Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio

Leben

GesundheitRezepteGartenFamilienlebenLifestyleRechtFinanzenDigitalesMobilität
Es ist der Wunsch wohl aller Eltern: Ihr Kind soll in der Kita so gut und liebevoll wie möglich betreut werden – und sich wohlfühlen. Bildrechte: IMAGO / Shotshop

KinderbetreuungMit Checkliste: Wie Eltern eine gute Kita finden

29. November 2022, 11:07 Uhr

Die Frage treibt viele Eltern um: Wo ist unser Kind gut aufgehoben, wenn wir arbeiten gehen? Mehr als die Hälfte aller Unter-Dreijährigen bundesweit werden heute in Kitas und Tagespflegeeinrichtungen betreut. Dort sollen kleine Kinder modernen pädagogischen Konzepten entsprechend gefördert werden. Doch leider ist das nicht überall der Fall. Worauf sollten Eltern also achten, wenn sie eine Betreuungseinrichtung für ihr Kind suchen? Erziehungsexpertin Nora Imlau weiß Rat.

von Nora Imlau, Erziehungsexpertin

Gibt es genug Personal?

Ein wichtiges Qualitätskriterium ist der Betreuungsschlüssel. Er legt fest, wie viele pädagogische Fachkräfte sich um wie viele Kinder kümmern dürfen. Je weniger Kinder pro Fachkraft betreut werden, desto besser kann dadurch auf die individuellen Bedürfnisse der Kleinen eingegangen werden.

In allen Bundesländern ist gesetzlich geregelt, um wie viele Kinder sich eine bezahlte Betreuungskraft zumindest auf dem Papier kümmern darf, und zwar gestaffelt nach Alter.

So viele Kinder darf eine Person betreuenIm Kindergarten werden im Schnitt etwa acht bis neun Kinder von einer Fachkraft betreut, in Einzelfällen auch mal zwölf bis 15. Für den Bereich der Unter-Dreijährigen sind maximal fünf bis sechs Kinder pro erwachsener Betreuungsperson vorgesehen.

Es gibt allerdings viele Einrichtungen, die diese Vorgaben in der Praxis nicht einhalten – erst recht nicht in Zeiten von Personalmangel und hohem Krankenstand. In der Folge sinkt die Betreuungsqualität, was besonders bei den ganz kleinen Kindern unter drei Jahren dramatisch ist, denn sie sind für ihre sprachliche und emotionale Entwicklung stark darauf angewiesen, genug individuelle Aufmerksamkeit zu bekommen.

Kleine Kinder sind für ihre sprachliche und emotionale Entwicklung stark darauf angewiesen, genug individuelle Aufmerksamkeit zu bekommen.

Nora Imlau, Erziehungsexpertin

Heißt das im Umkehrschluss, dass Kinderbetreuung mit einem zu niedrigen Betreuungsschlüssel automatisch schlecht sein muss? Der Betreuungsschlüssel ist nur einer von mehreren Qualitäts-Indikatoren. Wichtig sind auch weitere Rahmenbedingungen der Betreuung, allen voran die Qualität der pädagogischen Arbeit: Wie zugewandt ist das pädagogische Fachpersonal vor Ort, wie feinfühlig werden die Kinder durch den Tag begleitet?

Das wichtigste Qualitätsmerkmal von Kinderbetreuung ist dabei die Bindungsqualität, die sich aus dem pädagogischen Alltag ergibt: Fühlen die Kinder sich bei ihren Erzieherinnen und Erziehern angenommen und geborgen? Werden sie getröstet, wenn sie weinen und beschützt, wenn sie Angst haben? Werden sie ins Spiel eingebunden und zu Aktivitäten eingeladen, und werden sie als eigene kleine Persönlichkeiten gesehen und wertgeschätzt? Ist das der Fall, kann Kitabetreuung selbst unser nicht optimalen Rahmenbedingungen ein großer Gewinn sein.

Wie ist die Atmosphäre in der Kita?

Um zu wissen, ob ihr Kind sich in seiner Kita wohlfühlt, sollten Eltern gute Beobachter sein und genau hinschauen: Wie geht es meinem Kind, wenn ich es hinbringe, wie ist die Stimmung in der Einrichtung, wie ist der Umgangston? Wenn Kinder beschämt, verächtlich gemacht oder ignoriert werden, ist das ein Alarmsignal. Erleben Eltern nicht nur ihr eigenes Kind, sondern auch die anderen Kinder in der Gruppe hingegen als fröhlich und gelöst, ist das ein gutes Zeichen. Besonders wichtig ist dieses genaue Hinsehen in der Betreuung ganz kleiner Kinder, die noch wenig Auskunft darüber geben können, wie ihr Tag war und wie es ihnen geht.

