MDR Investigativ - Post Vac
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MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche (Folge 65) Post Vac Syndrom – wie Betroffene an den Folgen einer Corona-Impfung leiden

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Nach fast zwei Jahren ist klar, dass die Corona-Impfung sicher ist. Aber es gibt sie: seltene, aber schwere Nebenwirkungen. Zum Beispiel Atemnot, Gliederschmerzen und Müdigkeit beeinträchtigen den Alltag der Betroffenen, dennoch fühlen sie sich oft nicht ernst genommen.

Dieses Gefühl, dass Schmerzen die ganze Zeit im ganzen Körper da sind und pulsieren und einfach dauerhaft der Begleiter sind.

Nike Schmitz

Ich kam nicht mehr aus dem Bett raus. Ich wurde ein Pflegefall.

Piet Steiner

Ich habe wirklich gedacht, ich habe einen Herzinfarkt oder ich sterbe oder so etwas. Und es ging immer weiter, immer weiter, immer weiter.

Stefanie von Wietersheim

Esther Stephan (ES): Sie haben gerade drei Personen gehört, die nach ihrer Corona-Schutzimpfung mit schweren, gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten. Seit begonnen wurde, gegen das Coronavirus zu impfen, hat es auch immer wieder Geschichten über Nebenwirkungen oder sogar schlimme Impfschäden geben. Nach fast zwei Jahren haben sich die Impfungen als sehr sicher erwiesen. Trotzdem gibt es sie: seltene, aber schwere Nebenwirkungen, die auch noch einige Zeit nach der Impfung anhalten können.

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MDR Investigativ - Post Vac 21 min
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Sie hören den Podcast "MDR Investigativ - Hinter der Recherche". Und wir sprechen hier mit Journalist*innen über ihre Recherchen. Es geht um das Thema, und es geht darum, welche Erfahrungen die Journalist*innen während der Dreharbeiten gemacht haben. Ich bin ein Esther Stephan und ich arbeite für die politischen Magazine des Mitteldeutschen Rundfunks.

Knud Vetten hat für MDR Investigativ zum sogenannten Post Vac Syndrom recherchiert und wir sprechen heute darüber. Hallo Knud!

Knud Vetten (KV): Hallo Esther!

ES: Du hast dich in den letzten Monaten viel mit dem Post Vac Syndrom beschäftigt. Wie bist du denn zu dem Thema überhaupt gekommen?

KV: Das war eigentlich ein absoluter Zufall. Eine Freundin hat mir eine Geschichte erzählt, dass sie beim Gassigehen jemanden getroffen hat, der ihr seine Krankheitsgeschichte erzählt hat. Und sie hat daraufhin sich dessen Nummer geben lassen, sodass ich den Mann anrufen konnte. Es handelte sich um Piet Steiner, und er hat mir eine tatsächlich eindrückliche Geschichte über das erzählt, was ihm nach der Impfung widerfahren ist. Er war eine ganze Zeit lang, und zwar Monate, ein Pflegefall, wie es selber schildert. Das heißt, seine Freundin hat ihn gepflegt, er konnte teilweise nicht mehr - das war so eine von seinen eindrücklichen Geschichten - er konnte sich sein Essen nicht mehr selber schneiden. Er musste es sich von seiner Freundin schneiden lassen. Und er war über Monate hinweg im Bett. Ich habe ihn dann getroffen, da ging es ihm schon etwas besser, und zwar in seinem Fitnessstudio. Wir sind dann die Treppe hochgegangen, und dabei ist mir aufgefallen, dass er kaum Luft bekommen hat. Und das hab ich ihn dann auch gleich gefragt. Und tatsächlich hatte er Probleme, einfach die Treppe hoch zu gehen. Piet Steiner ist 27 Jahre alt. Er hat lange Zeit Fußball auf hohem Niveau gespielt und ist durchtrainiert. Der war jede Woche im Fitnessstudio, und dieser Mann kann die Treppe nicht mehr richtig hochgehen. Das hat mich doch sehr stark beeindruckt. Und das war der erste Protagonist, den ich kennengelernt habe.

ES: Sind das dann die typischen Symptome, woran man Post Vac erkennt? Also Atemlosigkeit, Fatique, die wir ja auch von Long-Covid kennen? Oder gibt es da auch andere Dinge, an denen man erkennt: okay, das könnte Post Vac sein?

