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Der Redakteur | 03.05.2022Wie verfolgen Behörden illegale Müllentsorgung?

03. Mai 2022, 18:22 Uhr

Seit Wochen sammelt Matthias Weigand Müll an der B285 zwischen Kaltensundheim und Kaltennordheim. Dabei fallen ihm besonders die vielen illegal entsorgten Windeln auf. Er fragt sich deshalb: Was tun die zuständigen Behörden eigentlich gegen die Müllverursacher?

Alle 15 Meter eine Windel - schön regelmäßig im Straßengraben. Man könnte daraus eine Textaufgabe erstellen, wie schnell das Auto wohl gefahren ist, aus dem die Windeln geworfen wurden. Matthias Weigand macht das Verhalten fassungslos und er möchte auch nicht, dass die Besucher seiner Heimat vom Müll in den Straßengräben empfangen werden. Mehr als 160 Windeln hat er schon eingesammelt in den vergangenen Wochen, dazu säckeweise Flaschen, Büchsen, Tetra Paks, Tüten oder Zigarettenstummel. Vieles davon gehört sogar in den Gelben Sack oder in den Pfandautomaten.

Ein Entsorgungsproblem kann es bei Windeln eigentlich gar nicht geben. Die Restmülltonne ist der richtige Ort, auf eine solche dürfte auch jeder Zugriff haben. Nun ist nicht nur der Straßengraben an der B285 bei Kaltensundheim betroffen. Auch in Wäldern anderer Landkreise sind entsorgte Windeln ein Problem, die von den Waldbesitzern, die sich bei MDR THÜRINGEN gemeldet haben, allerdings als Erwachsenenwindeln identifiziert wurden und das teilweise in Größenordnungen. Heißt: In großen Säcken, was auf einen gewerblichen Ursprung hindeutet. Allerdings: Auch für Pflegeeinrichtungen ist die Windelentsorgung über die Restmülltone ganz normal möglich, so eine Sprecherin der Diako Thüringen.

Warum, bitte?

Dass manche Leute glauben, mögliche Sondermüllgebühren nicht stemmen zu können, wäre vielleicht der Ansatz einer Erklärung, warum immer wieder die Natur als kostenlose Mülldeponie gewählt wird. Selbst zusätzliche Müllsäcke, die die Landkreise anbieten, wenn punktuell mehr Müll anfällt, als die Tonne fasst, sind für wenige Euro zu haben.

Sperrmüll kann überall in den Wertstoffhöfen abgegeben werden oder wird gar kostenlos abgeholt und das oft zum Wunschtermin. Auch Elektrogroßgeräte und Möbel können in den meisten Fällen überall kostenlos abgegeben werden. Wie ignorant muss also jemand sein, der damit den Wald ansteuert? Diese Gedankenlosigkeit beginnt aber offenbar schon beim Füllen der Müllsäcke für den Waldausflug.

Das ist jedenfalls die Erfahrung von Sascha Wedler vom Fachgebiet Abfallwirtschaft und Deponie beim Landratsamt Nordhausen. Dort geht man gezielt auf Verursachersuche und das auch recht erfolgreich, Auch Dank der Dämlichkeit der Umweltsünder.

Das kommt öfter vor, als man denkt, dass sich in den Müllsäcken Rechnungen befinden, Zeugnisse oder Kochbücher, in denen der Name steht.

Sascha Wedler, Fachgebiet Abfallwirtschaft und Deponie, Landratsamt Nordhausen

Keine Detektivarbeit vorgesehen

Im Falle unseres Straßengrabens an der B285 bei Kaltensundheim ist aber leider keine Detektivarbeit vorgesehen. Das für die Straße zuständige Landesamt für Bau und Verkehr begründete es damit, dass es sich bei Müll an den Straßen vorwiegend um Kleinmüll wie Pappbecher oder Tüten handelt und somit um Dinge, die die Leute während der Fahrt aus dem Auto werfen. Das macht es schwierig, die Verursacher zu ermitteln.

Trotzdem steht es jedem frei, die Polizei hinzuzuziehen und Anzeige zu erstatten. Darauf weist die für Kaltensundheim zuständige Polizeiinspektion Suhl ausdrücklich hin. Auch wenn die Erfahrung zeigt, dass der eine oder andere Anzeigewillige auch schon abgewimmelt wurde. Man muss auch nicht Eigentümer eines Grundstücks sein um dort ein Delikt anzuzeigen. Wegen ein paar Windeln wird allerdings kaum die Spurensicherung ausrücken.

Anzeige bei Hinweisen auf Verursacher sinnvoll

Das Hinzuziehen der Polizei scheint immer dann sinnvoll zu sein, wenn es Hinweise auf den Verursacher gibt, Spuren oder Zeugen zum Beispiel. So haben Elektrogroßgeräte Seriennummern, die bei der Registrierung der Geräte beim Hersteller, früheren Reparaturen oder Garantieverlängerungen durchaus ihrem Besitzer zugeordnet werden können. Alternativ zur Anzeige kann in Thüringen auch die App "Meine Umwelt" verwendet werden.

Bei eingeschalteter Ortungsfunktion können hier Fotos aufgenommen und Hinweise per Text ergänzt und versendet werden. Dank des ermittelten Standorts geht die Information direkt an die zuständige Stelle des Landkreises. Sascha Wedler nimmt auf diesem Wege täglich Hinweise entgegen. Und dann wird auch geschaut, ob es Hinweise auf den Verursacher gibt und der Schandfleck selbstverständlich beseitigt. Aber das kann irgendwie auch nicht die richtige Strategie sein, den Egoisten unter uns den Müll nachzuräumen.

Was kostet eigentlich das Entsorgen in Wald und Flur?

Der Bußgeldkatalog unterscheidet nach Abfallart und Gewicht. Unsere Windeln können wegen ihrer Einsortierung in den Bereich des Hausmülls bei einem Gesamtgewicht des Müllbeutels oberhalb von 2 Kilogramm durchaus 1.500 Euro erreichen. Wenn es richtig umweltschädlich wird, sind bei anderen Stoffen auch 100.000 Euro drin und das ist erst das Bußgeld. Abtransport und Entsorgung kommen da noch oben drauf, wenn kontaminierte Erde abgetragen wird, beispielsweise bei ausgelaufenen Flüssigkeiten, wäre die nächste Eskalationsstufe erreicht. Und das alles nur, um sechs oder zehn Euro im Wertstoffhof zu sparen? 

Quelle: MDR THÜRINGEN

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Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 03. Mai 2022 | 16:45 Uhr