Russland Straflager-Haft für Politkowskaja-Mörder

17. Juli 2018, 16:15 Uhr

Zweimal lebenslänglich, einmal zwölf, einmal 14, einmal 20 Jahre Lagerhaft: Das sind die Urteile, die das Moskauer Stadtgericht gegen die mutmaßlichen Mörder der regimekritischen russischen Journalistin Anna Politkowskaja gesprochen hat. Für viele Menschen bleibt jedoch ein fader Beigeschmack - die Befürchtung: Die wahren Drahtzieher des Attentats sind bis heute nicht ermittelt.

Beinahe acht Jahre ist es schon her, dass die kritische russisch-amerikanische Journalistin Anna Politkowskaja im Treppenhaus ihrer Wohnung ermordet wurde. Nun hat das Moskauer Stadtgericht fünf Tatbeteiligte zu langen Straflager-Haftstrafen verurteilt.

Verteidigung kündigt Revision an

Der Organisator des Verbrechens sowie der Mann, der vermutlich den tödlichen Schuss abgegeben hat, müssen lebenslang ins Straflager. Drei weitere Tatbeteiligte müssen für zwölf, 14 und 20 Jahre ins Straflager, entschied der Moskauer Richter Pawel Meljochin. Zuvor hatte die Verteidigung einen Freispruch der Angeklagten verlangt - aus Mangel an Beweisen. Sie will das Urteil anfechten. Geschworene hatten die Angeklagten bereits im Mai des Mordes schuldig gesprochen.

Kritische Journalistin, engagierte Aktivistin

Anna Politkowskaja war Mitarbeiterin der Moskauer Zeitung "Nowaja Gaseta" und als Putin-Gegnerin bekannt. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin engagierte sie sich auch als Aktivistin für Menschenrechte. Für Aufsehen sorgten ihre Reportagen und Bücher über den Krieg in Tschetschenien. Sie gehörte zu den wenigen Reportern, die der offiziellen Berichterstattung aus dem Kriegsgebiet stets vehement widersprachen. Auch mit ihren Berichten über Korruption im Kreml sorgte Politkowskaja für Aufsehen und zog den Groll der russischen Führung auf sich.

Tod im Treppenhaus

Morddrohungen gegen Politkowskaja hatte es bereits Anfang der 2000er Jahre gegeben, was sie dazu bewog, für einige Monate nach Österreich zu fliehen. Wenig später kehrte sie jedoch nach Russland zurück und setzte ihre regimekritische Arbeit fort. Am 7. Oktober 2006 wurde sie im Treppenhaus zu ihrer Moskauer Wohnung durch mehrere Schüsse getötet. Dabei zeichnete eine Überwachungskamera im Eingangsbereich des Hauses Bilder des mutmaßlichen Täters auf. Die Zeitung Nowaja Gaseta, bei der Politkowskaja beschäftigt gewesen war, schrieb daraufhin eine Belohnung von mehreren hunderttausend Euro für Hinweise auf den Täter aus.

Internationale Untersuchungskommission gefordert

In den westlichen Medien wurde die Ermordung der regimekritischen Journalistin zu einer Art Symbol für die restriktive Herrschaft Wladimir Putins. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" lancierte eine Petition, die eine internationale Untersuchung des Verbrechens forderte. Immer wieder wurden und werden Spekulationen laut, denen zufolge die Hintermänner des Attentats enge Verbindungen zu russischen Regierungskreisen haben.

"Nur ein kleiner Schritt zur Gerechtigkeit"

Die Straflager-Urteile gegen die mutmaßlichen Täter rufen bei Menschenrechtsorganisationen indes nur wenig Begeisterung hervor. Amnesty International teilte mit, dass dies nur ein "kleiner Schritt" auf dem Weg zur Gerechtigkeit sei. Der Chef von Amnesty International Russland forderte, dass die wirklichen Drahtzieher des Verbrechens ausfindig gemacht werden müssten - nur so sei der Fall endgültig aufzuklären.