Freyburg Rotkäppchen Sekt: Zwei Momente - zwei Welten
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06. Januar 2022, 11:13 Uhr
Silvester 1986 berichtet die Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens, "Aktuelle Kamera" über Erfolge des ablaufenden Jahres aus der gesamten Republik. Reporter Jan Carpentier zeigt in seinem launigen Fernsehbeitrag, wie der Sektmonopolist "Rotkäppchen" wieder einmal alle Erwartungen der Wirtschaftsplaner erfüllt hat. Die "Botschaft" des Beitrags: jeder DDR-Bürger konnte auch in diesem Jahr seine Flasche "Rotkäppchen" genießen, sei es nun "lieblich " oder "halbtrocken" - ganz nach Geschmack.
Produktion im Grenzbereich
Die Bilder von den endlos auf einem Transportband vorbei ziehenden Sektflaschen suggerieren störungsfreie Massenproduktion. Die eingestaubten in Regalen liegenden Sektflaschen hingegen, dass in Freyburg auch Spitzenprodukte jahrelang heranreifen. Aber in Wirklichkeit war das Bild widersprüchlicher. Um den Absatz musste man sich in der Sektkellerei seit Jahren keine Gedanken machen. 60 Prozent des Schaumweinkonsums in der DDR wurden durch die Weinmetropole an der Unstrut gedeckt. Schon am 1. Januar jeden Jahres wussten die Kellermeister des VEB, wieviele Flaschen sie bis zum 31. Dezember verkaufen würden. Die Nachfrage war wie in anderen Bereichen der DDR-Wirtschaft größer als das Angebot. Man war aber an Kapazitätsgrenzen gestoßen.
Ohne Flasche kein Sekt
Die Abfüllanlagen waren veraltet. Hinzu kam wachsende Kritik der VEB-Leitung an Qualität und vor allem der Menge der gelieferten Flaschen. 1985 war es deshalb zur Krise gekommen: Erstmals konnte das Plansoll nicht erfüllt werden. Um die republikweite Versorgung von Jugendweihen, Geburtstagen und Hochzeiten mit dem beliebten Sekt nicht zu gefährden, mussten von da an ungewöhnliche Wege beschritten werden. Zusätzliche Flaschen wurden trotz Devisenknappheit importiert, um eine störungsfreie Produktion zu sichern. So erzielte der VEB Rotkäppchen Sektkellerei im Jahr nach dem Fernsehbericht sein bis dahin bestes Verkaufsergebnis mit 15,3 Millionen Flaschen.