Karte von Polen mit Warschau, Danzig, Stettin, Breslau, Rybin
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EuGH-Urteil Wegen Smog: Polen drohen Milliardenstrafen

22. Februar 2018, 14:17 Uhr

Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass Polen zu wenig gegen Luftverschmutzung tut. Sollte das Land nicht reagieren, drohen Milliardenstrafen. Auch Deutschland steht im Fokus der EU-Behörden.

Im konkreten Urteil ging es um eine Klage der Europäischen Kommission. Diese hatte Polen beschuldigt, in den Jahren 2007 bis 2015 entgegen europäischer Vereinbarungen zu wenig gegen die Luftverschmutzung getan zu haben. Das Gericht stimmte dieser Sichtweise am Donnerstagmorgen zu.

Im benannten Zeitraum hatte Polen die gesetzten Tages- und Jahresrichtwerte für Feinstaub um ein Vielfaches überschritten. Sollte die polnische Regierung nun keine effektiven Maßnahmen ergreifen, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren, drohen dem Land EU-Vertragstrafen zwischen 4 und 50 Milliarden Euro.

Regierung kündigt Anti-Smog-Paket an

Nach dem Urteil des EuGH forderten EU und Umweltschützer Polen zum Handeln auf. Greenpeace Polen schrieb auf seiner Seite: "Das Fehlen einer effektiven Anti-Smog-Politik hat dazu geführt, dass Polen vor dem EuGH verloren hat. Jetzt brauchen wir reale Maßnahmen!"

Die polnische Regierung gab sich derweil entspannt. Henryk Kowalczyk, Mitglied des Ministerrats und ehemaliger Umweltminister, betonte, dass sich seit 2015 einiges verändert habe. "Wenn wir zeigen, welche Maßnahmen wir ergreifen, gibt es keinen Grund für die Verhängung von Strafen", sagte Kowalczyk der polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza.

"Vor allem bei öffentlichen Gebäuden, bei der kollektiven Wärmeversorgung und der Modernisierung von Wärmequellen haben wir bereits viel unternommen," so Kowalczyk weiter und fügte hinzu, dass die Regierung bald ein Anti-Smog-Paket absegnen will. Die EU kann von Strafen absehen, wenn sich die Situation in Polen substanziell verändert.

EU-Spitzenreiter bei Feinstaubbelastung

Jüngste Zahlen weisen in eine andere Richtung. Laut einer Ende 2017 veröffentlichten Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegen von den 50 EU-Städten mit der höchsten Luftverschmutzung 33 in Polen. In der Hauptstadt Warschau überstieg die Feinstaubbelastung die verbindlichen Grenzwerte an einigen Wintertagen um das Sechsfache.

Grund für die schlechte Luft sind vor allem private Heizöfen und die Kohlekraftwerke des Landes. In vielen Städten heizt eine Mehrzahl der Bewohner immer noch mit - teils minderwertiger - Kohle. Auch Haushaltsabfälle landen in den Brennöfen, etwa Plastikflaschen und Elektrokabel.

Darüber hinaus ist Polen einer der größten Steinkohleproduzenten der EU: Durch Verstromung dieser Kohle in den polnischen Kraftwerken deckt das Land über 90 Prozent seines Energiebedarfs. Die polnische Regierung will die Kohleförderung in den kommenden Jahren weiter ausbauen.

Strafen auch gegen andere EU-Staaten möglich

Erst Ende Januar mussten neun weitere EU-Mitglieder mit besonders hoher Feinstaubbelastung in Brüssel über ihre Maßnahmen gegen Luftverschmutzung informieren. Diese wurden hinterher vom EU-Umweltkommisar Karmenu Vella als "nicht substanziell genug" zurückgewiesen. Sollten die Staaten die Feinstaubbelastung nicht effektiver senken, drohen auch ihnen Strafzahlungen.

Zu den kritisierten Staaten gehören Großbritannien, Spanien, Frankreich und Italien, sowie die osteuropäischen Staaten Ungarn, Rumänien, Tschechien und die Slowakei. Außerdem: die Bundesrepublik Deutschland.

(dw/ahe)

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Sachsenspiegel | 22.01.2017 | 19:00 Uhr