KV: Es gibt eine aktuelle Umfrage einer Selbsthilfegruppe. Die haben 800, Post Vac Betroffene befragt, und die haben dann an erster Stelle Taubheitsgefühle genannt, gefolgt von Brainfog. Brainfog ist das, was unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der Beschreibung von Post Vac erwähnt hat: Konzentrationsschwächen. Danach kommen Schwindel, Muskelschmerzen, Herzrasen, Muskelzuckungen, Nervenschmerzen. Das sind die häufigsten Symptome, die von den Betroffenen selbst genannt werden. Es ist ein vielfältiges Krankheitsbild, das vor allem Post Covid ähnelt. Das sind neurologische Probleme, der sind kardiale Symptome bis zu Lähmungserscheinungen und dieses Fatigue also absolute Müdigkeit, vergleichbar mit einem Krankheitsbild, das man schon seit Jahrzehnten kennt. Das sogenannte ME/CFS, das chronische Fatigue-Syndrom. Das sind die Symptome, die auftreten, ohne dass man das Krankheitsbild ganz genau beschreiben kann, bis heute. Das ist ja bei Long Covid auch so und bei Long Covid gibt es insgesamt laut einer neueren Studie ungefähr 200 Symptome also das ist absolut vielfältig.

ES: Jetzt ist es aber eigentlich auch normal, dass man nach der Impfung eine Impfreaktion hatte. Ich erinnere mich auch, dass ich nach meinen Impfungen am nächsten Tag schlapp war, mich ausruhen musste. Und dann ging das auch wieder. Ab wann spricht man dann eigentlich von Post Vac?

KV: Zunächst mal ist das eine Bezeichnung, also Post Vac, nach der Impfung, so ist es ja wörtlich zu nehmen. Und es ist damit aber auch ein zeitlicher Rahmen gesetzt. Also Post Vac sind Schwierigkeiten oder gesundheitliche Einschränkungen, die auch nach drei Monaten nach der Impfung immer noch da sind. Und natürlich überschreiten diese Symptome die normalen Reaktionen, die sehr viele Leute haben. Also Rötungen, Schwellungen, Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Unwohlsein das sind ja in Anführungszeichen normale Reaktionen des Immunsystems, nachdem der Impfstoff verabreicht worden ist.

ES: Und woher weiß man, dass diese Symptome auf die Impfung zurückzuführen sind und nicht zum Beispiel mit einer anderen Infektion zusammenhängen, die vielleicht mehr oder weniger zeitgleich stattgefunden hat?

KV: Also zunächst mal habe ich bei denen, die ich interviewt habe, die in unseren Filmen die Protagonisten gewesen sind, festgestellt, ob sie in dem Zeitraum oder davor Corona gehabt haben. Das war bei allen Leuten, mit denen ich gesprochen habe, nicht der Fall. Das heißt, die Auslöser können nicht Corona gewesen sein. Dann gibt es eben diesen zeitlichen Zusammenhang. Es muss im zeitlichen Zusammenhang nach der Impfung passiert sein. Und ein weiteres Kriterium ist auch, dass man sich anschaut, ob die Personen irgendwelche Vorerkrankungen gehabt haben. Einige von meinen Protagonisten waren kurz vorher beim Arzt, haben sich untersuchen lassen oder standen kurz vor einer sportlichen Herausforderung und waren beim Sportarzt gewesen. Ich habe auch immer, soweit ich das konnte, sichergestellt, dass es nicht irgendwelche Vorerkrankungen gab, die dadurch ausgebrochen sind.

ES: Du hast vorhin schonmal von 800 Befragten gesprochen. Weiß man, wie viele Menschen in Deutschland Post Vac haben?

KV: Das ist einer der großen Diskussionspunkte zu diesem Thema. Gesundheitsminister Lauterbach hat ja im Juni das erste Mal das Wort Post Vac überhaupt in den Mund genommen. Damit hat er aber auch anerkannt, dass es Impfnebenwirkungen gibt. Er hat gesagt sehr, sehr wenige. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut verweist in dem Zusammenhang auf seine eigenen Sicherheitsberichte. Nach dem neuesten, der im September rausgekommen ist, sind es 0,3 Meldungen pro 1000 Impfdosen. Wir haben ja insgesamt über 180 Millionen Impfdosen in Deutschland bisher verimpft. Das heißt, das ist natürlich ein sehr kleiner Anteil. Nach unseren Berechnungen, wenn wir die 0,3 Meldungen pro tausend Impfdosen nehmen, kommen wir auf mehr als 50.000 Fälle. Das sind Verdachtsfälle auf schwerwiegende Impfnebenwirkungen. Eine geringe Zahl, aber 50.000 ist nunmal nicht nichts und für jeden einzelnen Fall, wenn er dann tatsächlich sich so darstellt, wie zum Beispiel bei den Personen, die ich in den Filmen hatte, dann sind das dramatische Änderungen in deren Leben. Die meisten können nicht mehr arbeiten, und die Zukunft ist von einem Tag auf den anderen in der Perspektive völlig unsicher geworden.