So harmonisch ist es nicht in jeder Kita. Bildrechte: imago images/Shotshop

Eine der größten und wichtigsten Studien zur Betreuungsqualität in deutschen Kitas ist die so genannte NUBBEK-Studie, die 2016 von Bindungsforscherinnen des Münchener Staatsinstituts für Frühpädagogik durchgeführt wurde. Dabei haben sie bundesweit große und kleine, private wie öffentliche Einrichtungen genau unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse waren sehr durchwachsen.

"Von hervorragend bis grottenschlecht und kindeswohlgefährdend ist da leider alles dabei", fasste die Direktorin das Ergebnis einer der größten Erhebungen im Jahr 2016 in der Wochenzeitung DIE ZEIT zusammen. "Es gibt Leuchttürme, aber auch Katastrophen-Kitas, die sofort geschlossen werden müssten." Mehr als 80 Prozent der untersuchten Einrichtungen verfügten allenfalls über eine mittelmäßige Qualität. 6,8 Prozent der Krippen wurden sogar als unzureichend bewertet. Kitas mit erstklassigen Bindungsangeboten waren rar, etwas mehr als zehn Prozent der untersuchten Einrichtungen zählten dazu.

Besonders schwierig aus Elternsicht ist, dass selbst einzelne Gruppen innerhalb derselben Kita immense Unterschiede in der Qualität der Bindungsangebote aufwiesen. "Bei den 'Schmetterlingen' herrschen dann Heulen und Zähneklappern, während bei den 'Bienchen' die Tage in schönster Fröhlichkeit vergehen". Aus gesellschaftlicher wie politischer Sicht kann es auf solche Forschungsergebnisse nur eine angemessene Antwort geben: Die Qualität der Bindungsangebote in frühkindlichen Betreuungsstätten muss unbedingt flächendeckend bedeutend erhöht werden. Umso unverständlicher ist es, dass die Millionen aus dem Gute-KiTa-Gesetz von 2019 vielerorts lieber in beitragsfreie Betreuung statt in eine echte Qualitätsoffensive gesteckt wurden.

Doch was bedeuten solche Forschungsergebnisse konkret für Eltern? Müssen sie jetzt Angst haben, ihre Kinder in die Kita zu schicken? Nicht grundsätzlich, nein. Denn es gibt sie ja, die guten Einrichtungen. Und Eltern können sie ziemlich leicht selbst erkennen.

Es gibt sie, die guten Einrichtungen. Und Eltern können sie ziemlich leicht selbst erkennen.

Nora Imlau, Erziehungsexpertin

Wichtig dabei ist, sich bei der Auswahl auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und das ist eben nicht die Frage, ob es Bio-Essen oder Früh-Englisch gibt, sondern wie die Menschen, die hier arbeiten, Kinder sehen und wie sie sie behandeln. Denn Freundlichkeit und Feinfühligkeit sind insbesondere in der Frühpädagogik keine netten Kleinigkeiten, über deren Mangel wir im Zweifelsfall locker hinwegsehen sollten, sondern die Grundlage für gelingende Betreuung.

Die wirklich wichtigen FragenEltern sollten deshalb den Mut haben, auf ihr Gefühl zu hören: Wirken die pädagogischen Fachkräfte hier so liebevoll, wie ich mir das für mein Kind wünsche? Würde ich mich hier selbst gerne viele Stunden aufhalten? Kann mein Kind sich hier wohlfühlen und entspannen?

Wie ist die Eingewöhnungszeit organisiert?

Einen guten Einblick in die täglichen Abläufe bekommen Eltern dabei spätestens bei der Eingewöhnung, also der ersten Zeit in der Kita, in der Kinder in Begleitung ihrer Mutter oder ihres Vaters eine Bindung zu ihren neuen Betreuungspersonen aufbauen. Diese Phase ist für die gesamte Betreuungszeit von großer Bedeutung: Hat ein Kind in diesen ersten Wochen einen guten Start, geht es meist jahrelang gern und problemlos in die Kita. Wird ein Kind jedoch gleich zu Beginn seiner Kitazeit dazu gedrängt, früher allein in der Kita zu bleiben als es sich sicher fühlt, wirkt sich dieser schwierige Start oft noch jahrelang aus: Das Kind fühlt sich unwohl in der Kita, weint mehr und ist öfter krank.

