Einkaufen nach dem Gottesdienst

09. März 2018, 16:52 Uhr

Nach dem Gottesdienst strömen Hunderttausende Polen in die Shoppingmalls. Nun hat die Gewerkschaft Solidarność 350.000 Unterschriften für ein Ladenschlussgesetz gesammelt: Sonntags sollen Geschäfte künftig zu bleiben.

Die liberalen Ladenöffnungszeiten machen es den Polen leicht: Sonntags einkaufen ist bis in die späten Abendstunden möglich, wer will, kann in einigen großen Supermärkten sogar rund um die Uhr shoppen.

Nun regt sich bei unseren Nachbarn gegen das sonntägliche Shoppen Protest. Doch der geht nicht von der Kirche aus, er kommt von der Gewerkschaft Solidarność. Sie hat in den vergangenen Monaten über 350.000 Unterschriften für einen Gesetzesentwurf gesammelt. Ausreichend viele, um den Entwurf dem Parlament, dem Sejm, zur Abstimmung vorzulegen.

Striktere Ladenöffnungszeiten

Die Initiative der Gewerkschaft sieht vor, dass Geschäfte an fast allen Sonntagen im Jahr geschlossen haben. Ausnahmen würde es nur für kleine Läden wie Tankstellen, Bäckereien und Kioske geben, sofern der Besitzer selbst hinter der Kasse steht. Wer gegen die Regeln verstoße, der müsse dann mit bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen.

Der Gesetzesentwurf hat gute Chancen, politisch umgesetzt zu werden: Der Vorsitzende der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, unterstützt die Gewerkschaft. Ebenso hatte sich die Premierministerin Beata Szydło für striktere Ladenöffnungszeiten ausgesprochen. Die Kirche, wenn auch -wie gesagt- nicht Initiator des Vorstoßes, findet ebenfalls, dass sonntags nicht gearbeitet werden sollte.

Mehrheit der Polen will weiter Sonntags einkaufen

Doch es gibt auch Gegenstimmen: Ökonomen befürchten, dass Arbeitsplätze im Einzelhandel verloren gehen und die Wirtschaft Umsätze einbüßt. Vor allem grenznahe Regionen wären betroffen, heißt es. Laut Statistischem Amt haben allein Ausländer im ersten Quartal 2016 Waren und Dienstleistungen im Wert von 8,7 Milliarden Złoty (2 Milliarden Euro) gekauft, ein Großteil davon an Sonntagen.

Die Mehrheit der Polen hat übrigens kein Problem damit, nach der Kirche ins Einkaufszentrum zu gehen: 58 Prozent der Großstädter lehnen laut einer Umfrage ein Ladenschlussgesetz für Sonntage ab.

Shoppen am "Tag des Herrn"