Hintergrund Haftschicksale in "Bautzen II"
Hauptinhalt
14. Juni 2011, 15:39 Uhr
In "Bautzen II" saßen ab 1956 mehr als 2.800 politische Häftlinge der DDR ein: Ob nun DDR- Staatsbürger oder Ausländer, die wegen Spionage oder sonstiger Delikte in das Räderwerk der Diktatur geraten waren.
Karl Wilhelm Fricke
1955 wurde der West-Journalist von einem Agentenpärchen betäubt und nach Ost-Berlin verschleppt. Monate lang wurde er von der Staatssicherheit verhört und letztendlich zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Fricke gehörte zu den ersten 126 Häftlingen, die nach "Bautzen II", in das neu errichtete Gefängnis für politische Gefangene, gebracht wurden. Dort traf er später auch Wolfgang Harich, Erich Loest und Walter Janka. 1959 wurde er entlassen und durfte in die Bundesrepublik ausreisen.
Wolfgang Harich
Wolfgang Harich war Philosoph und Cheflektor des Aufbauverlages. Er zählte zu einer kleinen Gruppe innerparteilicher Kritiker von Walter Ulbricht, die kurz nach der Niederschlagung des Ungarn-aufstandes 1956 ins Fadenkreuz der Stasi gerieten. Ulbricht wollte seine Kritiker mundtot machen, ließ ihn und andere verhaften und in Schauprozessen zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilen. Harich erhielt von allen Angeklagten die höchste Strafe: zehn Jahre Zuchthaus. 1964 wurde Harich freigelassen.
Rudolf Bahro
Die Veröffentlichung seines Buches "Die Alternative" 1977 in der Bundesrepublik und die dazu ausgestrahlten Fernsehinterviews führten zur Verhaftung durch die Stasi. Bahro wurde wegen Geheimnisverrats und Nachrichten-übermittlung zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Bautzen II absitzen sollte. 1979 wurde er amnestiert und konnte samt Familie ausreisen. Die DDR-Führung glaubte, einen lästigen Kritiker mehr losgeworden zu sein.
Erich Loest
Der Aufstand vom 17. Juni 1953 wurde das einschneidende Datum im Leben des Schriftstellers Erich Loest. Er erlebte den Tag in Berlin, war zu dieser Zeit Vorsitzender des Schriftstellerverbandes in Leipzig. Fortan setzte er sich auch öffentlich für die Entstalinisierung der DDR ein. Loests Kritik an den Verhältnissen in der DDR wurde vom SED-Regime als konterrevolutionär gebrandmarkt. Es folgte ein Gerichtsverfahren und das Urteil: siebeneinhalb Jahre Zuchthaus.
Thomas Raufeisen
Mit 19 Jahren wurde Thomas Raufeisen zu drei Jahren Haft in Bautzen verurteilt. Dieses Urteil war letztlich ein Akt der Sippenhaft: Denn nur sein Vater hatte eine "spezielle Verbindung" zur Stasi. Armin Raufeisen arbeitete beim Energieversorger "PreußenElektra" in Hannover und war für die Hauptverwaltung Aufklärung in Ost-Berlin unterwegs. Später siedelte er mit seiner Familie nach Ost-Berlin über. Diese jedoch wollte wieder nach Westdeutschland zurück und schmiedete Fluchtpläne. Die Familie wurde verhaftet. Thomas Raufeisen wurde 1984 freigelassen und durfte in den Westen ausreisen.