Kernenergie Thüringer Landesregierung kritisiert Datenerhebung für Atommüll-Endlager
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06. Juli 2021, 16:30 Uhr
In den nächsten Monaten will die Bundesgesellschaft für Endlagerung in Thüringen Daten sammeln, die bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager-Standort helfen sollen. In der Landesregierung und im Kyffhäuserkreis sieht man das nicht so gern.
Thüringens Landesregierung und der Kyffhäuserkreis kritisieren das Vorgehen der zuständigen Bundesgesellschaft bei der Standortsuche für ein Atommüll-Endlager. Dass zwei der vier Gebiete, in denen spezielle Daten zu Gesteinsformationen erhoben werden sollen, in Thüringen liegen, sei problematisch und erklärungsbedürftig, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow am Dienstag. So könne man mit Thüringen nicht umgehen, der Prozess müsse fair sein.
Datenerhebung für Methodik geplant
Am Montag hatte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mitgeteilt, dass sie in vier sogenannten Teilgebieten bis zum Frühjahr kommenden Jahres Daten sammeln will, die für eine Methodik zur Standortsuche verwendet werden sollen. Zwei dieser Teilgebiete erstrecken sich über Thüringer Regionen - ein Gebiet mit Steinsalzlagerstätten im Norden Thüringens sowie ein Gebiet mit kriastallinem Gestein, das unter anderem Gebiete nordöstlich von Weimar umfasst. Beide Gesteinsarten gehören zu den sogenannten Wirtsgesteinen, die wegen ihrer Undurchlässigkeit für ein Atommüll-Endlager in Frage kommen.
Ramelow gab auch zu bedenken, dass damit Optionen für eine Rohstoffgewinnung in diesen Regionen gefährdet sein könnten. "In Nordthüringen gibt es Kali-Vorkommen, die Vorräte für einige Jahrzehnte haben", sagte er.
Umweltministerium fordert mehr Transparenz
Kritik am Vorgehen der Bundesgesellschaft kam auch aus dem Thüringer Umweltministerium. Staatssekretär Olaf Möller sagte, er hätte sich gewünscht, dass neue Zwischenschritte nicht nur verkündet, sondern Fachleute der Länder früh mit eingebunden würden. Für den Erfolg bei der Suche nach einem Endlager-Standort sei es zwingend erforderlich, den Prozess transparent und mit klaren Kriterien zu gestalten.
Kyffhäuserkreis verweist auf Kreistagsbeschluss vom März
Der Kyffhäuserkreis lehnt Voruntersuchungen in seiner Region grundsätzlich ab. Der Specher der Kreisverwaltung, Heinz-Ulrich Thiele, sagte MDR THÜRINGEN am Dienstag, der Kreistag habe bereits im März einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Darin sei festgehalten, dass auch aus wissenschaftlicher Sicht der Einbau eines Endlagers sehr ungünstig sei. So gebe es in der Region noch aktiven Bergbau und zahlreiche Störungszonen im Wippergebiet. Daher sei die sogenannte Staßfurt-Formation in Nordthüringen wegen ihrer mineralogischen Zusammensetzung für ein Endlager nicht geeignet. Der darin vorhandene Zechstein enthalte zu viele unterschiedliche Gesteine, die im Gegensatz zu Steinsalz auf Spannungsänderungen reagierten. Das sei im ehemaligen und aktiven Bergbau bereits bewiesen.
Nach Thieles Worten ist der Landkreis vor einigen Tagen von der BGE schriftlich über die Auswahl des Gebietes als Modellregion informiert worden. Der Landkreis will in den kommenden Tagen darauf reagieren. Der Kyffhäuserkreis will auch aus touristischen Gründen nicht zum Standort für das geplante Endlager werden. Er verfüge als Tourismusregion über einen Naturraum mit einzigartiger biologischer Vielfalt, hieß es.
CDU: Thüringen ist "geologischer Schraubstock"
Weitere Kritik kommt von der Linken im Thüringer Landtag. Thüringen habe durch den Wismut-Bergbau schon heute die größte Menge an radioaktiven Altlasten, sagte die umwelttechnische Sprecherin Marit Wagler. Zudem werde durch die Möglichkeit eines Endlagers die wirtschaftliche Entwicklung ausgebremst. So sei in einer der vorgesehenen Untersuchungsregion ein abwasser- und haldenfreier Kalibergbau geplant. Dies soll als Blaupause dienen, um später auch die Werra salzfrei zu bekommen. Mit der jetzigen Entscheidung behindere die Bundesbehörde diese Entwicklung und gefährde Arbeitsplätze, Wertschöpfungsketten und den Tourismus. Außerdem würden Ängste bei den Einwohnern geschürt. Das sei nicht zielführend.
Der umweltpolitische Sprecher der CDU, Thomas Gottweiss, zeigte sich hingegen zuversichtlich, dass das Endlager nicht in Thüringen entstehen wird. Thüringen sei der "geologische Schraubstock Deutschlands", erklärte er. Hier gebe es zu viele tiefreichende Störungszonen, durch die Zerfallsprodukte des strahlenden Abfalls wieder an die Oberfläche gelangen könnten.
Endlager-Standort soll bis 2031 feststehen
Die BGE hat die Aufgabe, bis zum Jahr 2031 einen Standort für das geplante Atommüll-Endlager zu finden. Dort sollen alle hochradioaktiven Abfälle aus Kernkraftwerken gelagert werden. Bislang sind 90 sogenannte Teilgebiete festgelegt worden, die aufgrund ihrer geologischen Gegebenheiten in Frage kommen, aber noch nicht genauer untersucht worden sind. Diese Teilgebiete umfassen etwas mehr als die Hälfte der Fläche Deutschlands.
Quelle: MDR THÜRINGEN/dr, dpa
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 06. Juli 2021 | 16:00 Uhr