äußerst besorgniserregend. "Die meisten Brände ereigneten sich an Orten, an denen der Klimawandel die Entflammbarkeit der Vegetation erhöht hat, wie in Südwesteuropa, und wie wir es auch in anderen Regionen in anderen Jahren gesehen haben."
CAMS ist nun aber schon wieder mit anderen Schauplätzen beschäftigt. Im Amazonasgebiet und in ganz Südamerika wird in den kommenden Wochen die "Hochzeit" der dortigen Waldbrände erwartet.

Warnung der Weltwetterorganisation

Zum heutigen "Tag der sauberen Luft" (7. September) warnte die Weltwetterorganisation (WMO) vor einer generell verschlechterten Luftqualität durch den Klimawandel, auch aufgrund von Waldbränden, aber nicht nur. Die atmosphärischen Bedingungen, Sonneneinstrahlung und schwacher Wind führten zu hohen Schadstoffwerten, auch von Ozon, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Man habe es bei den Hitzewellen in Europa und China in diesem Jahr gesehen. Dies sei "ein Vorgeschmack auf die Zukunft, denn wir erwarten eine weitere Zunahme der Häufigkeit, Intensität und Dauer von Hitzewellen, was zu einer noch schlechteren Luftqualität führen könnte."

Links / Studien

(rr)