Anton Anisimov
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Sputniks Auslandschef exklusiv bei "Heute im Osten" Wir denken uns doch Nachrichten nicht aus

07. Juli 2016, 10:07 Uhr

Die russische Nachrichtenagentur Sputnik wurde 2014 vom russischen staatlichen Rundfunkunternehmen Rossija Sewodnja gegründet und veröffentlicht Nachrichten in 31 Sprachen. Christian Trippe hat mit dem Auslandsschef der Agentur, Anton Anissimow gesprochen.

Können Ihre Journalisten im Westen frei arbeiten oder gibt es Schwierigkeiten?

Was Deutschland und Frankreich betrifft, so gibt es hier bedeutend weniger Schwierigkeiten als in Ländern wie der Türkei, Lettland oder Estland, wo die Arbeit unserer Agentur stark eingeschränkt wurde. Die Türkei hat sogar den Sputnik-Chefredakteur ausgewiesen und den Zugriff auf die Website gesperrt. Auch in Lettland wurde der Zugriff auf die Website gesperrt. Estland hat unsere Website zu einer der größten Bedrohungen für seine Sicherheit erklärt. In Frankreich und Deutschland gibt es diese Probleme nicht und unsere Arbeit wird nicht behindert. Unsere Journalisten empfinden sich in vollem Umfang als Mitglieder der journalistischen Gemeinschaft dieser Länder.

Könnte man sagen, dass Sputnik ein Instrument russischer Außenpolitik ist?

In demselben Maße, wie die BBC ein Instrument der britischen Außenpolitik oder die Deutsche Welle ein Instrument der deutschen Außenpolitik  sind. In diesem Sinne könnten wir alle diese Medien in eine Reihe stellen.

Im Westen behauptet man, dass russische Medien Staatspropaganda betreiben. Was sagen Sie dazu?

Wenn wir von Propaganda sprechen wollen, dann kann man entweder alle Medien der Propaganda bezichtigen: BBC und CNN, Al- Jazeera und Deutsche Welle, oder wir dürfen das bei keinem Medium tun, weil diese Teilung  sehr seltsam aussähe. Wir denken uns doch Nachrichten nicht aus, wir berichten nie über etwas, was nicht passiert ist. Viele Meinungen, die Sputnik und andere russische Medien bringen, sind auch oft Meinungen europäischer Experten, Politiker oder einfacher Europäer. Da kann man ebensogut Ihre Leute, Ihre Politiker der Propaganda beschuldigen, weil sie uns Interviews geben. Sehr seltsam ist das.

Wo liegt für sie der Unterschied zwischen Propaganda und Journalismus?

Um Propaganda geht es eher während Kriegszeiten. Sie ist unmittelbar mit Desinformation verbunden, d.h. die Propaganda ist für ihre Leser und Zuhörer wie auch für mögliche Gegner bestimmt.  Wir wollen die EU nicht angreifen, auch wenn es um Informationen geht. Obwohl von beiden Seiten scharfe Kritik veröffentlicht wird, bleibt die EU einer der wichtigsten Handelspartner Russlands. Unser Handelsumsatz hat sich in den letzten 10 Jahren zwischen 2004 und 2015 verdoppelt und beträgt fast 300 Milliarden Dollar. Die Behauptung, Russland wolle die EU mit seiner Propaganda zerstören, ergibt keinen Sinn.

Gibt es einen Informationskrieg gegen Russland?

Man könnte das Vorgehen gegen russische Massenmedien wie es vor kurzem in der Türkei, Lettland und Estland der Fall war, als Aggressionsakt wahrnehmen. Von einem Informationskrieg kann man sprechen, wenn ein Medium physisch verboten wird, wenn man den Bürgern des Landes untersagt, alternative Meinung zu hören. Das bekommt Sputnik nur in der Türkei, Lettland und Estland zu spüren. Von den anderen Staaten gab es bis jetzt keine augenfällige Aggression.

Interview: Christian Trippe