Kritik von Sozialverbänden Viele Bürgergeldempfänger müssen bei Wohnkosten draufzahlen
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11. August 2024, 15:57 Uhr
Wenn die Wohnungen von Bürgergeldempfängern bestimmten Richtwerten nicht entsprechen, müssen sie draufzahlen. Das betrifft in Sachsen-Anhalt etwa 10.300 Haushalte, in Sachsen 13.000. Regional gibt es große Unterschiede.
Inhalt des Artikels:
- Die Wohnkosten von Bürgergeldempfängern werden nur dann vollständig übernommen, wenn ihre Wohnungen bestimmten Richtwerten entsprechen.
- Bei vielen Betroffenen ist das nicht der Fall. Dann müssen die Haushalte Zuzahlungen leisten.
- In Sachsen-Anhalt betrifft das rund 10.300 Bürgergeld-Haushalte, in Sachsen rund 13.000.
Wenn Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld in einer Wohnung leben, die als nicht angemessen gilt, müssen sie bei Miete und Heizkosten draufzahlen. In Sachsen-Anhalt betrifft das viele Menschen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor.
Für die Wohnung von Bürgergeldbeziehenden gelten regional unterschiedliche Richtwerte für Miete und Wohnungsgröße. Ist eine Wohnung größer oder teurer als die Richtwerte erlauben, sollen die Betroffenen umziehen oder beispielsweise ein Zimmer untervermieten. Schon seit langem kritisieren Sozialverbände, dass die Richtwerte vielerorts unrealistisch seien. Den Betroffenen fehle das Geld, das sie zuzahlen müssten, für Lebensmittel, Kleidung und Bildung.
So ist die Situation in Sachsen-Anhalt
11,5 Prozent der Haushalte in Sachsen-Anhalt, die Bürgergeld empfangen, mussten im vergangenen Jahr draufzahlen. Das sind mehr als 10.300 Haushalte. Für sie werden die Wohnkosten, also Miete und Heizkosten, eigentlich vom Staat übernommen – wenn die Unterkunft als "angemessen" bewertet wird. Betroffene mussten im Durchschnitt monatlich etwa 78 Euro zuzahlen.
Die Situation ist dabei in Sachsen-Anhalt je nach Wohnort sehr unterschiedlich. Im Saalekreis mussten die betroffenen Haushalte im Schnitt am meisten zuzahlen: 112 Euro. In Halle und dem Landkreis Mansfeld-Südharz waren es monatlich durchschnittlich 100 Euro. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld mussten betroffene Bedarfsgemeinschaften nur etwas mehr als die Hälfte von dem zahlen, was Betroffene im Saalekreis zahlen mussten, nämlich rund 63 Euro. Im Landkreis Stendal und im Altmarkkreis Salzwedel waren es jeweils knapp 67 Euro im Monat.
So ist die Situation in Sachsen
In Sachsen mussten im vergangenen Jahr mehr als 13.000 Bürgergeld-Haushalte bei Miete und Heizkosten draufzahlen. Das war rund jeder zehnte Haushalt mit Bürgergeldbezug. Im Schnitt waren es rund 83 Euro, die die Haushalte selbst zahlen mussten. Besonders teuer wurde es für Haushalte mit Kindern, die mussten knapp 102 Euro im Monat zusätzlich zahlen.
Regional waren die Zuzahlungen unterschiedlich hoch. Am meisten mussten Bürgergeld-Haushalte in Dresden zahlen, nämlich im Schnitt 114 Euro. In Leipzig waren es im Schnitt 104 Euro. Im Landkreis Görlitz waren die Zuzahlungen mit 59 Euro am geringsten.
Bundesweit bekamen im vergangenen Jahr fast 320.000 Bürgergeld-Haushalte nicht die vollen Wohnkosten erstattet. Das erklärte das Arbeitsministerium. Betroffene mussten bundesweit im Durchschnitt jeden Monat 103 Euro selbst zahlen.
dpa, MDR (Alisa Sonntag, Ralph Hälbig)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. August 2024 | 14:00 Uhr
Micha R vor 4 Wochen
@ pwsksk
"...Warum spricht denn selbst Herr Heil jetzt von Sanktionen, wenn es nur um 16000 Menschen geht?"
Offensichtlich wegen Problemen mit den Totalverweigerern hat die Bundesregierung mit ihrer "Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland" vom 5. Juli 2024 (online abrufbar) unter dem Punkt 23 - Erwerbsanreize im Bürgergeldbezug stärken
im Absatz e auch festgelegt, Zitat:
"Das Instrument der Arbeitsgelegenheiten nach § 16 d SGB II soll eine Brücke in den regulären Arbeitsmarkt darstellen. Dies ist insbesondere für Personen von besonderer Bedeutung, die sich Maßnahmen immer wieder verweigern (Totalverweigerer). Bei dieser Personengruppe kann der schrittweise Einstieg in den Arbeitsmarkt befördert werden. Ein-Euro-Jobs werden wir verstärkt für diese Personengruppe nutzen."
pwsksk vor 4 Wochen
Ihr erster Absatz ist entscheidend. Glasklar.
Den ganzen Statistiken glaube ich aber nicht mehr. Warum spricht denn selbst Herr Heil jetzt von Sanktionen, wenn es nur um 16000 Menschen geht?
pwsksk vor 4 Wochen
"Eine Verpflichtung der Kommunen zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum mit der geforderten Durchschnittsgröße existiert nicht."
Können sie mir mal sagen, wie gerade die KOMMUNEN das machen wollen/können??