Gorbatschow warnt vor einem Atomkrieg

31. Januar 2017, 08:11 Uhr

Michail Gorbatschow hat den Eindruck, dass sich "die Welt auf einen Krieg" vorbereite. "Immer mehr Truppen werden in Stellung gebracht" und "die Rhetorik mancher Politiker klingt immer gefährlicher".

Michail Gorbatschow hat in einem Gastbeitrag für das amerikanische "Time"-Magazin seine Sorge vor einem neuen und vor allem atomaren Weltkrieg zum Ausdruck gebracht. Der einstige sowjetische Staats- und Parteichef glaubt mittlerweile, dass sich "die Welt auf einen Krieg vorbereitet": "Die Rhetorik so mancher Politiker und Militärs klingt immer gefährlicher." Seit geraumer Zeit könne er, Gorbatschow, beobachten, dass sich Nato und Russlands Streitkräfte immer weiter aufeinander zu bewegten und sich inzwischen beinahe frontal gegenüber stünden. Die Situation, so konstatiert Gorbatschow, sei äußerst "gefährlich".

"Aus dieser Situation ausbrechen"

Michail Gorbatschow fordert deshalb eine rigorose Umkehr: "Wir müssen aus dieser Situation ausbrechen! Wir müssen einen politischen Dialog fortsetzen, der gemeinsame Entscheidungen und gemeinsame Aktionen anstrebt." Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus sei in der Tat eine "dringende und wichtige Aufgabe", für stabile Partnerschaften zwischen den verschiedenen Ländern reiche dies allerdings nicht: "Der Fokus sollte wieder auf Kriegsprävention liegen." Gorbatschow strebt als Ziel ein Ende des wieder entfesselten atomaren Wettrüstens und eine Begrenzung der Waffenarsenale an. "In der modernen Welt müssen Kriege geächtet werden", schreibt Gorbatschow, denn keines der globalen Probleme - weder Armut, noch Umweltprobleme, noch Bevölkerungswachstum oder Ressourcenknappheit - kann durch Krieg gelöst werden." Ganz im Gegenteil: Krieg, Aufrüstung und atomare Bedrohung würden erst viele der weltweiten Probleme schaffen.

Erinnerung an die achtziger Jahre

Gorbatschow, der 1990 den Friedensnobelpreis erhielt, erinnerte in seinem Beitrag daran, wie Russland und die USA in den 1980er-Jahren durchaus solide Übereinkünfte bei der Rüstungsbegrenzung erreicht hätten. "Im November 1985, auf ihrem ersten Gipfel in Genf, erklärten die Führer der UdSSR und der USA: Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden und darf niemals geführt werden. Unsere beiden Nationen werden keine militärische Überlegenheit suchen. Diese Äußerungen wurden damals weltweit mit einem Seufzer der Erleichterung vernommen."

Daran, so der 85-jährige Gorbatschow, sollten sich die Politiker heutzutage ein Beispiel nehmen. Konkret fordert Gorbatschow die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf, "eine Resolution zu verabschieden", die unmissverständlich zum Ausdruck bringt, "dass ein Atomkrieg inakzeptabel ist und niemals geführt werden darf". Die Initiative sollte dabei von den zwei mächtigsten Männern der Welt ausgehen - von Wladimir Putin und von Donald Trump, den Präsidenten der beiden Nationen, "die über mehr als 90 Prozent der weltweiten Kernwaffen" verfügen und allein schon aus diesem Grund eine Vorreiterrolle spielen sollten.

(Zitate aus: Cornelia Karin Hendrich, Es sieht aus, als würde die Welt sich auf einen Krieg vorbereiten, www.welt.de)