Schicksal der DDR-Betriebe TAKRAF in Leipzig

05. Januar 2021, 18:12 Uhr

Fast 30 Jahre hat Günter Pyschik bei der DDR-Betrieb Verlade- und Transportanlagenbau (VTA) Leipzig gearbeitet. Der gehörte zum TAKRAF Kombinat - kurz für Tagebau-Ausrüstungen, Kräne und Förderanlagen. Die Erinnerungen an seinen früheren Betrieb im Leipziger Norden sind heute noch lebendig. Die TAKRAF war zu DDR-Zeiten eines der Großzentren des Schwermaschinenbaus, stellte Krane, Bagger und Gabelstapler her. Hunderte Arbeiter gingen hier jeden Tag zur Schicht. Arbeiter wie Günter Pyschik. Doch mit der Wende kam das Aus für den Stahlbau-Giganten.

Nie hätte Günter Pyschik gedacht, dass von seinem Betrieb irgendwann nur noch Ruinen übrig sind: "Meine Hoffnung 1990 war gewesen, dass es verkleinert hier im Osten weiter Industrie geben wird. Daran wollte ich mitarbeiten. Die ganzen Maschinen, man hätte damit etwas machen können. Und was ist vom ganzen Volkseigentum übrig geblieben? Gar nichts."

Von Seilbahnen zu Gabelstaplern

Der VEB Verlade- und Transportanlagenbau zählte bereits Ende des 19. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Unternehmen jener Zeit. Ihr Spezialgebiet waren Seilbahn-Konstruktionen. Damals lief die Herstellung noch unter dem Namen des Ingenieurs Adolf Bleichert.

Zu DDR-Zeiten wurde der VEB VTA zum Stammsitz des TAKRAF-Großbetriebs. Das Kombinat aus verschiedenen Volkseigenen Betrieben beschäftigte insgesamt 26.000 Mitarbeiter. Der Betrieb florierte. Sonderschichten waren gang und gäbe, erinnert sich Günter Pyschik: "Hier waren drei Schichten angesagt, eine Woche früh, eine Woche spät, eine Woche Nacht. Wir haben auch sonnabends gearbeitet, das war ganz normal."

DDR-Produkte für die ganze Welt

Mit 19 Jahren fing Günter Pyschik als einfacher Dreher im Werk an. Später holte er sein Abitur nach, studierte und kümmerte sich schließlich um die Gehälter, während sein Werk Gabelstapler in die halbe Welt verkaufte. Und so sehr Günther Pyschik das Ende dieser Industriegeschichte gedemütigt hat, so stolz macht ihn die Erinnerung: "Die letzten Tage der DDR standen hier viele Gabelstapler, die noch auf Eigentümer gewartet haben. Und damals dachte man natürlich, der Westen baut bessere Gabelstapler. Das stimmt nicht. Besser waren die auch nicht."

Ende der Planwirtschaft

Mit dem Fall der DDR wurde auch die Planwirtschaft abgeschafft. Schnell war klar, dass die personalintensive und mit alter Technik arbeitende Industrie nicht wettbewerbsfähig sein würde. In weniger als zwei Jahren schrumpften viele DDR-Großbetriebe zu kleinen Unternehmen -  wenn überhaupt.

Günther Pyschik saß damals im Personalvorstand der TAKRAF und kämpfte für den Erhalt des Unternehmens. Doch seine Hoffnungen erfüllten sich nicht. Das Kombinat zerfiel Stück für Stück und wurde privatisiert. Heute existiert das Unternehmen in neuer Form unter dem Namen Tenova TAKRAF. Günther Pyschik fand irgendwann einen neuen Job, seit 2007 ist er in Rente.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch in der Doku-Reihe: Orte der Arbeit - 23.04.2019 | 30.04.2019 | 07.05.2019 | 22:05 Uhr

(zuerst veröffentlicht am 28.04.2017)