Autos und Straße im Regen
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Gold, Platin, Uran: Rohstoff-Schatzkammer Sibirien

02. Dezember 2021, 11:12 Uhr

Sibirien ist größer als jedes andere Land auf der Erde  - es ist, um ein anschauliches Beispiel zu geben, etwa doppelt so groß wie die USA. 7.000 Kilometer erstreckt sich das Riesenreich vom Ural im Westen bis zum Pazifik im Osten, 3.500 Kilometer vom Polarmeer im Norden bis zu den Grenzen der Mongolei und Chinas im Süden. Das riesenhafte Gebiet unterteilt sich in mehrere Vegetationszonen: Tundra, Gebirge und Steppen, die Taiga und menschenfeindliche arktische Kältewüsten, in denen die Temperaturen auf weit unter minus 50 Grad Celsius fallen können.

Billhardts Sibirien 1964 Schier unendliche Weite

Die Sowjetunion beginnt in den Sechzigern die Naturschätze und die Rohstoffe Sibiriens zu erschließen. Die eisigen Winter und die Urwaldatmosphäre erschweren diese Pläne.

Fotograf Billhardt mit umgehangener Kamera in einem Feld, im Hintergrund Zugwaggons
Thomas Billhardt auf einem seiner fotografischen Streifzüge. Er fotografiert alles, was ihm vor die Linse kommt. Bildrechte: CameraWork
Fotograf Billhardt mit umgehangener Kamera in einem Feld, im Hintergrund Zugwaggons
Thomas Billhardt auf einem seiner fotografischen Streifzüge. Er fotografiert alles, was ihm vor die Linse kommt. Bildrechte: CameraWork
Flößer in Moskau  aus Vogelperspektive
Die Moskwa in Moskau: Ein Flößer zieht Baumstämme durch den Fluss mitten in der Stadt. Es ist ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, die Holzmassen durch die Stadt zu manövrieren. Für den Fotografen Thomas Billhardt ist das Bild ein Symbol: Tradition und Moderne treffen an dieser Stelle aufeinander. Bildrechte: CameraWork
Autokolonne fährt auf gewundener Straße durch eine weite Feldlandschaft
Die Delegation fährt in riesigen Kolonnen durch endlos große Felder. Fotograf Thomas Billhardt hängt sich wagemutig mit dem ganzen Oberkörper aus dem Seitenfenster des Autos, um seine Fotos zu schießen. Er erinnert sich noch an die positive Stimmung der Delegation 1964: "Die Begeisterung über die technische Revolution und die Bewunderung über die Fähigkeit, die unendliche Natur zu bezwingen, war unbeschreiblich." Bildrechte: CameraWork
schnurgerade Straße in einem schier endlosen Feld. Zwei weiße Autos am unteren Bildrand, Frauen und Männer in Kostümen und Anzügen bestaunen die Weite der Landschaft
Hier zeigten die stolzen Sowjets der Delegation ihre riesigen Felder. Thomas Billhardt klettert auf das Autodach, um die Dimension und die Endlosigkeit besser erfassen zu können. "Damals waren solch große Felder das Ah und Oh", erinnert sich der Fotograf. "Dass die großen Felder und die vielen Missernten damals ein Widerspruch in sich waren, spielte keine Rolle." Bildrechte: CameraWork
Silhouette einer Kuh auf einem Feld
Eine einsame Kuh in der großen Welt. Für Thomas Billhardt ist dieses Bild ein kleines Detail inmitten eines gewaltigen Augenblicks: "Ein einzelnes Lebewesen inmitten einer Welt, die versucht, die unbezwingbare Natur zu bändigen." Bildrechte: CameraWork
Blick durch die Stämme eines dichten Birkenwalds auf ein Pärchen.
"Das Bild ist für mich der Inbegriff Sibiriens", erzählt Thomas Billhardt: Ein Liebespaar versteckt sich im unendlichen sibirischen Birkenwald, der es vor neugierigen Blicken schützt. "Die Paare dort waren so schüchtern, so romantisch und doch so unerfahren und verklemmt." Er erinnert sich an die Wildheit der jungen Menschen, das Temperament, das einerseits so schön sei und gleichzeitig so gefährlich sein könne: "Viele Menschen haben mir erzählt, dass diese romantische Wildheit oft einen negativen Beigeschmack hat, dass es viel brutale Gewalt gab unter den Sibiraken und auch viele Vergewaltigungen - weil die jungen Männer nicht aufgeklärt waren." Bildrechte: CameraWork
Autos und Straße im Regen
Ein typisches Bild: Das riesige Sibirien mit all seiner Romantik und gleichzeitiger Trostlosigkeit. Die funkelnde Nässe der Regentropfen auf der Windschutzscheibe vor primitiven Lichtleitungen... "Die Straßen waren eine Katastrophe, da konnte man keine schicken Schuhe anziehen," erinnert sich Thomas Billhardt. "Wobei das für mich als Besucher auch einen erotischen Reiz hatte: Es gab da so schöne Frauen, die in derben Kleidern herumliefen. Und gleichzeitig ist das so traurig, denn sie können sich nie schöne Schuhe anziehen." Bildrechte: CameraWork
Irkutsker See
Der Irtutsker Stausee im Jahr 1964. Die Baumstämme werden provisorisch abgefangen, damit sie die Turbinen nicht beschädigen. Der Fotograf Thomas Billhardt ist beeindruckt von der schier endlosen Weite des Stausees: "Mitten in Sibirien entsteht ein neues Meer."

Über dieses Thema berichtet der MDR in MDR Kultur, 29.04.2017, 09.05 Uhr.
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Doch Sibirien ist nicht nur unermesslich weit und kalt, es ist auch unermesslich reich – eine schier überquellende Schatzkammer voller Rohstoffe. In der sibirischen Wildnis lagern ungeheure Mengen an Kohle, Erdöl, Erdgas und Eisenerz. Es gibt Diamanten, Gold, Platin, Uran, Blei, Zink, Nickel, Kupfer, Graphit, Molybdän und Wolfram. Alles in allem können fast alle Elemente des Periodensystems in Sibirien nachgewiesen werden. Dazu kommt die Hälfte des Weltvorrats an Holz in den Urwäldern Sibiriens und ein Drittel des weltweiten Torfvorkommens. Unermesslich ebenso die in den mitunter zehn Kilometer breiten Flüssen "schlummernde" Wasserkraft. Und es existiert in den fast menschenleeren Fernen Sibiriens jede nur erdenkliche Menge an jagdbaren Tieren: Tiger, Schneeleoparden, Hermeline, Zobel, Bären und Nerze…

Und so nimmt es nicht weiter wunder, dass der Chef der Kommunistischen Partei Nikita Chruschtschow Anfang der 1960er Jahre fasziniert von der "Schlafenden Erde" (so die Übersetzung des tatarischen Wortes Sibirien) war und die zügige Industrialisierung des Riesenreiches innerhalb der UdSSR forderte. 

Über dieses Thema berichtet der MDR in MDR Kultur 29.04.2017 | 09.05 Uhr