"Drei-Meere-Initiative": Maas will "Neue Ostpolitik"

21. September 2018, 16:20 Uhr

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit hat Außenminister Heiko Maas einen Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik angekündigt. Er will die Bundesrepublik zur Brücke zwischen West- und Osteuropa machen. In Osteuropa reagiert man reserviert auf die Ankündigung.

Allein der Begriff sollte die historische Tragweite der Aussage des Außenministers untermauern. Vor seiner Teilnahme an einem Treffen der zwölf osteuropäischen Staaten der so genannten "Drei-Meere-Initiative" in Rumänien diktierte Heiko Maaß den anwesenden Journalisten in der deutschen Botschaft in Bukarest am Dienstag seine Idee einer "Neuen Ostpolitik" in die Mikrofone.

Den Begriff hat er sich vom einstigen des SPD-Bundeskanzler Willy Brandt ausgeliehen, dessen "Ostpolitik" in den 1970er-Jahren die Annäherung zwischen BRD und DDR und die Aussöhnung Deutschlands mit Polen einläutete. In dieser Tradition will Maas nun als "Brückenbauer" zwischen den westlichen und östlichen Mitgliedern der Europäischen Union auftreten, die in vielen politischen Fragen tief gespalten sind.

Deutschland will Teil des neuen Ostbündnisses werden

Auch Ort und Zeitpunkt seiner Ankündigung hatte Maas strategisch gewählt. Kurz nach seiner Rede nahm er als erster deutscher Regierungsvertreter an einem Treffen der "Drei-Meere-Initiative" teil. Dieser informelle Zusammenschluss von zwölf Mittelost- und Südosteuropäischen Staaten wurde 2015 von Polen und Kroatien ins Leben gerufen, um die Interessen der Staaten zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer besser gegenüber den mächtigen westeuropäischen EU-Mitgliedern vertreten können. 2016 kam man erstmal in Dubrovnik zu einem Treffen zusammen.

Zu den Mitgliedern der Gruppe gehören neben Kroatien und Polen auch die baltischen Staaten, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Slowenien und Österreich. Deutschland, so führte Maas aus, strebe ebenfalls eine Mitgliedschaft an. Als Ostseeanrainer habe die Bundesrepublik ähnliche Interessen wie seine östlichen Nachbarn. Daher wolle er sich mit ihnen "gesamtpolitisch, aber auch in Infrastrukturfragen und Energiefragen" austauschen, so Maas.

Tiefer politischer Graben in Energie- und Migrationsfragen

Jedoch ist insbesondere die Energieversorgung Europas eine der heikelsten Fragen in den aktuellen Beziehungen Deutschlands zu seinen östlichen Nachbarn. Die sprechen sich nämlich vehement gegen die geplante Ostseepipeline "Nord Stram 2" aus, über die Deutschland direkt mit russischem Erdgas versorgt werden soll. Insbesondere Polen und die benachbarte Ukraine fürchten durch den Deal eine zunehmende Einflussnahme Russlands.

Noch sichtbarer sind die politischen Gräben in Fragen der Flüchtlings- und Migrationspolitik. Polen und Ungarn lehnen sowohl die Aufnahme von Flüchtlingen, als auch die Einwanderung von Menschen muslimischen Glaubens rigoros ab. Die derzeit laufenden EU-Rechtsstaatsverfahren gegen die beiden Länder, die Brüssel wegen verschiedenen Reformen eingeleitet hat, sehen Warschau und Budapest als "Racheaktion" der EU für diese Haltung, wie jüngst der ungarische Außenminister Péter Szijjártó kritisierte.

Ankündigung geht im Maaßen-Trubel unter

Entsprechend zurückhaltend fielen die Reaktionen auf Maas Ankündigung aus. Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki erwähnte Deutschland während seiner Rede vor dem Plenum der "Drei-Meere-Initiative" mit keinem Wort. Aus Ungarn war erst gar kein Mitglied der Regierung angereist. Offiziell wegen technischer Probleme mit dem Flugzeug.

So schien sich außer dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis, der Maas eingeladen hatte, kaum jemand in der "Drei-Meeres-Initiative" für eine dauerhafte Teilnahme Deutschlands an dem Treffen erwärmen zu können.

Nicht zuletzt ging Maas' Ankündigung im medialen Trommelfeuer der Berichterstattung über seinen Fast-Namensvetter unter. Denn während der Außenminister in Bukarest seine "Neue Ostpolitik" postulierte, wurde in Berlin der Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen aus seinem Amt befördert. In gewisser Weise auch ein historischer Vorgang.

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: Radio| 12.09.2018 | 13:30 Uhr