ES: Deren Perspektive zeigst du auch in deinem Film. Wir haben auch drei der Betroffenen am Anfang schon mal gehört. Und zwar Nike Schmitz, Piet Steiner und Stefanie von Wietersheim. Von Piet Steiner hast du eben schon erzählt. Wie hast du denn Nike Schmitz und Stefanie von Wietersheim gefunden?

KV: Es gibt ja diese Selbsthilfegruppen. Ich habe dann angefangen, dort mitzulesen und auch Kontakte zu knüpfen. Ich bin über Tipps an sowohl Nike Schmitz und auch Stefanie von Wietersheim gekommen und habe mit ihnen längere Telefonate geführt. Im Vergleich zu anderen Personen, zu anderen Betroffenen, habe ich die zwei gefragt, ob sie mit mir drehen wollen. Und dem haben sie dann auch zugestimmt. Insgesamt habe ich jetzt ungefähr mit 20 Betroffenen Telefonate geführt. Mit acht Leuten habe ich Dreharbeiten durchgeführt, und wir haben ganz viele Krankheitsberichte bekommen, nachdem wir die ersten Ausstrahlungen unserer Post Vac Filme in die Öffentlichkeit gebracht haben. Ich habe mir die immer durchgelesen, um zu sehen, ob da auch noch mal ein Fall ist, dem man besonders nachgehen musste. Aber es ist so viel geworden, dass ich nicht mehr allen Spuren nachgehen konnte.

ES: Gab es denn in diesen ganzen Gesprächen, die du geführt hast, irgendetwas, was dich überrascht hat? Was du zu Beginn einer Recherche vielleicht nicht erwartet hast?

KV: Also erst mal habe ich das Thema ja gar nicht erwartet. Das war ja reiner Zufall, dass ich Piet Steiner kennengelernt habe und er mir seine Krankengeschichte erzählt hat. Und als ich die hörte, war ich ehrlich gesagt, schockiert. Ich hatte nicht damit gerechnet, das es tatsächlich so schwere Einschränkungen gibt, wenn man die Impfung nicht vertragen hat. Und dass ein 27-jähriger, topfitter Sportler in einen derartigen Zustand gerät, dass er ein Pflegefall ist, das hat mich schon sehr, sehr irritiert. Und das ist eigentlich weitergegangen. Denn alle Betroffenen, die wir gefilmt haben, die wir gedreht haben und die in unseren Filmen vorgekommen sind, haben extrem schwere Krankheitsverläufe.

ES: Und gleichzeitig berichten die ja auch immer wieder relativ einhellig, war mein Eindruck, dass sie sich eben nicht ernst genommen fühlen. Was ist denn das Problem? Was würden Sie sich denn wünschen mit ihrer Krankheit?

KV: Was die Recherche relativ schnell beim ersten Protagonisten Piet Steiner hervorgebracht hat, was, dass ihm seine eigene Hausärztin nicht geglaubt hat. Das heißt, sie hat dieses Post Vac Syndrom am Anfang gar nicht gekannt. Es war ihr durch Piet Steiner, irgendwann mal logisch, dass es das gibt. Dann hat sie aber verneint, dass er es hat. Und das ist etwas, was mir immer wieder untergekommen ist. Dass viele Hausärzte diese Krankheitsbilder nicht einordnen können oder nicht einordnen wollen, das hat sicher immer unterschiedliche Hintergründe. Aber die Folge ist, dass ganz viele Patienten von einem Arzt zum anderen geschickt werden, weil man nicht weiß, was sie eigentlich tatsächlich haben. Und die Hausärzte sind ja in dem System an dieser Stelle sehr wichtig, denn sie würden ja als erstes, wenn sie eine schwerwiegende Impfnebenreaktion feststellen, das dem Paul-Ehrlich-Institut melden müssen. So ist das vorgesehen. Und wenn sie das nicht tun, dann haben wir natürlich ein Problem überhaupt festzustellen, wie viele Fälle wir haben. Man kann das dann selber melden, als Betroffener. Aber in der ersten Analyse sind die Ärzte sehr oft nicht in der Lage, dieses Krankheitsbild zu erkennen und dann auch so, wie es vorgeschrieben ist, zu melden.

