Traumschiff West, Traumschiff Ost Wie die DDR das ZDF-Traumschiff kaufte
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03. Januar 2019, 14:20 Uhr
Als "Astor" war sie in den 1980er-Jahren das Traumschiff im Westen. Von 1985 an durchpflügte sie unter der Flagge der DDR die Meere. Heute ist der modernisierte Luxusdampfer mit unter britischer Flagge unterwegs …
Die Geschichte des Kreuzfahrtdampfers, der in der DDR "Arkona" hieß, beginnt 1980: Im Auftrag eines Tochterunternehmens des Hamburger Senats wird damals mit dem Bau des Schiffes begonnen. Zwei Jahre später ist es fertig und wird auf den Namen "Astor" getauft. Kurz nach seiner Jungfernfahrt wird die "Astor" zum "Traumschiff" des ZDF. In schöner Regelmäßigkeit fahren Schiff und Crew Traumquoten für den Sender ein. Die Reederei aber hat Schulden in zweistelliger Millionenhöhe. Ein Desaster für den Senat der Hansestadt Hamburg. 1983 wird die "Astor" schließlich notgedrungen verkauft – an die südafrikanische Reederei "Safmarine".
Für die DDR auf großer Fahrt
Zu diesem Zeitpunkt ist die Seereederei der DDR auf intensiver Suche nach einem passenden Kreuzfahrtschiff. Die "Astor" könnte der staatseigenen Reederei in Rostock durchaus gefallen, allein mit dem weltweit geächteten Apartheidstaat will sich die DDR, offiziell jedenfalls, nicht gemein machen. Man behilft sich mit einem Trick: Es wird einfach ein Zwischenhändler eingeschaltet. Eine Hamburger Reederei kauft die "Astor" in Südafrika und verkauft sie anschließend an die DDR weiter.
Der Eigentümerwechsel geschieht im August 1985 in Hamburg. Zunächst tauschen die südafrikanische und die bundesdeutsche Flagge den Platz, anschließend wird "Hammer, Zirkel, Ehrenkranz" gehisst und aus der "Astor" wird die "Arkona". Schlappe 168 Millionen DM muss die DDR für den Luxusliner berappen. Doch sie kann – dem innerdeutschen Handel sei Dank - den Betrag mit Gütern und Waren aus heimischer Produktion begleichen. Ein glänzendes Geschäft für die Genossen in Ost-Berlin. Nur zwei Monate später, am 15. Oktober 1985, geht die "Arkona" erstmals unter der Flagge der DDR auf Kreuzfahrt. Es geht nach Kuba. An Bord: etwa 500 verdienstvolle Arbeiter und Angestellte aus Betrieben und Kombinaten der Republik.
"Arkona" an den Klassenfeind vermietet
1986 dann erschließt sich die notorisch devisenklamme DDR ein lukratives Geschäft – die "Arkona" wird während der Sommermonate an das westdeutsche Reiseunternehmen TUI verchartert. Etwas mehr als sechs Millionen DM soll ihr das Geschäft laut Vertrag pro Jahr einbringen. Der Betrag ist festgeschrieben, egal wie viel die Gäste konsumieren. Von nun an schippern also wieder Bundesbürger auf ihrem einstigen Traumschiff durchs Mittelmeer, auch wenn, wie die Stasi protokollierte, die bundesdeutschen Kreuzfahrer sich schon besorgt fragten, ob die DDR-Besatzung überhaupt in der Lage sei, ein solches Schiff zu fahren und sich überdies anständig zu benehmen wüsste.
Nach drei Jahren jedenfalls musste die TUI nüchtern konstatieren, dass das Geschäft sich für sie nicht rechne, denn die DDR-Flagge sei eine "nicht zu überwindende Hemmschwelle". Die anfängliche Neugier der Bundesdeutschen auf das Schiff mit der exotischen Flagge war schnell verflogen. Gerechnet hatten sich die Fahrten auf jeden Fall für das Servicepersonal der "Arkona": Stewards und Stewardessen konnten ohne Mühe pro Saison mehrere Tausend DM Trinkgeld einstreichen.
Rentnerschiff mit wechselvoller Vergangenheit
Nach 1989 wird es ruhig um die inzwischen der Deutschen Seereederei Rostock gehörenden "Arkona". Das in die Jahre gekommene und relativ kleine Schiff muss sich nun gegen große Konkurrenz behaupten. Nur wenige Jahre später wird die "Arkona" stillgelegt und schließlich an den Bremer Kreuzfahrtveranstalter "Transocean" verkauft. Sie wird gründlich modernisiert und bekommt einen neuen Namen: "Astoria". Ein paar Jahre schippert sie ziemlich erfolgreich über die Weltmeere. Doch dann wird bei einer routinemäßigen Inspektion in Barcelona ein schwerer Maschinenschaden an der "Astoria" entdeckt. Kreuzfahrten müssen abgesagt werden, "Transocean" gerät in finanzielle Schieflage und die "Astoria" wird in Gibraltar angekettet. Zwei Monate später jedoch die Rettung für das Schiff: Das britische Kreuzfahrtunternehmen "Saga Cruises" erwirbt die "Astoria" und reiht sie 2010 in seine Flotte ein. Als "Saga Pearl II" schippert das einstige Traumschiff betagte britische Passagiere über die Weltmeere. Seit 2013 kreuzt der Luxusliner unter maltesischer Flagge, zwischenzeitlich unter dem Namen "Quest for Adventure".
(zuerst veröffentlicht am 26.09.2013)
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