Die Romeo-Agenten der DDR Mit der Lizenz zum Verführen
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27. November 2024, 11:08 Uhr
Markus Wolf, Chef-Aufklärer der DDR und selbst überaus charmant und intelligent, setzte große Stücke auf seine "Romeo-Agenten". Eines der Opfer war die NATO-Angestellte Margarethe F. .
Martini trinkend sitzt ein charmanter Mann schicken Anzug an einer Hotelbar. Unauffällig blickt er sich um, nichts entgeht ihm. Der Gentleman flirtet mit einer elegant gekleideten Frau, lädt sie auf einen Drink ein und kommt mit ihr ins Gespräch. Ein Agent der HVA hat seine Angel ausgeworfen - jetzt muss sein Opfer, die ahnungslose Sekretärin eines einflussreichen West-Politikers, nur noch anbeißen.
Was war ein Romeo-Agent?
So oder so ähnlich könnte es ausgesehen haben, wenn sich sogenannte "Romeo-Agenten" ihren Opfern näherten. Markus Wolf, Chef-Aufklärer der DDR und selbst überaus charmant und intelligent, setzte große Stücke auf seine "Romeo-Agenten". Gezielt schleust er junge, gut aussehende Männer in die BRD ein, Agenten seines Geheimdienstes. Und die haben nur ein Ziel: einsame Sekretärinnen zu verführen. Bei den Zielpersonen handelt es sich immer um den gleichen Typ Frau: Einsam, unerfüllt, ledig und auf der Suche nach Aufmerksamkeit.
Die Idee der Romeo-Agenten geht dabei von einigen simplen Voraussetzungen aus: Vorzimmerdamen einflussreicher Persönlichkeiten wissen viel über die Tätigkeiten ihrer Chefs, sie kennen deren Terminkalender, wissen, wer im Büro ein- und ausgeht, haben Zugang zu unzähligen Akten und geheimen Dokumenten.
Sex fürs Vaterland
Vertrauliche Gespräche im Bett und am Frühstückstisch, beim Spaziergang oder im Restaurant - sie sollen erst der Anfang sein. Mit fantasievollen Ausreden oder Begründungen sollen die Sekretärinnen wichtige Geheimdokumente fotografieren oder herausschmuggeln. Nicht zuletzt aus Angst, ihre "große Liebe" zu verlieren, fügen sich viele der Frauen und beschaffen alles, was die vermeintlichen "Traummänner" von ihnen verlangen.
Wölfe im Schafspelz
Bei der Auswahl seiner Romeo-Agenten überlässt Markus Wolf nichts dem Zufall. Sie erhalten eine klassische westdeutsche Ausbildung mit Englischkursen und Studienaufenthalten im "Einsatzgebiet". Zunächst gilt es, sich ein Opfer auszuwählen und ein erstes "zufälliges" Treffen zu organisieren. Jede weitere Maßnahme ist bis ins kleinste Detail geplant. Die Agenten schrecken in dieser Phase vor nichts zurück. Die Romeos analysieren vor der ersten Kontaktaufnahme sämtliche Vorlieben oder Abneigungen ihrer Opfer. Privates und intime Neigungen werden ausspioniert um möglichst leicht eine Liebesbeziehung anbahnen zu können.
Scharade im Beichtstuhl
Eines der Opfer ist Margarethe F., die bei der NATO arbeitet. Sie wird in der Zeit von 1961 bis 1989 gleich von drei Romeos ausspioniert. Margarethe hat vor allem bei ihrem ersten Romeo große Schuldgefühle, da sie streng katholisch ist und mit ihm außerehelichen Geschlechtsverkehr hat. Doch auch in solchen Fällen wissen sich die Agenten zu helfen. "Nils Hansen", der "Traummann" von Margarethe, lässt einen MfS-Angestellten als Priester verkleidet die Beichte abnehmen. Margarethe bekommt eine falsche Absolution und "Nils Hansen" für diese ungewöhnliche Inszinierung die Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee in Silber - verliehen von Markus Wolf persönlich.
Der Artikel war erstmals 2015 online und wurde 2024 ergänzt.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Die Spioninnen - Im Auftrag der DDR | 27. November 2024 | 21:15 Uhr