ES: Noch einmal zur Einordnung: Das Paul-Ehrlich-Institut, die sind eben zuständig für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Aber noch einmal zu den Ärzten: Wenn man merkt, man ist krank, wie sieht denn dann eine mögliche Behandlung aus, wenn es denn dann erkannt wird?

KV: Der Mann, der sich in Deutschland am besten damit auskennt, sitzt an der Uniklinik in Marburg. Das ist Bernhard Schieffer, der ungefähr 500 solcher Patienten gesehen hat. Und er spricht davon, dass das ein ganz breites Krankheitsbild ist, vergleichbar mit Long Covid. Und bei Long Covid haben wir aus der jüngsten Studie erfahren, das es ungefähr 200 Symptome gibt. Und die Behandlung muss dann individuell auf den einzelnen Menschen angelegt sein. Es gibt keine generelle Behandlung bisher.

ES: So wie ich das verstanden habe, in deinem Film, ist es tatsächlich nur die Uniklinik Marburg, die da spezialisiert ist, oder?

KV: Die einzige Post Vac Ambulanz, die wir in Deutschland haben, ist die Uniklinik Marburg. Dort sind ungefähr 500 Patienten bisher behandelt worden. Ich habe bei meinen Protagonisten einige gehabt, die in Marburg gewesen sind oder dort immer noch als Patienten regelmäßig vorstellig werden. Und was sie mir gesagt haben, ist erstens mal, dass sie dort ernst genommen worden sind. Dass man von Anfang an gesagt hat: ja, hier ist anscheinend ein Problem da. Dass man dann versucht hat, eine Therapie zu finden. Und das weitere ist, und das zeigt die Problematik eigentlich: In Deutschland gibt es 5000 Leute, die auf der Warteliste für Marburg stehen. Das heißt, die wollen dort behandelt werden. Wenn sich heute jemand in Marburg meldet, dann kommt er nächstes Jahr, ungefähr um diese Zeit, hat er die Chance, dort hinzukommen.

ES: Jetzt geht deine Recherche auch schon eine Weile. Hast du denn das Gefühl, wenn du so mit Ärzten auch darüber sprichst und mit Ärztinnen, dass es vielleicht langsam durchsickert? Ich meine, es sind im Verhältnis ja doch recht wenige Fälle. Da ist vielleicht verständlich, dass es noch nicht in jeder Praxis angekommen ist, dass die Schwierigkeiten damit haben, das einzuordnen. Hast du das Gefühl, dass da die Sensibilität steigt?

KV: Dazu habe ich ehrlich gesagt zu wenig Überblick, als dass ich so eine generelle Bewertung abgeben könnte. Ich weiß auch, dass es anders laufen kann. Wir haben vor Kurzem mit Vera Rieder gedreht. Die hat ein sehr gutes Ärzteteam relativ schnell gefunden, und ihr wurde auch schnell geholfen. Es ist nicht immer so, dass man sagen muss: die Ärzte kennen das nicht, wissen das nicht und melden das nicht. Aber ich glaube, das sind auf jeden Fall aus meiner Erfahrung eher die Ausnahmen, dass Ärzte sagen: ja, genau, da gibt es einen zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung und diesen zeitlichen Zusammenhang, den müssen wir uns näher ansehen.

ES: Am Ende dieser Meldekette steht ja dann vielleicht auch der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Du hast eben schon gesagt, er hat sich doch auch mal irgendwann letzten Sommer in einem Video geäußert. Konntest du denn mit dem sprechen? Oder weißt du, wie er das bislang einordnet? Das Post Vac Syndrom?

KV: Nein, ich kann aus persönlicher Wahrnehmung darüber gar nichts sagen, wie Karl Lauterbach sich unseren Fragen im Detail stellen würde. Ich kenne die öffentlichen Äußerungen, die er in diesem Zusammenhang getätigt hat. Das hat er im Juni ja gemacht. Er hat zunächst mal eingeräumt, dass es Impfnebenwirkungen gibt. Er hat hinzugefügt, sehr selten. Und sie verlaufen auch weniger dramatisch, als bei Long Covid. Diese zweite Behauptung ist eine, die in der Community auf große Empörung stößt, weil die Krankheitsverläufe sind nicht leicht. Das ist etwas, was auch noch einmal angeschaut werden müsste von der Aussage her. Wir haben Karl Lauterbach dreimal gefragt, ob wir ein Interview zu dem Thema bekommen. Und es ist am Anfang noch so gewesen, als würde tatsächlich es möglich sein. Es ist nur erstmal ein zeitliches Problem, den Gesundheitsminister zu dem Thema zu befragen. Zum Schluss waren die Absagen ganz klar. Es ist auch so, dass er Post Vac im Juni das allererste Mal erwähnt hat. Und bevor er Gesundheitsminister geworden ist, hat er ja selber gesagt, dass es Nebenwirkungen bei der Impfung eigentlich nicht geben kann.

