Die Medienschau

Kommentare zur Parlamentswahl in Georgien

28. Oktober 2024, 00:05 Uhr


"Wie fair und frei das Wahlergebnis zustande gekommen ist, muss erst noch ausgewertet werden" schreibt die Süddeutsche Zeitung aus München. "Schließlich eint die Georgier eigentlich nichts so sehr wie ihr Wunsch, zu Europa zu gehören, das zeigt jede Umfrage, und zwar seit Jahren. Umso erklärungsbedürftiger erscheint nun der Wahltriumph der Regierungspartei 'Georgischer Traum'. Die hat sich zwar nie offen gegen einen Beitritt ausgesprochen, das Land aber auf einen derart repressiven Pfad geführt, dass Georgiens hart erarbeiteter Kandidatenstatus im Juni ausgesetzt wurde."

Ähnlich sieht das die Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Es ist angesichts der Stimmung im Land nicht glaubhaft, dass die Partei auf ehrliche Weise ebenso viele Menschen mobilisieren konnte wie bei ihrem ersten Wahlsieg vor zwölf Jahren, als sie als Hoffnungsträger auf einer Welle der Begeisterung schwamm. Mit dieser Wahl hat der Georgische Traum seine bisherige demokratische Legitimation verloren."

Die Lausitzer Rundschau aus Cottbus kommentiert: "Georgiens Regierung wendet dem Westen demonstrativ den Rücken zu, um Richtung Moskau zu dienern. Ihre Parlamentsmehrheit drückte dieses Jahr nach dem Vorbild Wladimir Putins Gesetze gegen die LGBT oder kritische NGOs durch, Iwanischwili und Co. beschworen ebenfalls nach Putins Vorbild 'traditionelle Werte'. Faire Wahlen gehören nicht zu diesen Werten."

Auch die Volksstimme aus Magdeburg hebt Russlands Einfluss hervor: "Freilich ist Georgien gespalten. Die nach Europa strebende Opposition hält die Wahl für gefälscht, was nach georgischen Erfahrungen nicht soweit hergeholt wäre. [...] Insgesamt hat sich an Russlands Südgrenze ein Wandel vollzogen, den wohl selbst die Kreml-Führung kaum für möglich gehalten hätte. Putin ist seinem großen Ziel wieder ein Stück näher gekommen: einem Russland in den Grenzen der früheren Sowjetunion."

Zum Schluss blickt zeit.de auf den Gründer der Regierungspartei und Hintergrundherrscher, Bidsina Iwanischwili: "Der Oligarch steht nun vor der Wahl: Will er den Weg Alexander Lukaschenkos in die internationale Isolation gehen und ein Vasallenstaat Russlands werden? Oder stattdessen das Land gen Westen führen? [...] Iwanischwili will diese Vision offenbar endgültig begraben."