Sa 11.11. 2023 11:00Uhr 60:00 min

MDR KULTUR trifft Anett Gottschalk

Judaistin, Leiterin des Museums Synagoge Gröbzig

Komplette Sendung

Anett Gottschalk, Leiterin des Museums Synagoge Gröbzig 38 min
Anett Gottschalk, Leiterin des Museums Synagoge Gröbzig Bildrechte: MDR / Dagmar Böddeke
MDR KULTUR - Das Radio Sa, 11.11.2023 11:00 12:00
Für November sind sie in vielen Städten geplant: Die jüdische Wochen oder Kulturtage. In diesem Jahr aber ist die Lage eine Besondere: Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 07. Oktober stehen jüdische Einrichtungen auch in Deutschland unter erhöhtem Schutz. Im Rahmen der Jüdischen Kulturtage in Sachsen-Anhalt hält das Museum Synagoge Gröbzig dennoch, wie viele andere Mitwirkende, an den geplanten Veranstaltungen fest und öffnet weit die Tür. Das Museum ist eigentlich seit 2020 und bis Ende 2024 auf Grund von Erneuerungsmaßnahmen und Entstehung einer neuen Dauerausstellung geschlossen. Für eine Woche während der der Jüdischen Kulturtage bietet es jedoch "Besondere Öffnungszeiten" an, sagt die Leiterin des Museums Synagoge Gröbzig Anett Gottschalk, auch Führungen. Ein reiches, buntes Programm ist zudem vorbereitet. So lädt die Gröbziger Theatergruppe zu "Leo Löwenthal läßt grüßen" ein und bringt die zwei Stücke "Die Weiweßen" und "Von Jreebu´ch na Keethen" zur Aufführung. Es gibt einen Chagall Malworkshop und Taschenlampenführungen für Klein und Groß, ein Gespräch mit der Rebbetzin Katia Novominski über "Was bedeutet es eine Frau zu sein?!" und nach 89 Jahren wird am 01.12. in der Gröbziger Synagoge wieder Gottesdienst gefeiert.

Seit Beginn des 18. Jahrhunderts gab es in Gröbzig in Sachsen-Anhalt eine aktive jüdische Gemeinde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann im Ort der Bau einer Synagoge. 1858 wurde diese umgebaut. Als sich ab 1871 die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde verringerte erfolgte 1934 eine Übergabe der Synagoge an die Stadt zur musealen Nutzung. Eine heimatgeschichtliche Sammlung hielt Einzug und schütze so offenbar die Synagoge vor der Zerstörung der Nationalsozialisten zur Reichspogromnacht 1938. Die verbliebenen Gemeindemitglieder aber wurden zwischen 1938 und 1940 deportiert. Zu Zeiten der DDR veränderte man zunächst die Optik des Gebäudes. Erst 1984 wurde die Synagoge restauriert und in den alten Zustand rückgeführt. Am 3. November 1988 erfolgte die Neueröffnung als Museum Synagoge Gröbzig, Ausstellung Gröbziger Heimathistorie und jüdischer Geschichte. Heute wird das Museum Synagoge Gröbzig vom Museumsverein Gröbziger Synagoge e.V. getragen. Den 85. Jahrestag der Pogromnacht gedachten sie in diesem Jahr in Kooperation mit der Stadt Südliches Anhalt in Radegast.

In Eisleben wurde Anett Gottschalk 1987 geboren. Nach dem Abitur in Eisleben studierte sie in Frankfurt/ Main Klassische Archäologie, Empirische Sprachwissenschaft mit Schwerpunk Sprachen und Kultur des Judentums im Bachelor und Judaistik im Master. Anett Gottschalk arbeitete als freie Mitarbeiterin am jüdischen Museum in Frankfurt/ Main, als Hilfskraft in der Instituts- und Universitätsbibliothek. Sie ist Tutorin für rabbinische Literatur, war 2017/ 2018 als Musealogin in Jever mit Forschungen am dortigen jüdischen Friedhof tätig, kehrte wieder nach Eisleben zurück und leitet seit 2018 das Museum Synagoge Gröbzig.

Mitwirkende
Redaktion: Angelika Zapf