ES: Ich habe mir jetzt auch noch einmal die Kommentare zu deinem Film angeschaut und da sind total viele Menschen, die sagen, dass sie sehr Ähnliches erlebt haben, dass sie eben diese Komplikation nach der Impfung hatten. Wenn ich jetzt ganz ehrlich bin, dann klang vieles für mich auch eher danach, als käme es so aus der Richtung Querdenken. Wie ist denn bisher das Feedback zu deinem Film? Was hast du so mitbekommen?

KV: Diese Wahrnehmung habe ich nicht, dass die Kommentare vor allem aus der Querdenker-Szene kommen. Nach unserem Film bei Exactly gab es eine sehr große Resonanz. Aktuell gibt es auf YouTube mehr als 2 Millionen Aufrufe. Unter anderem gab es aber auch Tausende von Kommentaren. Ich habe am Anfang versucht mitzulesen, damit ich so ein bisschen die Tendenz kriege, wie die Leute das aufnehmen und was sie als Kommentare von sich geben. Für mich war es sehr auffällig, dass das Gros der Kommentare, also wenn man es in irgendeiner Weise sortieren wollte, handelt davon, dass die Leute erzählen, dass sie selber ein Problem hatten, dass sie selber ein Problem nach der Impfung gehabt haben oder jemanden kennen, der ein schweres Problem nach der Impfung hatte. Das waren meiner Ansicht nach die meisten Kommentare. Die extreme Szene der Impfgegner hat unseren Film sowieso als nicht wahrheitsgemäß kommentiert. Was ich sehr unangenehm fand und auch in die Richtung Hass gegangen ist, dass man den Protagonisten unterstellt hat, dass sie lügen. Also das fand ich sehr, sehr unappetitlich. Dass man Leuten, die eine Krankheit haben, über diese Krankheit reden, öffentlich, dass man denen dann unterstellt, dass sie gekaufte Schauspieler sind, so war eine Formulierung. Und unsere Berichterstattung wurde als heuchlerisch bezeichnet. Das sind Querdenker. Diese Kommentare liest man dann nur auf den einschlägigen Seiten.

ES: Du hast deine Filme, es sind ja mehrere entstanden, aus diesem Thema Post Vac, du hast mit vielen Menschen gesprochen. Über einige haben wir hier jetzt auch schon gesprochen. Piet Steiner zum Beispiel. Weißt du, wie es den Menschen mittlerweile geht, mit denen du für deinen Film gesprochen hast? Nach diesen Monaten?

KV: Mit Piet Steiner hab ich vor Kurzem erst telefoniert. Und da kamen wir natürlich auch zu dem Thema, wie es ihm heute geht. Er hat offensichtlich eine Ärztin gefunden, die eine Therapie mit seinen Zellen macht. Was das genau ist, kann ich nicht sagen, habe mich da nicht vertieft. Aber er sagte, dass ihm diese Therapie sehr geholfen habe. Und das, was wir damals aufgenommen haben im Juli, scheint in der Dramatik nicht mehr da zu sein. Er kann die Treppe wieder hochgehen, und er hat auch wieder angefangen, im Fitnessstudio die ersten Übungen zu machen. Aber das ist ein langer Weg. Ich sehe diese gesundheitlichen Besserungen auch bei anderen Personen, die wir interviewt haben, nach Monaten. Aber es gibt auch die Fälle, wo es einfach nicht besser wird. Es ist sehr, sehr individuell, wie die Verläufe sind. Man muss sich das angucken, genau so, wie man sich das Krankheitsbild im Detail an jeder einzelnen Person angucken muss, weil die Verläufe so unterschiedlich sind.

ES: Lieber Knud Vetten, danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast!

KV: Ja, danke Esther!

ES: Das war der Podcast "MDR Investigativ - Hinter der Recherche". Den Film zum Post Vac Syndrom, den finden Sie in der ARD Mediathek oder auf YouTube in der Reihe Exactly. Hier geht es dann in zwei Wochen weiter, und ich freue mich, wenn Sie auch dann wieder reinhören. Machen Sie es gut und bleiben Sie gesund!

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Exakt | 19. Oktober 2022 | 20:45 Uhr

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