Lutherjubel in der DDR
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Wie Honecker den Reformator feierte
11. Dezember 2017, 12:41 Uhr
Die Wartburg ist eine der schönsten und eine der berühmtesten Burgen Deutschlands. Die Heilige Elisabeth und Martin Luther haben der Wartburg zu Prominenz und zahlreichen Legenden verholfen. 1983 war hier der Schauplatz für die Feierlichkeiten zum 500. Geburtstag Martin Luthers. Die Staatsführung der DDR hatte den Reformator als Aushängeschild für sich entdeckt und die Welt zu sich eingeladen.
Der Film erinnert an das markante Ereignis, für das seinerzeit ein staatliches Lutherkomitee gegründet wurde und zu dessen Vorsitzenden das Staatsoberhaupt der DDR, Erich Honecker, gekürt wurde. Unter seiner Führung wollte sich die DDR mit dem Reformator versöhnen, der bisher als "Bauernschlächter und Fürstenknecht" galt. Die Kirche wiederum nutzte die Gelegenheit des Lutherjahres 1983, um den Westmedien ihre Informationen bereitzustellen. Einfach war es nicht gewesen, dem durchorganisierten Protokoll bei den Feierlichkeiten anlässlich des Lutherjahres zu entgehen, aber die Kirche konnte die Westmedien in ihrem Sinne nutzen:
Sie [die Westmedien] wurden von den staatlichen Organen gefürchtet. Wir hatten sie sehr gern gehabt, wissen Sie, nicht weil wir damit den Staat ärgern wollten, sondern weil wir über Westmedien an die eigene Bevölkerung kamen.
Luther als Vehikel der DDR-Propaganda
Mit Luthers Hilfe sollte die DDR außenpolitisch aufgewertet werden. Die Staatsführung gab sich dabei viel Mühe, es wurden über 100 Bücher, Schallplatten und Bildbände veröffentlicht sowie eine Münzkollektion geprägt. Vor allem aber produzierte man einen fünfteiligen Spielfilm über Luther. Entstanden auf dem Gebiet der DDR und der Tschechoslowakei, wurden dabei keine Kosten und kein logistischer Aufwand gescheut. So entstand an über 200 Drehtagen der bis heute längste Film über den Theologen überhaupt.
Es war schon eine sehr aufwendige Produktion. Angefangen bei der Liste der Schauspieler. Es war wirklich, wie wir immer gesagt haben, die erste Geige mit drin im Bild. Selbst in kleinen Rollen war alles richtig gut besetzt.
Honecker auf der Wartburg
Mit enormen finanziellen Mitteln wurden die Lutherstätten restauriert. Die Wartburg selbst erfuhr für viele Millionen Ostmark eine Schönheitskur. Eisenach befand sich dann im Frühjahr 1983 im Ausnahmezustand, Erich Honeckers Besuch auf der Wartburg sollte die Feierlichkeiten zum Lutherjahr einleiten. Der Besuch war ein nationales Ereignis und so wurden die Wege, die Honeckers Tross nahm, auf Hochglanz gebracht. Rote Fahnen und renovierte Fassaden schmückten die Strecke von Honecker. In der engen Wartburg-Kapelle trafen die Hauptprotagonisten Bischof Werner Leich und Erich Honecker aufeinander. Leich nutzte den Moment:
Ich habe damals zu Erich Honecker gesagt, dass wir hier für diejenigen beten, die um ihres Glaubens willen verfolgt und benachteiligt werden. Erich Honecker und die Begleitung haben eigentlich sehr stumm diese Kapelle und auch meine Worte aufgenommen.
Eröffnungsgotttesdienst zum Lutherjahr - live auch im DDR-Fernsehen
Am 4. Mai 1983 wurde schließlich der Eröffnungsgottesdienst zum Lutherjahr live in Ost und West übertragen. Das geschah bewusst an dem Tag, an dem Martin Luther auf der Wartburg ankam. Die evangelische Kirche schaffte es damals, Gemeindemitglieder und internationale Gäste zu versammeln. Im Gegensatz zu dem Besuch von Honecker kurze Zeit vorher, sollte die Stadt nicht hermetisch abgeriegelt werden. Die Predigten und Texte zum Festgottestdienst wurden jedoch von Staats wegen nicht kontrolliert. Nur hatte die DDR-Führung Angst davor, dass während der Live-Übertragung eventuell kritische Plakate entrollt werden könnten. Es wäre in einem solchen Falle seitens der Regie jedoch schlicht auf eine andere Kamera umgeschaltet worden.
Die Lutherfeierlichkeiten hatten für die Christen in der DDR zwar keine unmittelbaren Veränderungen gebracht, dennoch geriet 1983 einiges in Bewegung, was schließlich auch in den Ereignissen von 1989 mündete.