Erst muss die Eingewöhnung erfolgreich sein, dann können sich Kinder auch ohne ihre Eltern in der Kita wohlfühlen. Bildrechte: MDR/Unsplash/Rashid Sadykov

Es ist deshalb wichtig, dass Eltern sich bewusst darüber sind, dass Eingewöhnungen kein neumodischer Schnickschnack sind, sondern die wichtigste Grundlage dafür, dass Kinder sich in ihren Einrichtungen wohlfühlen und eine vertrauensvolle Beziehung zu den Menschen knüpfen, die sie dort betreuen. Investieren Familien zwei bis vier Wochen in diesen Bindungsaufbau, zahlt sich das aus.

Dann zeigen Kinder ihren Eltern nämlich bald, wie gut es ihnen in der Kita geht. Gehen sie morgens gut gelaunt aus dem Haus, freuen sie sich, wenn sie die anderen Kinder und ihre erwachsenen Bezugspersonen sehen, werden sie namentlich freundlich begrüßt und finden sie leicht ins Spiel, sind das alles Anzeichen dafür, dass sie sich in der Kita sicher und wohl fühlen. Gleiches gilt beim Abholen: Kommt Eltern da ein grundsätzlich fröhliches, entspanntes Kind entgegen, können sie beruhigt sein und ihr Kind am nächsten Tag guten Gewissens wieder hinbringen.

Fazit

Mit der Kita-Suche können Eltern gar nicht früh genug anfangen. Der Grund liegt auf der Hand: Betreuungsplätze sind nach wie vor Mangelware. Aber auch, weil es seine Zeit braucht, eine gute Betreuungseinrichtung zu finden, mit der sich Eltern und vor allem das Kind wohlfühlen. Einheitliche Kriterien für eine gute Kita gibt es nicht. Worauf sollten Eltern deshalb bei der Suche achten? Hier eine Checkliste als Orientierungshilfe:

Checkliste für Eltern

  • Gibt es genug Personal?

Passt das Zahlenverhältnis Kinder zu Erzieherin bzw. Erzieher? Je mehr Personal, desto besser.

  • Wie sieht das pädagogische Konzept aus?

Viele Einrichtungen überbieten sich mittlerweile mit Frühförderungsmaßnahmen gegenseitig. Sicher schadet keinem Kind eine frühkindliche Förderung. Wichtig ist jedoch, egal welches Konzept die Kita verfolgt, dass Kinder singen, toben, matschen, experimentieren und frei spielen können.

  • Welche Förderung gibt es?

Gibt es regelmäßig Anregungen zur sprachlichen und motorischen Entwicklung?

  • Wie sieht die Ausstattung aus?

Stehen vielfältige Materialien für die sinnliche Wahrnehmung bereit und sind diese auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Altersgruppen abgestimmt? Gibt es zum Beispiel einfache Alltagsgegenstände für jüngere Kinder, Verkleidungsutensilien für Rollenspiele, Werkzeug-, Bau- und Experimentiermaterial für ältere Kinder?

  • Wie viel Räume gibt es?

Ist ausreichend Platz vorhanden und hat die Kita verschiedene Funktionsbereiche eingerichtet, zum Beispiel zum Essen, für Pflege, Entspannung und Rückzug? Sind die Funktionsbereiche übersichtlich gestaltet und auch für Ein- bis Zweijährige einfach zu erfassen?

  • Hat die Kita einen Garten?

Verfügt die Einrichtung über eine Außenanlage, und wenn nicht: Finden regelmäßig Ausflüge auf einen Spielplatz statt?

  • Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Kita und Eltern aus?

Sind Mütter und Väter in der Einrichtung willkommen und werden sie von der Kita als Erziehungspartner akzeptiert?

  • Wie sind die Öffnungszeiten?

Setzen sich die ErzieherInnen dafür ein, dass die Betreuungszeit so ist, wie sie die Eltern brauchen? Überlegen sie gemeinsam mit den Eltern, wie diese Zeit gut zu den Bedürfnissen des Kindes passt?

  • Wie läuft die Eingewöhnung ab?

Gibt es eine feinfühlige Eingewöhnung im individuellen Tempo des Kindes und in Begleitung eines Elternteiles?

  • Wird auf Hygiene geachtet?

Sind insbesondere die Küche und der Sanitärbereich sauber? Nehmen sich die ErzieherInnen bewusst viel Zeit fürs Wickeln und Anziehen?

  • Wie sieht der Tagesablauf aus?

Gibt es klare Strukturen und Rituale, an denen sich das Kind orientieren kann, und werden seine individuellen Bedürfnisse und Vorlieben berücksichtigt?

  • Wird auf die Sicherheit geachtet?

Sind Räume und Materialien, die für Ein- bis Zweijährige gefährlich sein können, für diese Kinder unerreichbar?

Unsere Expertin

Quelle: Nora Imlau, MDR um 4

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 29. November 2022 | 17:00 Uhr